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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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des Königs zu genießen.«
    Der Chefmeuchler sah zum glitzernden Haufen, und hinter seiner Stirn bildeten sich eine sehr klare Vorstellung darüber, wo die vielen Schätze enden würden. Eins mußte man Drachen lassen: Sie verstanden sich wirklich darauf, Dinge zusammenzuraffen. Eine fast menschliche Eigenschaft.
    »Oh«, sagte er.
    »Natürlich kommen Anschaffungen in Hinsicht auf Land, Gebäude und dergleichen hinzu, und der König möchte keinen Zweifel daran lassen, daß loyale Kronräte reich belohnt werden.«
    »Und, äh…« Der Chefmeuchler gewann allmählich ein klares Bild von der Denkweise des Königs. »Ich nehme an, die, äh…«
    »Kronräte«, sagte Wonse.
    »Vermutlich werden sie in Hinsicht auf, äh, Schätze, noch weitaus großzügiger sein, nicht wahr?«
    »Ich bin sicher, daß der König keine diesbezüglichen Erwartungen hegt«, behauptete Wonse, »aber es ist trotzdem ein guter Vorschlag.«
    »Dachte ich mir.«
    Der nächste Gang bestand aus fettem Schweinefleisch, Bohnen und mehligen Kartoffeln. Dick machende Speisen, bemerkten einige Ratsmitglieder. Dem einen oder anderen Anwesenden fiel sogar das Wort
Mastfutter
ein.
    Wonse begnügte sich mit einem Glas Wasser.
    »Ich möchte nun eine andere delikate Angelegenheit zur Sprache bringen und bin davon überzeugt, daß es so toleranten und aufgeschlossenen Männern wie euch nicht weiter schwerfällt, dieser Sache mit dem notwendigen Verständnis zu begegnen«, sagte der Sekretär. Er hielt das Glas in einer zitternden Hand.
    »Ich hoffe, das gilt auch für die Bürger von Ankh-Morpork, zumal der König zweifellos sehr wichtige Beiträge zum Wohl und Schutz der Stadt leisten wird. Ich bin zum Beispiel sicher, daß die Bürger weitaus unbesorgter in ihren Betten ruhen, wenn sie wissen, daß der Dr… der König ständig wacht und sie vor allem Unheil bewahrt. Allerdings sind ebenso lächerliche wie überkommene – Vorurteile möglich, die nur mit der unermüdlichen Arbeit von Männern guten Willens aus der Welt geschafft werden können.«
    Wonse zögerte und musterte die Würdenträger. Der Chefmeuchler sagte später, daß er oft in die Augen von Menschen gesehen hatte, die aus offensichtlichen Gründe dem Tode nahe waren. Doch jetzt starrte er in Augen, die seinen Blick aus den Schwefelgruben der Hölle erwiderten. Er hoffte inständig, daß sich diese zutiefst beunruhigende Erfahrung nie wiederholte.
    Als Wonse erneut sprach, klangen seine Worte wie Luftblasen, die an der Oberfläche einer Treibsandlache blubberten. »Ich meine die – die Diät des Königs.«
    Erschrockene Stille folgte. Weiter hinten hörten die Ratsmitglieder das leise Knarren ledriger Schwingen. Die Schatten in den Ecken des Saals schienen noch dunkler zu werden und sich zu nähern.
    »Diät«, wiederholte der oberste Dieb hohl.
    »Ja«, bestätigte Wonse. Er quiekte fast, und Schweiß perlte auf seiner Stirn. Der Chefmeuchler hatte einmal den Ausdruck ›Riktus‹ gehört und sich gefragt, wann man ihn verwendete, um einen Gesichtsausdruck zu beschreiben. Jetzt wußte er es. Die Bezeichnung schien eigens für Wonse geschaffen zu sein. In der Miene des Sekretärs zeigte sich das Grauen eines Mannes, der kaum glauben konnte, was sein Mund sagte.
    Der Chefmeuchler überlegte sorgfältig und erwiderte dann: »Wir, äh, wir dachten, daß der Dr… der König dieses, äh, Problem während der vergangenen Wochen gelöst hat.«
    »Ach, es handelte sich um armselige Mahlzeiten«, entgegnete Wonse und starrte auf den Tisch. »Ein paar Haustiere und so. Nun, bei einem König ist ein solcher Notbehelf natürlich völlig unangemessen.«
    »Äh«, murmelte das Oberhaupt der Kaufmannsgilde, »wie oft hat der König Hunger?«
    »Er ist ständig hungrig«, antwortete Wonse, »aber er ißt nur einmal im Monat. Bei einer besonderen Gelegenheit.«
    »Selbstverständlich.« Der Kaufmann nickte. »Bei einer besonderen Gelegenheit.«
    »Und wann hat der, äh, König zum letztenmal gespeist?« erkundigte sich der Chefmeuchler.
    »Ich bedauere, euch mitteilen zu müssen, daß er sich seit seiner Ankunft nicht auf die ihm geziemende Weise ernähren konnte«, erwiderte Wonse.
    »Oh.«
    Der Sekretär drehte seinen Holzlöffel verzweifelte hin und her. »Bitte versucht, das zu verstehen«, brachte er hervor. »Wenn er irgend jemandem wie ein gemeiner Meuchelmörder auflauert…«
    »Ich muß doch
sehr
bitten!« warf der Chefmeuchler empört ein.
    »Wie ein gemeiner Mörder, meinte ich… Nun, dann

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