Vulkanpark
ansteuerte. Clarissa hielt einen Kaffee für
ihn bereit, den sie vor ihm auf den Tisch stellte. »Deswegen bist du doch
gekommen, gib’s zu.« Sie lächelte, und er lächelte zurück. »Danke, meine
Schöne.« Er setzte den Becher an den Mund.
Frankensteins
Anhänglichkeit war ein wenig auffallend. Franca registrierte mit einiger
Belustigung seine verbalen Avancen. Soweit sie wusste, war Frankenstein
geschieden und Clarissa war Single. Allerdings lag mindestens 30 Jahre
Altersunterschied zwischen den beiden. Aber konnte ihr das nicht egal sein,
solange beide ihre Arbeit ordentlich machten?
»Wenn
wir die DNA des Täters haben, könnten wir endlich einen Massengentest
beantragen.«
»Damit
kann ich leider noch nicht dienen«, meinte Frankenstein bedauernd.
»Wohlgemerkt: noch nicht.«
»Ich
meine, wir sollten die Bevölkerung mehr mit einbeziehen«, sagte Hinterhuber.
»Noch
mehr? Wie meinst du das?«
»Indem
wir eine eigene Homepage für diesen Fall erstellen. Sobald man draußen weiß,
was hinter den Kulissen passiert, werden die wilden Spekulationen aufhören oder
zumindest weniger werden. Wir könnten dort die aktuellen Ermittlungsergebnisse
fortlaufend veröffentlichen. Alle sollen wissen, dass wir uns Tag und Nacht
kümmern.«
»Wir
kümmern uns nicht, wir reißen uns den Arsch auf«, brummelte Brock. »Und was hat
uns das bis jetzt gebracht?«
»Du denkst an deinen kleinen
Sohn, nicht wahr?«, fragte Franca später Hinterhuber, als sie beide allein im
Büro waren.
Er saß
an seinem Computer und tippte eifrig in die Tasten. Kurz sah er zu ihr hoch und
blinzelte irritiert hinter der Goldrandbrille. Dann nickte er. »Man geht eben
anders mit solchen Dingen um, wenn man eigene Kinder hat. Obwohl man uns
ständig einredet, dass eine gewisse Distanz notwendig ist.«
»Ich
weiß«, sagte sie. »Ich versuche mich ebenfalls zu distanzieren, aber das
gelingt mir nicht immer. Gerade in diesem Fall nicht.«
Er
betätigte den Drucker, der ratternd eine Seite auswarf. Er stand auf, nahm das
Blatt heraus und reichte es Franca. »Ich hab da was aufgesetzt«, sagte er. »Ein
offener Brief an die Bevölkerung. Schau’s dir mal an.«
Interessiert
begann sie zu lesen:
Am
Abend des 15. Juli verschwand der 9-jährige Timo S. aus Mendig. Seine Leiche
wurde wenige Tage später im Rauscherpark Plaidt in der Nähe der Rauschermühle
aufgefunden. Die Polizei sucht mit allen verfügbaren Mitteln nach Timos Mörder.
Viele
von Ihnen haben uns bereits wertvolle Hinweise gegeben. Dafür möchten wir
unseren ausdrücklichen Dank aussprechen. Falls Sie eine wichtige Beobachtung im
Zusammenhang mit dem Delikt gemacht haben, teilen Sie uns dies bitte mit. Auch
wenn Sie glauben, Ihre Hinweise seien der Polizei bereits bekannt, sollten Sie
sich trotzdem bei uns melden und nicht zögern, bei der Kripo Koblenz anzurufen.
Wir
versichern Ihnen, alles auszuwerten und auf Wunsch vertraulich zu behandeln.
Wir sind fest davon überzeugt, dass wir mit Ihrer Hilfe den Täter immer mehr
einkreisen können, um ihn am Ende mit seiner Tat zu konfrontieren und vor
Gericht zu stellen.
»Finde
ich gut«, sagte Franca und gab ihm das Blatt zurück. »Auch die Sache mit der
Homepage.«
»Ich
hab schon mit Renate gesprochen. Sie will sie einrichten. Vielleicht können wir
damit den Druck auf den Täter erhöhen. Und es hätte noch einen weiteren
Vorteil.«
»Und
welchen?«
»Wir
hätten im Blick, ob bestimmte Menschen diese Seite immer wieder anklicken.«
»Du
meinst, der Täter könnte sich dadurch verraten?«
»Das
hat anderswo auch schon zu Erfolgen geführt«, bestätigte er. »Schließlich
müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um weiterzukommen.«
Franca
nickte nachdenklich. »Weißt du, was mir die ganze Zeit im Kopf herumspukt? Ich
befürchte, dass der Täter auch für den Missbrauch an der kleinen Lara
verantwortlich ist.«
»Wieso
glaubst du das?«
Sie hob
die Schultern. »Intuition.«
»Aha.«
»Mir
ist bekannt, was du von weiblicher Intuition hältst, aber ich bleibe da dran«,
antwortete sie und grinste schief.
»Wieso?
Ich hab doch gar nichts gesagt.«
31
Osterkorns Miene war
unbeweglich. Da der Erfolgsdruck von Tag zu Tag stärker wurde, stand nicht nur
dem Chef die Anspannung deutlich ins Gesicht geschrieben. Alle an der
Aufklärung dieses Kindermordes beteiligten Ermittler standen unter extremem
Stress, den jeder auf seine Weise zu bewältigen versuchte.
»Wenigstens
können wir davon ausgehen, dass
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