Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
du deine Medikamente nimmst«, belehrte er sie.
»Aber ich brauche sie nicht. Und«, fügte sie nachdrücklich hinzu, »sie machen mich benommen.«
Jackson stellte das Fläschchen mit finsterer Miene krachend auf den Nachttisch zurück. »Du kannst nicht einfach so aufhören, sie zu nehmen – der Körper muss langsam entwöhnt werden.« Seine Gesicht verfinsterte sich noch mehr. »Sonst erleidest du Nebenwirkungen.«
»Das habe ich aber nicht. Allenfalls habe ich mich besser gefühlt, stärker und …«
»Du wirst sie weiter nehmen, bis wir Gelegenheit haben, mit Dr. Weissinger darüber zu sprechen«, erklärte er mit fester Stimme.
Sam beugte sich vor, nahm das Fläschchen, stand auf und ging zur Kommode. Sie öffnete eine Schublade, warf das Fläschchen hinein und machte die Schublade wieder zu. »Na gut, dann nehme ich die Tabletten eben.« Bestrebt, das Thema zu wechseln, drehte sie sich um und lehnte sich gegen die Kommode. »Glaubst du, dass du heute Abend auf der Party irgendjemanden kennst?«
»Die Brightons. Und vielleicht erkenne ich noch ein paar Gesichter von dem Sommer wieder, den ich als Jugendlicher hier verbracht habe.«
»Wie alt warst du damals eigentlich?«
»Fünfzehn. Es war in dem Jahr vor Mutters Tod.« Er durchquerte den Raum und hob die Jalousie an. »Tatsächlich erinnere ich mich an dieses Haus hier. Wir haben auf der anderen Seite des Sees gewohnt, ein Stück weiter als Fritz.«
»Wirklich? Hast du das Paar gekannt, das hier gelebt hat?«
Er ließ die Jalousie fallen, drehte sich um, und ein verschmitztes Lächeln trat in sein Gesicht. »Ich habe sie nicht gekannt, aber ich erinnere mich an die Frau. Sie hat jeden Nachmittag ein Sonnenbad auf dem Steg genommen.« Er ließ verlegen den Kopf hängen. »Und drücken wir es einmal so aus: Wenn ich mit meinem Angelboot vorbeifuhr, war ihr Anblick der Höhepunkt des Tages.« Er hob den Kopf und zuckte mit den Schultern. »Du weißt ja, wie halbwüchsige Burschen sind.«
Sam dachte plötzlich an Teddy Brighton und die jungen Kerle, die sie verletzt hatten. Unwillkürlich hob sie die Hand zu der Narbe, die jetzt unter Alices Haarschnitt verborgen lag, und spürte einen Augenblick lang Angst. O ja, sie wusste alles über Halbwüchsige.
Jackson bemerkte es. »Hat Anne ihren Sohn erwähnt?«
»Nein – nein.« Sam ließ die Hand fallen. »Warum? Gibt es etwas, das ich wissen sollte?«
Jackson schüttelte mit einem Blick zur Uhr den Kopf. »Ich zieh mich jetzt besser mal um«, sagte er und ging zur Tür. Er blieb stehen. »Es war etwas, das Fritz gesagt hat.«
Sams Atem ging rascher. »Was denn?«
»Ich glaube, der Junge hatte Ärger, als sie noch in Minneapolis gelebt haben.«
»Anne hat es erwähnt«, erwiderte Sam mit angespannter Stimme.
»Hat sie auch erzählt, dass er wegen Drogenbesitz festgenommen worden ist?«
»Drogen? Er hatte mit Drogen zu tun?«
Jackson hob eine Schulter. »Ich weiß nicht, ob er sie genommen hat, und Fritz hat gesagt, der Junge wäre inzwischen ein richtig braver Kerl.« Er drehte sich um, sah den Ausdruck in Sams Miene und ging rasch zu ihr, nahm sie in die Arme. Und diesmal stieß sie ihn nicht weg. Galant hauchte er ihr einen Kuss auf den Kopf und drückte sie fester an sich.
»Es tut mir leid – ich habe dir einen Schreck eingejagt«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Das war gedankenlos von mir. Fritz hat gesagt, mit dem Jungen sei jetzt alles in Ordnung.« Er ließ sie los, stand auf und blickte auf sie hinunter. »Wirklich, es freut mich, dass du dich so gut mit Anne verstehst.«
Sie blickte mit zweifelnder Miene zu ihm auf.
»Darling«, sagte er, beugte sich vor und hob ihr Kinn an. »Schau doch nicht so besorgt drein. Selbst wenn ihr Sohn noch Ärger machen würde, hat er ja keinen Schlüssel zum Haus hier.«
Er küsste sie noch einmal auf den Kopf, drehte sich um und verließ den Raum. Sam blieb mit Roxy zurück.
Sam blickte nach unten und sah, dass der Hund mit schief gelegtem Kopf zu ihr aufschaute. Sie beugte sich vor, warf Roxy die Arme um den Hals und atmete langsam aus.
»Du wirst mich beschützen, nicht wahr?«
17
Anne ließ die Augen durch den Raum wandern. Sie war nie als Gast bei einer von Fritz’ Partys gewesen, aber sie hatte dort schon öfter serviert und wusste, wie viel Wert er auf die Details legte. Heute Abend war es nicht anders. In dem großen Wohn- und dem Speisezimmer schimmerte sanftes Kerzenlicht. Die flotten Töne eines von Fritz’ liebsten Klavierkonzerten
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