Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
sie energisch.
Ihr Vater verschränkte die Arme vor der Brust und sah wütend auf sie hinunter. »Samantha, jetzt hör mir mal zu …«
»Nein, hör du mir zu. Die Medikamente wirken nicht, und ich habe es satt, mich ständig benommen zu fühlen. Und was die Aufpasserin angeht, die brauche ich nicht.«
»Aber deine Therapie? Was hast du denn damit vor?«
»Ich bin immer noch fahrtüchtig. Ohne die Medikamente bin ich da nicht eingeschränkt.« Sie wandte sich in der Hoffnung auf Unterstützung zu Jackson um, doch der schwieg. »Im Krankenhaus in Pardo gibt es garantiert Therapeuten. Dort fahre ich hin«, fuhr sie fort.
»Das ist inakzeptabel«, erklärte ihr Vater, drehte sich um und marschierte zum Tisch. Er goss sich noch einen Sekt ein, gab Orangensaft dazu und kippte alles runter, bevor er wieder sprach. »Wir lassen dich nicht alleine hier.«
»Na schön«, schoss sie zurück. »Dann soll eben einer von euch bei mir bleiben. Ich will hier keine Fremde.«
Sie blickte ihre Mutter an, die neben Jackson stand und nervös an ihrem goldenen Ehering drehte. Sams Augen wanderten zu Jackson. Der hatte den Blick auf ihren Vater gerichtet, als wartete er darauf, dass Lawrence ihm sagte, wie er reagieren solle. Mit einem leisen Kopfschütteln wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Vater zu. Seine Lippen waren zusammengepresst, und sie sah, dass an seinem Hals eine Ader pulsierte. Plötzlich entspannte sich sein Gesicht, und er lächelte schmallippig.
»Du weißt, dass das nicht geht, Samantha«, sagte er, als spräche er zu einer Fünfjährigen. »Wir haben alle Verpflichtungen in der Stadt. Ich kann die Agentur nicht sich selbst überlassen, Jackson hat seine Patienten, und deine Mutter hat ihre sozialen …«
»Na klar«, meinte Sam bitter. »Wir fänden es wirklich schrecklich, wenn Mom eine ihrer Wohltätigkeitsveranstaltungen versäumte.«
»Samantha«, erklärte er streng, »du bist ungerecht. Du weißt doch, wie wichtig …«
Sie sprang auf und brauchte einen Augenblick, bis sie das Gleichgewicht fand. »Ich, ungerecht? Und wie nennst du es, dass ihr mich auf eine Wildfremde abschiebt, als wäre ich eine unwillkommene Last?«
Ihre Mutter streckte die Hand nach ihr aus. »Sam, Liebes, lass doch …«
»Was soll ich lassen, Mom?«, fragte sie, die Augen voll Tränen. »Das Streiten? Tut mir leid. Ich kann nicht anders.« Sie wischte eine Träne weg, die ihr über die Wange lief. Plötzlich fuhr ihr ein Krampf ins linke Bein, und sie ließ sich schwer auf die Couch fallen.
Ihre Mutter stieß ein leises Keuchen aus, blieb aber neben Jackson stehen.
»Bist du jetzt zufrieden?«, fragte ihr Vater. »Du hast deine Mutter gekränkt.«
Eine Zorneswoge ließ Sams Tränen versiegen. »Und was ist mit mir? Denkst du vielleicht daran, dass ich auch gekränkt sein könnte? Weil du diese Entscheidungen getroffen hast, ohne mit mir zu sprechen? Ich sollte mitreden dürfen, wenn es darum geht, was in meinem Leben geschieht.«
Lawrences Brust wölbte sich von einem tiefen Atemzug.
»Ich möchte nicht unfreundlich sein, aber die brutale Wahrheit ist, dass wir seit deinem Unfall …«
»Dem Überfall, Dad«, unterbrach sie ihn. »Ich bin überfallen worden.«
»Unfall« , fuhr er nachdrücklich fort, »dass wir dich seitdem nicht mehr für fähig halten, selbst zu entscheiden, was das Beste für dich ist.« Er machte eine lange Pause, bevor er weitersprach, und seine Augen wanderten zu ihrer Kopfseite, bevor sie zu ihrem Gesicht zurückkehrten. »Seit diesem Tag triffst du falsche Entscheidungen.« Er schüttelte den Kopf. »Wir dürfen nicht zulassen, dass das so weitergeht.«
Zwischen Sams Augen trat eine tiefe Falte. »Ich verstehe nicht ganz. Was meinst du mit ›seit diesem Tag‹?«
Ein angespanntes Schweigen senkte sich auf den Raum, und man hörte nur noch den Sekundenzeiger der Wanduhr ticken. Schließlich ergriff ihr Vater das Wort. »Du hättest niemals so lange in der Agentur bleiben dürfen. Nachdem damals Dans Wagen aufgebrochen und alles von Wert gestohlen worden war, haben sowohl Jackson als auch ich dich gebeten, so spät nicht allein in die Tiefgarage zu gehen, aber du wolltest nicht auf uns hören.«
Bei den Worten ihres Vaters spürte Sam, wie ihr wieder die Tränen in die Augen schießen wollten. Nein, sie würde nicht weinen. Sie stand langsam auf. »Hast du mir immer die Schuld an dem gegeben, was passiert ist, Dad?«, fragte sie mit ausdrucksloser Stimme.
Ihre Mutter kam zu ihr geeilt
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