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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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erfüllten. Der Drache schien nicht geneigt zu sein, weitere Gebäude in Brand zu setzen. Er hatte seinen Standpunkt verdeutlicht.
    »Ich frage mich, wer ausgewählt wird«, sagte Nobby.
    »Was?« murmelte Karotte.
    »Als Opfer, meine ich.«
    »Der Feldwebel wies darauf hin, daß die Leute bestimmt nicht damit einverstanden sind«, erwiderte Karotte gleichmütig.
    »Nun, äh. Sieh es mal aus folgendem Blickwinkel. Wenn man den Leuten sagt: Entweder geht euer Haus in Flammen auf, oder der Drache verspeist eine junge Frau, die ihr wahrscheinlich überhaupt nicht kennt… Nun, dann werden sie vielleicht nachdenklich. Liegt an der menschlichen Natur, weißt du.«
    »Ich bin sicher, daß rechtzeitig ein Held erscheint«, entgegnete Karotte. »Mit einer neuen Waffe oder so. Und damit trifft er den Drachen an der ämpfindlichen Stelle.«
    Es folgte das Schweigen aufmerksamen Lauschens.
    »Wo?« erkundigte sich Nobby.
    »An einer Stelle, wo der Drache ämpfindlich ist. Mein Großvater hat mir Geschichten erzählt. Triff einen Drachen an der Ämpfindlichkeit, sagte er immer. Dann hat es ihn erwischt.«
    »So wie jemanden in die Dingsbums treten?« fragte Nobby interessiert.
    »Keine Ahnung. Vielleicht. Aber wie ich schon sagte, Nobby: Es ist nicht richtig…«
    »Und wo befindet sich die Stelle?«
    »Oh, bei jedem Drachen woanders«, antwortete Karotte. »Man wartete, bis er über einen hinwegfliegt, und dann sagt man: He, da ist die ämpfindliche Stelle. Und anschließend tötet man ihn.« Karotte zögerte kurz. »Oder so ähnlich.«
    Feldwebel Colon starrte ins Leere.
    »Hmm«, brummte Nobby.
    Einige Minuten lang beobachteten sie das Panorama der Stadt. Dann fragte Colon: »Und du bist ganz sicher, was die Ämpfindlichkeiten betrifft?«
    »O ja. Ja.«
    »Ich wünschte, das wäre nicht der Fall, Junge.«
    Erneut blickten sie zur Stadt, in der es noch immer recht turbulent zuging.
    »Nun, Feldwebel«, begann Nobby, »ich erinnere mich an deine Schilderungen darüber, daß du früher Preise im Bogenschießen gewonnen hast. Angeblich hattest du einen Glückspfeil, der dir sehr am Herzen lag, weil es ein Glückpfeil war, und…«
    »Schon gut, schon gut! Aber das läßt sich wohl kaum mit
dieser
Situation vergleichen, oder? Außerdem bin ich kein Held. Warum sollte ausgerechnet
ich
versuchen, den Drachen zu töten?«
    »Hauptmann Mumm bezahlt dir dreißig Dollar im Monat«, warf Karotte ein.
    »Ja«, bestätigte Nobby lächelnd, »und der Feldwebel bekommt fünf weitere Dollar. Verantwortungszuschlag.«
    »Aber Hauptmann Mumm ist nicht mehr bei uns«, erwiderte Colon verzweifelte.
    Karotte bedachte ihn mit einem strengen Blick. »Wenn er hier wäre, würde er gewiß nicht zögern…«
    Colon brachte ihn mit einem hastigen Wink zum Schweigen. »Das hört sich alles toll an. Aber wenn ich das Ziel verfehle?«
    »Betrachte es einmal von der positiven Seite«, sagte Nobby. »Wenn du nicht triffst, hast du kaum Zeit genug, es zu bereuen.«
    Feldwebel Colons Gesicht verwandelte sich in eine Grimasse, als er betont grimmig grinste. »Das gilt auch für dich.«
    »Wie bitte?«
    »Wenn du glaubst, daß ich ganz allein auf irgendeinem Dach hocke, so hast du dich gründlich geirrt. Ich befehle dir hiermit, mich zu begleiten. Außerdem bekommst du ebenfalls einen Verantwortungszuschlag, wenn auch nur einen Dollar.«
    Nobby geriet in Panik. »Nein, das stimmt nicht!« stieß er hervor. »Hauptmann Mumm hat ihn für die nächsten fünf Jahre gestrichen, weil ich eine Schande für die Menschheit bin!«
    »Nun, vielleicht bekommst du ihn zurück. Wie dem auch sei: Du kennst dich bestens mit ämpfindlichen Stellen aus. Ich habe beobachtet, wie du kämpfst.«
    Karotte salutierte zackig. »Bitte um Erlaubnis, mich freiwillig zu melden, Sir. Ich erhalte nur zwanzig Dollar im Monat, weil ich noch in der Ausbildung bin, aber das macht mir nichts aus, Sir.«
    Feldwebel Colon räusperte sich und rückte seinen Brustharnisch zurecht, der die metallenen Nachbildungen ausgeprägter Brustmuskeln zeigte. Colons Brust und Bauch paßten sich den Konturen so gut an wie Gelee einer Gußform.
    Wie würde sich Hauptmann Mumm jetzt verhalten?
überlegte er.
Nun, er träfe wahrscheinlich die Entscheidung, etwas zu trinken. Doch wenn er statt dessen zu handeln beschlösse?
    »Wir brauchen einen Plan«, verkündete der Feldwebel.
    Das klang gut. Allein dieser Satz war einen Monatssold wert. Mit einem Plan rückte der Erfolg in greifbare Nähe.
    Colon glaubte schon,

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