Wach nicht auf!: Roman (German Edition)
fuhr Sam von einem Donnerschlag geweckt aus dem Schlaf hoch. Instinktiv streckte sie die Hand nach der Hündin aus, aber Roxy lag nicht auf dem Bett. Sam beugte sich zur Seite und suchte den Schalter der Nachttischlampe. Als diese an war, erfüllte ein sanfter Schein den Raum, und Sam fiel die Tür ihres Zimmers ins Auge. Sie stand offen, ein kräftiger Wind wehte hindurch und blähte die Vorhänge.
»Was zum Teufel …«, brummte sie und krabbelte aus dem Bett. Sie warf ihren Morgenmantel über und stolperte aus dem Zimmer in den Flur. Nun hörte sie ein hämmerndes Geräusch, das das draußen tobende Unwetter übertönte. Sie bog um die Ecke und keuchte erschreckt auf. Die Küchentür nach draußen stand weit offen, und das Hämmern kam von der Fliegengittertür, die von außen gegen die Hauswand schlug. Ihre Staffelei war umgekippt, und auf dem Boden lag Papier verstreut. Sie zog den Morgenmantel enger, ging durchs Zimmer und schloss beide Türen, damit der niederprasselnde Regen draußen blieb.
»Roxy? Roxy!«, schrie sie, die Stimme schrill vor Angst.
Sie kehrte in ihr Schlafzimmer zurück. Vielleicht hatte die Hündin sich aus Angst vor dem Gewitter unter dem Bett verkrochen. Sich an der Bettkante abstützend, kniete sie sich hin und spähte darunter. Kein Hund. Sie kam wieder auf die Beine und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
»Roxy?«, schrie sie.
Plötzlich tauchte Jackson mit verstrubbeltem Haar hinter ihr auf. »Was ist denn los?«
Sam fuhr zu ihm herum. »Die Tür war nicht abgeschlossen, und der Sturm hat sie aufgeweht. Jetzt ist Roxy verschwunden«, rief sie, zitternd vor Angst. »Wir müssen sie suchen gehen.«
Jackson ging an ihr vorbei und schloss die Tür ab. »Sei doch nicht albern. Nur weil dein Hund so blöd ist, bei Gewitter nach draußen zu laufen, müssen wir das noch lange nicht selber tun.«
Sam stampfte vor Wut mit dem Fuß auf. »Du hilfst mir nicht, sie zu suchen?«
Jackson stemmte die geballten Fäuste in die Hüften und schüttelte den Kopf. »Wir suchen sie morgen.«
»Dann ist es vielleicht zu spät«, rief sie aus.
Er zuckte mit den Schultern. »Samantha, manchmal entwickeln sich die Dinge von allein zum Besten. Wenn wir sie finden, finden wir sie. Wenn nicht …« Er verstummte und breitete die Hände in einer hilflosen Geste aus.
Sam wandte sich ab und marschierte den Flur entlang. »Das reicht mir absolut nicht«, rief sie ihm über die Schulter zu.
Er folgte ihr. »Ich lasse dich in diesem Unwetter nicht nach draußen.«
Sam holte eine Trainingshose hervor, raffte ihr Nachthemd an der Taille zusammen und stopfte es unter den Hosenbund. Dann zog sie ein Sweatshirt über. Sie schlüpfte in ihre Turnschuhe, nahm die Taschenlampe von der Frisierkommode und ging an Jackson vorbei durch den Flur zur Küchentür.
Er kam ihr zuvor, stellte sich mit dem Rücken gegen die Tür, verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf sie hinunter. »Ich lasse dich nicht im Sturm nach draußen.«
»Du wirst mich nicht aufhalten, Jackson«, erwiderte Sam leise.
»Samantha, Liebling … sei doch vernünftig.« Er breitete die Hände aus und trat einen Schritt vor. »Ich kann dich bei einem derartigen Unwetter nicht guten Gewissens hinausgehen lassen. Was, wenn dir etwas zustößt? Was, wenn du eine Panikattacke hast? Allein … im Dunkeln … im Wüten des Sturms.« Er schüttelte den Kopf. »Wir suchen morgen nach dem Hund.«
Ihr Entschluss geriet ins Wanken, als sie sich an das Entsetzen erinnerte, das sie während dieser Panikattacken empfunden hatte – das Gefühl, von Blicken verfolgt zu werden, das Rasen ihres Herzens und ihr Wunsch, sich in einem Loch zu verkriechen. Sie trat einen Schritt zurück, als das von Jackson heraufbeschworene Bild ihr vor Augen trat. Sie würde von der Dunkelheit umschlossen sein und sich nur nach dem schwachen Licht ihrer Maglite richten können. Sie würde nicht wissen, was außerhalb des Lichtscheins lauerte.
Sie könnten dir wieder wehtun , flüsterte eine Stimme in ihrem Inneren.
Plötzlich vertrieb das Bild Roxys, die mit vertrauensvollen Augen zu ihr aufblickte, Jacksons Worte, und die Stimme verstummte. Auch Roxy hatte Angst kennengelernt und hatte sich darauf verlassen, dass Sam sie beschützte.
Sie packte die Maglite fester. »Geh mir aus dem Weg, Jackson.«
»Ich kann es nicht fassen, wie du dich verhältst«, erklärte er mit vor Wut geweiteten Nasenflügeln. »Ich versuche, mich um dich zu kümmern, du aber scherst dich nur um diesen
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