Vyleta, Dan
unvermittelt.
»Wann?«
»Ich weiß
nicht. Vor einer Woche. Sie nannte mich auf Deutsch deine Hure.«
»Hat sie
das? Was für ein wunderbares Wort. Sie muss es aus einem Roman haben. Es ist
erschreckend, was die Frauen heutzutage alles lesen.«
»Ist sie
noch in der Villa?«
»Nein. Sie
ist noch vor meiner Rückkehr abgereist. Ich habe sie kaum gesehen.«
Mit halbem
Auge sah er zu ihr hinüber, ließ den Schaltknüppel los und legte die Hand auf
ihren Schenkel, sanft, fast schüchtern, diese pummelige Hand, und der Affe auf
seinem Schoß johlte höhnisch.
»Ich habe
dich vermisst, Sonja«, flüsterte er. »Es sind jetzt zehn lange Tage, und ich
habe nicht ein Mal gevögelt.«
Da geht's los, dachte sie und bewegte sich nicht.
»Mit mir
nicht«, sagte sie, die Stimme gefasst.
»Das
werden wir sehen.«
Es war
schwer zu sagen, ob er wütend war oder nicht.
»Ich habe
Pavel seit meiner Rückkehr nicht gesehen. Wir sollten ihn später einmal
besuchen. Peterson sagt, die Küche meiner Frau hat ihm gut zugesagt.«
Sie
antwortete nicht, und er steuerte den Wagen vorsichtig von der Straße in die
Einfahrt der Villa.
»Ich muss
sagen, ich kann nicht glauben, dass du dich in ihn verliebt hast. Ich dachte,
du wärst gegen solche Verrücktheiten immun, darauf hatte ich ehrlich gesagt
gezählt.« Er stieg aus, hielt den Affen auf dem Arm und ging um den Wagen, um
ihr die Tür zu öffnen. »Das hat mich schwer enttäuscht.«
Sonja
antwortete nicht. Er führte sie ins Haus und hinauf in sein Arbeitszimmer.
Seine Worte arbeiteten in ihr. Es war nicht so, dass nur er enttäuscht gewesen
wäre. Auch sie hatte lange Zeit geglaubt, gegen solche Verrücktheiten immun zu
sein.
Kaum dass die beiden Personen im
Inneren des Hauses verschwunden waren, erwachte dreißig Meter die Straße
hinunter, hinter einem Wall aus Büschen, ein Motor hustend zum Leben. Schon
erschien ein Auto, das einen Haufen loses Geäst und eine leere Wodkaflasche
hinter sich zurückließ. Erst hinter der ersten Abbiegung flammten die
Scheinwerfer auf. Der Wagen brauste zum nächsten öffentlichen Telefon, das sich
in einem Hotel etwa zwei Kilometer in Richtung Zentrum befand. Dort, umgeben
von britischen Offizieren, die das Hotel für den Abend in Beschlag genommen
hatten, um den einundzwanzigsten Geburtstag eines Unteroffiziers zu feiern,
betrat der Fahrer eine der nebeneinanderliegenden Telefonzellen und versuchte,
eine Nummer zu wählen. Er hatte Schwierigkeiten dabei, denn seine Finger waren
wie erfroren. Er hatte lange da draußen gesessen und gewartet. Nach sechs oder
sieben Versuchen hatte er endlich Erfolg. Die Stimme am anderen Ende war die
eines Russen. »Ja?«
»Der Colonel. Er ist von seinem
Ausflug zurück, und er hat die Frau mitgebracht.«
»Gut. Wir sind gleich da.«
Als ich den Wagen des Colonels in
die Auffahrt biegen hörte, räumte ich hastig das Feld. Ich sprang von Foskos
Stuhl auf und stieß dabei fast das Glas Cognac um, das ich mir eingeschenkt
hatte, ohne es anschließend übers Herz zu bringen, ihn zu trinken. Während ich
noch dastand und mit den vor Kälte gefühllos gewordenen Füßen auf den Boden
stampfte, sah ich, dass mein Hintern einen warmen Abdruck auf dem ledergepolsterten
Stuhl des Colonels hinterlassen hatte. In der Mitte des Zimmers rauchte noch
immer das Bügeleisen auf seinem Platz, seine gesamte Oberfläche glomm jetzt
hellrosa. Ich beeilte mich, den Stecker herauszuziehen, und wünschte, ich
hätte die Zeit, auch das Glas Cognac wegzuschaffen und den Abdruck meines
Hinterns aus dem Lederbezug des Stuhls zu trommeln, das Fenster zu öffnen und
frische Luft hereinzulassen. Aber da konnte ich schon seinen Schlüssel im
Schloss hören, konnte ihn und das Klacken von Frauenabsätzen über die Schwelle
kommen hören. Mir blieb nur noch, die Treppe hinunterzurasen und mich in der
Küche zu verstecken, während sie das Wohnzimmer durchquerten. Noch zwei
Schritte, und ich war zurück im Keller, das heißt, ich stand oben auf der Treppe
und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Tür. Ich weiß wirklich nicht, warum es
mir so widerstrebte, mit dem Colonel zusammenzutreffen. Ich bezweifle, dass er
es mir übel genommen hätte, wäre ich Zeuge seines abendlichen Triumphs
geworden. Sie mögen sagen, es waren die Nerven, denn was immer jetzt geschehen
mochte, war zumindest zu einem kleinen Teil auch meine Schuld. Vielleicht hatte
Pavel tatsächlich auf mich abgefärbt, und ich entwickelte »ein Gewissen«,
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