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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zu uns viel Geld und nicht vergessen Glitzersteine und Metall gelbiges.«
    »Ich habe die Klatschianer nie gemocht«, sagte die Frau fest. »Was die für ein Zeug essen! Eklig! Und dauernd brabbeln sie in ihrer heidnischen Sprache…«
    In einer schattigen Ecke entflammte ein Streichholz.
    Mumm wölbte die Hände, entzündete stinkenden Tabak, warf das Streichholz in den Rinnstein und schlurfte durch einige Pfützen davon.
    Es gab etwas, das ihn noch mehr deprimierte als sein eigener Zynismus: die bittere Tatsache, daß die Welt weitaus zynischer sein konnte.
    Seit Jahrhunderten kommen wir gut mit den Klatschianern und den anderen Nachbarn zurecht,
dachte er.
Gutes Zurechtkommen ist praktisch der wichtigste Grundsatz unserer Außenpolitik gewesen. Und jetzt habe ich gerade gehört, daß wir jemandem den Krieg erklären, einem uralten Volk, mit dem wir nie nennenswerte Probleme hatten, auch wenn es eine seltsame Sprache benutzt. Und danach – die ganze Welt. Was noch schlimmer ist: Wahrscheinlich gewinnen wir sogar.

    Ä hnliche Gedanken (nur mit einer anderen Perspektive) gingen auch den Würdenträgern der Stadt durch den Kopf, als man sie am nächsten Morgen zu einem Arbeitsessen in den Palast bestellte. Es sei ein Befehl, hieß es in der kurzen Mitteilung.
    Niemand wies darauf hin, von wem der Befehl stammte oder wer das Essen gab.
    Sie saßen jetzt im Vorzimmer.
    Gewisse Veränderungen fielen auf. Es war nie ein besonders exklusiver Palast gewesen. Der Patrizier hatte immer die Ansicht vertreten: Wenn man es Besuchern zu bequem machte, wollten sie vielleicht bleiben. Deshalb bestand die Einrichtung früher aus einigen wackeligen Stühlen und mehreren Bildern an den Wänden, die ehemalige Herrscher mit Schriftrollen und dergleichen zeigten.
    Die Stühle befanden sich noch immer an Ort und Stelle. Aber das traf nicht auf die Bilder zu. Die fleckigen und verstaubten Porträts lagen in einer Ecke, doch von den vergoldeten Rahmen fehlte jede Spur.
    Die Mitglieder des Stadtrates blickten in verschiedene Richtungen und trommelten mit den Fingern auf die Knie.
    Schließlich öffneten zwei besorgt wirkende Diener die Tür des Hauptsaals. Lupin Wonse trat ein.
    Die Ratsmitglieder hatten die ganze Nacht damit verbracht, Prinzipien einer neuen Drachenpolitik zu entwickeln, aber im Gegensatz zu ihnen erweckte Wonse den Eindruck, als habe er seit Jahren nicht mehr geschlafen. Die Farbe seines Gesichts entsprach der eines fermentierten Tischtuchs. Er war nie kräftig gebaut gewesen, doch jetzt ähnelte er etwas, das man aus einer Pyramide geholt hatte.
    »Ah«, intonierte er. »Gut. Sind alle zugegen? Dann bitte hier entlang, meine Herren.«
    »Äh«, sagte der oberste Dieb. »In der Mitteilung wurde ein Essen erwähnt.«
    »Ja?« erwiderte Wonse.
    »Mit einem
Drachen?
«
    »Meine Güte, du fürchtest doch nicht etwa, von ihm gefressen zu werden, oder?« entfuhr es Wonse. »Welch verrückte Idee!«
    »Ist mir nie in den Sinn gekommen«, sagte der Dieb. Erleichterung strömte wie Rauch aus seinen Ohren. »Eine absurde Vorstellung. Haha.«
    »Haha«, machte das Oberhaupt der Kaufmannsgilde.
    »Hoho«, brummte der Repräsentant der Meuchelmörder. »Eine absurde Vorstellung, fürwahr.«
    »Nein, ihr wärt sicher zu zäh«, warf Wonse ein. »Haha.«
    »Haha.«
    »Ahaha.«
    »Hoho.« Die Temperatur sank um einige Grad.
    Auch der Große Saal hatte sich verändert. Zunächst einmal: Er war ein ganzes Stück größer als vorher. Mehrere Wände, die ihn von anderen Zimmern trennten, existierten nicht mehr, und das galt auch für einige Stockwerke darüber. Mauerreste, Steine und Mörtel bildeten ein heilloses Durcheinander auf dem Boden, doch in der Mitte des Saals…
    Dort lag ein Haufen Gold.
    Nun, zumindest
glänzte
er hier und dort. Es sah ganz danach aus, als habe jemand alle funkelnden und schimmernden Gegenstände aus dem Palast herbeigetragen. Zu dem Haufen gehörten: Bilderrahmen, goldene Fäden aus Wandteppichen, Silber, einige vereinzelte Edelsteine, Suppenterrinen aus der Küche, Kerzenhalter, Wärmpfannen und Spiegelsplitter. Glitzernde Dinge.
    Doch die Ratsmitglieder schenkten ihnen überhaupt keine Beachtung. Ihre Aufmerksamkeit galt in erster Linie dem Geschöpf, das unter der Decke hing.
    Es wirkte wie die größte und am schlechtesten gerollte Zigarre im ganzen Universum – vorausgesetzt, die größte und am schlechtesten gerollte Zigarre im ganzen Universum neigte dazu, mit dem vorderen Ende nach unten zu hängen.

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