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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Colon.
    »Steuern sind eine Sache, das Fressen von Menschen eine ganze andere.«
    »Fürwahr!«
    »Was kann der Drache schon tun, wenn wir alle dagegen sind?«
    Nobby setzte zu einer Antwort an. Colon hielt ihm rasch den Mund zu und hob triumphierend die Faust.
    »Das ist ganz meine Meinung«, sagte er. »Das vereinte Volk ist feuerfest!«
    Jubel erklang.
    »Einen Augenblick mal!« rief ein kleiner Mann langsam. »Soweit wir wissen, versteht sich der Drache prächtig darauf, über der Stadt hin und her zu fliegen und Leute zu verbrennen. Ich weiß nicht recht, womit wir ihn daran hindern könnten.«
    »Ja, aber wenn wir
alle
protestieren…«, begann der erste Sprecher. Unsicherheit untermalte seine Stimme.
    »Er kann unmöglich
jeden
Bewohner Ankh-Morporks verbrennen«, warf Colon ein. Er beschloß, erneut seinen Trumpf auszuspielen, und intonierte stolz: »Das vereinte Volk ist feuerfest!« Diesmal war der Jubel nicht ganz so laut. Das Publikum sparte seine emotionale Kraft, um sich zunehmender Besorgnis hinzugeben.
    »Nun, eigentlich frage ich mich, warum er
nicht
dazu in der Lage sein sollte. Warum soll es ihm unmöglich sein, jeden zu verbrennen und anschließend zu einer anderen Stadt zu fliegen?«
    »Weil…«
    »Der Hort«, sagte Colon. »Er benötigt Menschen, die ihm Schätze bringen.«
    »Ja.«
    »Nun, vielleicht, aber wie viele?«
    »Was?«
    »Wie viele Menschen? In Ankh-Morpork, meine ich. Vielleicht braucht er nicht die ganze Stadt in Schutt und Asche zu legen, nur Teile davon. Welche Teile, frage ich mich?«
    »Das ist doch blöd«, sagte der erste Sprecher. »Wenn wir die ganze Zeit über nach irgendwelchen Problemen Ausschau halten, bringen wir überhaupt nichts zustande.«
    »Ich
meine, es zahlt sich aus, vorher genau zu überlegen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Was passiert, wenn wir den Drachen besiegen?«
    »Dann haben wir ihn besiegt!« betonte Feldwebel Colon.
    »Nein, im Ernst. Wie lautet die Alternative?«
    »Sie besteht in einem Menschen!«
    »Genau«, bestätigte der kleine Mann. »Aber ich schätze, ein Opfer im Monat ist gar nicht übel, wenn man die Sache mit einigen früheren Herrschern vergleicht. Erinnert sich jemand an den Wahnsinnigen Nersh? Oder an den Kichernden Lord Smince und seinen Lach-ein-bißchen-Kerker?«
    Hier und dort ertönten gemurmelte Bemerkungen wie »Da hat er recht.«
    »Aber sie wurden gestürzt!« rief Colon.
    »Nein, das stimmt nicht. Man brachte sie um.«
    »Läuft doch aufs gleiche hinaus«, sagte Colon. »Ich meine, niemand wird den Drachen ermorden. Eins steht fest: Dazu braucht man mehr als nur eine dunkle Nacht und ein scharfes Messer.«
    Jetzt kann ich den Hauptmann verstehen,
fuhr es Colon durch den Sinn.
Kein Wunder, daß er immer was trinkt, nachdem er über gewisse Dinge nachgedacht hat. Wir sind unser größter Gegner. Ich meine, wir schlagen uns selbst, bevor wir in den Kampf ziehen. Wenn man einem Ankh-Morporkianer einen Knüppel gibt, so kann man ziemlich sicher sein, daß er sich damit erschlägt.
    »Jetzt hör mal gut zu, du sanftzüngiger Hohlkopf«, sagte der erste Sprecher, packte den kleinen Mann am Kragen und ballte die freie Hand zur Faust. »Zufälligerweise habe ich drei Töchter, und zufälligerweise möchte ich nicht, daß sie gefressen werden, nein, besten Dank.«
    »Ja, und das vereinte… Volk… ist…«
    Colon unterbrach sich, als er merkte, daß die Leute nach oben sahen.
    Verdammter Mist!
dachte er, als die Vernunft aus ihm floh.
Offenbar hat das Biest Flanellfüße.
    Der Drache hockte auf dem Dach des nächsten Hauses, schlug ein- oder zweimal mit den Schwingen, gähnte und streckte dann den Hals nach unten.
    Der Vater von drei Töchtern hob die Fäuste und stand in einem rasch größer werdenden Kreis aus nackten Kopfsteinen. Der kleine Mann befreite sich aus dem Griff und verschwand in den Schatten.
    Herr Vater schien plötzlich der einsamste Mensch auf der ganzen Scheibenwelt zu sein. Niemand hatte weniger Freunde als er.
    »Ich verstehe«, sagte er leise und starrte zu dem neugierigen Reptil empor. Es wirkte nicht besonders zornig, musterte ihn eher mit vagem Interesse.
    »Es ist mir gleich!« rief der Vater, und in der Stille hallte seine Stimme von Mauer zu Mauer. »Wir unterwerfen uns niemandem, und dir schon gar nicht! Wenn du mich umbringst, kannst du ebensogut alle anderen töten!«
    Unruhe entstand in der abseits stehenden Menge. Offenbar gab es Leute, die des Vaters Meinung nicht für ein ehernes Prinzip

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