Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
möchte Ihnen nur helfen.«
»Das sagen sie alle.«
»Aber Dr. Douglas ist gut«, wandte Anne ein. »Ich vertraue ihm, wenn er …«
»Samantha«, rief jemand von der Tür her. Anne wandte den Kopf nach der Stimme um. Mit einem mulmigen Gefühl entdeckte sie die Silhouette von Lawrence Moore im Eingang, und hinter ihm stand auch noch Jackson Van Horn. Sie verdrehte die Augen, als Jackson sich an Mr. Moore vorbeischob und eilig zu Anne an Sams Bett trat.
Sam reagierte, indem sie zur hinteren Seite des Bettes rutschte. »Was machst du hier?«
Bevor Jackson antworten konnte, unterbrach Lawrence Moore ihn und wandte sich an Anne. »Kommen Sie mit mir nach draußen. Ich möchte mit Ihnen sprechen«, befahl er.
Anne rührte sich nicht.
»Jetzt sofort«, forderte er sie auf.
Sie blickte auf Sam hinunter und sah die lautlose Bitte in ihren Augen. »Ich lasse Sam nicht allein.«
»Ich warne Sie, Miss Weaver. Veranlassen Sie mich nicht, den Sicherheitsdienst zu rufen.«
»Es ist in Ordnung, Anne, gehen Sie«, sagte Sam, und ihre Augen wanderten von Anne zu Dr. Van Horn.
Sobald sie im Gang waren, zog Anne die Tür zu und fuhr zu Lawrence Moore herum. »Sie sind nicht mein Arbeitgeber, und ich nehme keine Befehle von Ihnen entgegen«, gab sie eine erste Salve ab.
Als Reaktion zog er eine Augenbraue hoch. »Ich liefere mir hier keine Szene mit Ihnen, Miss Weaver.« Er holte ein Scheckheft hervor. »Wie viel sind wir Ihnen schuldig?« Er nannte eine Zahl, von der Anne die Augen übergingen.
»Sie versuchen wohl, mich zu bestechen!«
»Nein«, erwiderte er auf das Scheckheft klopfend. »Ich bezahle Ihnen einfach nur Ihren Lohn plus einen Bonus.« Er runzelte die Stirn. »Ich bezweifle, dass Sie Letzteren verdient haben – schließlich hat sich meine Tochter in Ihrer Obhut zweimal verletzt –, aber Samantha scheint ziemlich an Ihnen zu hängen.«
»Sam braucht keinen Aufpasser.«
Seine Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Lächeln. »Sie haben jetzt seit kaum einem Monat Umgang mit meiner Tochter. Ich dagegen kenne sie seit fünfunddreißig Jahren. Da bin ich wohl besser in der Lage zu …«
Anne schnitt ihm das Wort ab. »Ich glaube, Sie kennen Ihre Tochter ganz und gar nicht. Sonst wüssten Sie nämlich, wie stark sie ist.«
»Ach, wirklich? Und warum ist sie dann im Krankenhaus, und warum befürchtet ihr Arzt eine zugrunde liegende Geisteskrankheit?« Als er die Überraschung in Annes Gesicht bemerkte, lächelte er überheblich. »Wir haben mit Dr. Douglas gesprochen.«
Anne schüttelte verwirrt den Kopf. »Aber er hat mir gesagt, Anne hätte ihn Ihnen gegenüber nicht von der Schweigepflicht entbunden.«
»Das stimmt tatsächlich, aber wir konnten halt nachweisen, dass Jackson einer ihrer behandelnden Ärzte ist.«
Anne starrte ihn wütend an und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ja, was das angeht – wie kommt ein Schönheitschirurg eigentlich dazu, angstlindernde Medikamente für seine Verlobte zu verschreiben? Wie moralisch ist denn das?«
Er klatschte das Scheckheft in seine geöffnete Hand. »Das geht Sie nichts an. Wenn mein Angebot Ihnen nicht reicht, wie viel wollen Sie dann?«
Anne richtete sich hoch auf und sah ihm fest in die Augen. »Nichts, Mr. Moore. Ich will gar nichts von Ihnen.«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und stürmte durch den Korridor davon.
27
Atme tief durch , sage ich mir. Ihr Zorn verletzt mich noch immer. Wie kann sie es wagen, mich so zu behandeln? Sie ist ein Nichts – weniger als ein Nichts. Bin ich nicht lieb und gut zu ihr gewesen? War das nicht genug? Nein, für eine Frau ist es nie genug. Mein ganzes Leben lang habe ich versucht, mich angenehm zu machen, aber es war ihnen nie genug. Übergangen und missachtet – das war immer mein Los.
Es ist so unerträglich ungerecht.
Wenn ich sie nur alle bestrafen könnte. Das Bedürfnis, etwas – jemanden – zu verletzen, droht, mich zu überwältigen, aber ich bewahre die Selbstbeherrschung. Darum geht es schließlich. Um die Selbstbeherrschung. Die Selbstbeherrschung bewahren. Die Fassade aufrechterhalten. Ich lächele in mich hinein. Wenn die nur wüssten, mit wem sie es zu tun haben. Wenn ich die Maske verrutschen lassen würde, würden sie vor Angst zittern. Der Gedanke macht mir Freude. Aufrecht dastehen, wie ein Mann dastehen, als der anerkannt werden, der ich wahrlich bin. Ich straffe die Schultern, sacke aber wieder in mich zusammen, als der nächste Gedanke mir in den Sinn kommt.
Sie halten mich
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