Vulkanpark
war.
Franca rieselte es eiskalt den
Rücken hinab. Das klang ja fast wie Prophetie. Sollte Timo etwas geahnt haben?
Sollte es eine Parallele geben zu diesen Geschehnissen, die er notiert hatte,
und dem, was ihm passiert war? Nein, das war eigentlich unmöglich. Timo hatte
sich lediglich für die Vulkantätigkeit in seiner Umgebung interessiert, das
hatte seine Mutter erwähnt. Franca legte den Hefter wieder auf einen Stapel.
Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es Zeit war für eine weitere
›Palaverrunde‹, wie Clarissa das Brainstorming im kleinen Kreis nannte, bei dem
jeder seinen Assoziationen freien Lauf lassen konnte.
Die Polizei war inzwischen
davon überzeugt, dass Timo kein Zufallsopfer war. Offensichtlich war er vom
Täter ausgespäht worden, der auf der Suche nach einem Opfer den Jungen
ausfindig gemacht hatte. Die Auswertung der Handydaten hatte keine konkreten
Hinweise ergeben. Verdächtige DNA oder Fingerspuren waren auf dem Gerät keine
gefunden worden, auch war kein verdächtiger Anruf eingegangen.
Höchstwahrscheinlich hatte Timo das Handy tatsächlich am Abend seines
Verschwindens auf dem Nachhauseweg verloren.
Franca
äußerte, dass sowohl der Chef als auch der Staatsanwalt Druck machten. »Klar
kann man das verstehen. Aber was nützt das, wenn es keine neuen Erkenntnisse
gibt?« Clarissa kaute auf dem Stecker unterhalb ihrer Lippe. Auf einmal blitzte
es in ihren Augen. »Vielleicht sollten wir eine heiße Spur liefern.«
»Wie
denn?« Brock schnaubte. »Wir haben ja noch nicht mal ’ne lauwarme.«
»Einen
Köder hinwerfen, meine ich, um die Bevölkerung zu beruhigen. So tun, als ob wir
kurz vor der Aufklärung stünden. Mit dieser Strategie könnten wir auch den
Täter erreichen.« Clarissa ereiferte sich und spann den Faden weiter. »Solche
Typen gieren nach der Bestätigung ihres Egos. Das könnten wir doch ein wenig
kitzeln.«
»Bitte,
wir sind hier nicht in einem Hollywoodfilm«, bremste Franca den Eifer der
Jungkommissarin.
Clarissa
war nicht bereit, ihre Idee aufzugeben. »Wir könnten bluffen und den Täter
verunsichern. Vielleicht begeht er dann einen Fehler«, spann sie ihren Gedanken
weiter. »Wenn er das Gefühl hätte, dass wir ihm auf den Fersen sind, und er
immer damit rechnen muss, dass wir ihn schnappen, dann tut er vielleicht was
Unbedachtes.«
»Wäre
doch mal ’ne Idee.« Brocks gelangweilter Blick war einem süffisanten Grinsen
gewichen. Offenbar amüsierte ihn dieser Dialog. »Ich versteh sowieso nicht,
warum wir so zurückhaltend sind. Von mir aus sollte jeder wissen, dass dieses
Schwein das Kind regelrecht abgestochen hat.«
»Roger,
bitte«, mahnte Franca. »Du weißt doch selbst, dass das Preisgeben von
Täterwissen die Ermittlungen erheblich behindern kann.«
»Ich
bin mir ziemlich sicher, dass der Täter schon einmal in irgendeiner Weise
auffällig geworden ist.« Hinterhuber lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
»Und
wieso glaubst du das?«, wollte Franca wissen. Ihre Vermutung, dass der Fall
Lara Weisglas und der Fall Timo Sielacks miteinander zusammenhängen könnten,
hatte sie bisher noch niemandem mitgeteilt.
»Nun
ja, ein Sexualmord steht nicht am Anfang, sondern am Ende einer Entwicklung.
Solche Täter beginnen ihre ›Karriere‹ in der Regel schon früh und werden in
irgendeiner Weise auffällig. Vielleicht hatte er bisher Glück und ist nicht
erwischt worden. Aber es besteht durchaus die Chance, dass irgendjemand etwas
Ungewöhnliches bemerkt hat und das nun besser einordnen kann. Da er sich im
Fundgebiet besonders gut auszukennen scheint, liegt es nahe, dass er aus der
Gegend kommt.« Hinterhuber spielte mit einem Kugelschreiber. »Die Medien
berichten ständig über den Fall. Da muss es einfach Zeugen geben. Ein Nachbar,
ein Vereinsmitglied, ein Arbeitskollege. Vielleicht sogar seine Frau. Ich
glaube nicht, dass ein Mensch, der ein Kind umgebracht hat, weiterhin
unauffällig seinem Tagewerk nachgehen kann. So abgebrüht ist niemand.«
»Wenn
du dich da mal nicht täuschst«, äußerte Brock mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Du bist doch lang genug bei diesem Verein und kennst unsere Klientel.«
Die Tür
ging auf, Frankenstein fegte herein.
»Hat
die Auswertung des Fahrzeugs etwas ergeben?«, wandte Franca sich an den
Kriminaltechniker.
»Der
Junge ist darin transportiert worden. Das steht fest. Aber da sind so viele
Fremdspuren drin, dass eine genaue Analyse noch eine Weile dauern wird«, meinte
er, während er einen freien Stuhl
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