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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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meinte er es sogar gut. Andererseits wusste sie, wie
ausgeprägt die Neigung ihres Mannes war, die Dinge schönzureden und wie er es
stets liebte, an der Realität vorbei zu urteilen.

24
     
    »Tagt der Familienrat?«, fragte
Konny, als er den feierlich gedeckten Tisch sah. Das gute Geschirr mit den
blauen Blümchen war auf einer weißen Damastdecke hübsch arrangiert. Die
silbernen Kerzenhalter standen in der Mitte, in denen sich kleine Flammen
spiegelten. »Gibt’s was Wichtiges zu besprechen?«
    »Setz
dich doch erst mal.« Sein Vater räusperte sich und faltete die Hände.
    »Es
geht um deine Zukunft«, begann er, nachdem sie gemeinsam das Tischgebet
gesprochen hatten. Er hob die Hände, wie er das auch oft auf der Kanzel tat.
»Wir haben uns viele Gedanken um dich gemacht. Wir beide, deine Mutter und ich,
wir wollen für dich nur das Beste.«
    »Weiß
ich«, sagte Konny ungeduldig. Diese salbungsvolle Art ging ihm manchmal ein
wenig auf die Nerven. Er fand, solche Gestik wirkte übertrieben. Vor allem
jetzt, da er die Absicht dahinter klar erkannte. Kürzlich hatte er seinen
Eltern Britta offiziell vorgestellt, doch sie hatten sich bisher mit keinem
Wort über diese Begegnung geäußert. Nun sah er aufmerksam von einem zum
anderen. »Wollt ihr mir etwa den Umgang mit Britta verbieten? Das könnt ihr
euch abschminken.« Er faltete die Serviette auseinander und legte sie sich auf
den Schoß.
    »Wir
wollen dir gar nichts verbieten. Wir wollen dir nur nahelegen, genau über alles
nachzudenken«, sagte seine Mutter.
    »Deine
Freundin ist sehr hübsch, und insofern kann ich dich in gewisser Weise
verstehen.« Der Vater lächelte seinen Sohn verständnisvoll an. »Aber ein
schönes Gesicht ist nun mal nicht alles. Sie ist schwanger, aber nicht von dir.
Sie ist unvernünftig, raucht und trinkt trotz Schwangerschaft, wie mir
berichtet wurde.«
    »Wer
hat dir das denn berichtet?« Konny kniff argwöhnisch die Augen zusammen. »Hast
du einen Spitzel auf sie angesetzt?«
    »Lass
mich bitte ausreden: Dir muss doch klar sein, dass sie mit ihrem Verhalten das
Leben ihres ungeborenen Kindes gefährdet. Sie geht nur unregelmäßig zur
Schule.Ihre Noten sind entsprechend. Sie hält offenbar nichts von Bildung, und
du solltest dich ernsthaft fragen, ob solch eine Frau zu dir passt. Und ob du
wirklich gewillt bist, mit ihr den Rest deines Lebens zu verbringen. Du bist
schließlich erst 17.«
    »Bist
du fertig?«, fragte Konny mit düsterem Blick.
    »Wir
möchten nur deine Stellungnahme dazu, nichts weiter. Und wir wollen wissen, ob
du all das bedacht hast, was dein Vater gerade gesagt hat.« Seine Mutter klang
wie das Echo ihres Mannes.
    »Du
hast vergessen zu erwähnen, dass sie ein Heimkind ist, und die sind ja schon
per se des Teufels.« Konnys Blick wanderte von einem zum anderen. Dann fixierte
er seinen Vater. »Weißt du was, du redest wie einer von der Stasi, und zwar
einer von der übelsten Sorte. Hast du sie beobachtet? Hast du ihr
nachspioniert? Oder hast du etwa jemanden damit beauftragt? Wenn du es genau
wissen willst: Ja, Britta ist die Frau, die ich liebe und mit der ich meine
Zukunft verbringen möchte. Hast du nicht selbst immer gesagt, jeder Mensch hat
Fehler, aber man muss den Menschen mitsamt seinen Fehlern annehmen und lieben?
Das gilt wohl nur für die anderen? Und jetzt lässt du so einen heuchlerischen
Sermon ab. Wisst ihr was, mir ist jeglicher Appetit vergangen.« Er warf seine
Serviette auf den Tisch und stand so heftig auf, dass sein Stuhl kippte. Er
fing ihn gerade noch rechtzeitig auf, schob ihn an den Tisch zurück und lief
aus dem Zimmer.
     
    Andrea und Rainer sahen sich
erschrocken an.
    »Hättest
du das nicht ein wenig geschickter anfangen können?«, fragte sie vorwurfsvoll.
»Jetzt hast du ihn ganz gegen uns aufgebracht.«
    »Herrgott«,
brauste der Pfarrer auf. »Was wahr ist, muss auch wahr bleiben. Da nützt kein
Drumherumreden. Er ist eben in einem schwierigen Alter. Da fangen Kinder an,
sich von ihren Eltern zu lösen. Und stellen sich gegen jegliche vernünftigen
Argumente taub.«
    »So wie
eben hat er sich noch nie verhalten.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich frage mich,
ob wir übertrieben fürsorglich sind. Ich verstehe nicht, warum er mir so fremd
geworden ist. Gestern war er noch der liebe Junge, der folgsam und dankbar war,
und heute ist er so aufmüpfig.«
    »Ist
halt die Pubertät«, erwiderte ihr Mann. »Bisher hatten wir Glück. Ein bisschen
Meuterei ist doch okay. Der kriegt

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