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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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es einen Schluckauf bekommt.«
    »Ich vermisse sein niedliches Gesicht«, sagte Karotte.
    Nobby putzte sich laut die Nase.
    Nur einen Sekundenbruchteil später klopfte es an der Tür. Colon drehte ruckartig den Kopf. Karotte stand auf und öffnete.
    Zwei Palastwächter standen mit arroganter Ungeduld vor der Schwelle. Sie wichen hastig zurück, als sie Karotte sahen, der sich unter dem Sturz bückte. Schlechte Nachrichten wie er verbreiteten sich schnell.
    »Wir bringen eine Proklamation«, erklärte einer von ihnen. »Ihr müßt sie…«
    »Was hat die frische Farbe auf deiner Brustplatte zu bedeuten?« fragte Karotte höflich. Nobby und der Feldwebel spähten neugierig an ihm vorbei.
    »Stellt einen Drachen dar«, erwiderte der jüngere Palastwächter.
    »Den
Drachen«, berichtigte sein Vorgesetzter.
    »Äh, ich kenne dich«, sagte Nobby. »Du heißt Schrulli Röchelviel und hast früher in der Zimperlichgasse gewohnt. Deine Mutter stellte Hustenbonbons her, fiel in ihre eigene Brühe und starb. Ich lutsche nie ein Hustenbonbon, ohne dabei an deine Mama zu denken.«
    »Hallo, Nobby!« antwortete der Wächter. Es klang nicht sehr begeistert.
    »Ich wette, deine Mama wäre sehr stolz darüber, daß du einen
Drachen
auf der Brust trägst«, fuhr der Korporal im Plauderton fort. Der Wächter bedachte ihn mit einem Blick, in dem sich Haß und Verlegenheit die Waage hielten.
    »Und dann die hübschen Federn am Helm«, sagte Nobby zuckersüß.
    »Dies hier ist eine Proklamation, die ihr verlesen müßt«,
zischte der Palastwächter. »Außerdem sollt ihr Plakate an Mauern kleben. So lautet der Befehl.«
    »Wessen Befehl?« erkundigte sich Nobby.
    Feldwebel Colon griff mit einer fleischigen Hand nach der Schriftrolle.
    »Der ge-priese-ne Deh-Er Drache«, las er langsam, während ein zögernder Zeigefinger unter den Buchstaben entlangkroch, »Kah-Öh König der Könige und Ah-Beh-Eß absoluter Ha-Eh-Er-Er Herrscher…«
    Colon begann mit einem gequälten akademischen Schweigen, als die Fingerkuppe wie in Zeitlupe übers Pergament wanderte.
    »Nein«, sagte er schließlich. »Das ist nicht richtig, oder? Der Drache will jemanden fressen?«
    »Verzehren«, korrigierte der ältere Palastwächter.
    »Es gehört zum – zum Gesellschaftsvertrag«, warf Schrulli Röchelviel ein. »Ein geringer Preis für Sicherheit und Schutz der Stadt, das müßt ihr zugeben.«
    »Schutz wovor?« fragte Nobby. »Wir hatten nie einen Feind, den wir nicht bequatschen oder bestechen konnten.«
    »Bis jetzt«, murmelte Colon düster.
    »Du kapierst schnell«, lobte der Wächter. »Ihr werdet diese königliche Mitteilung überall verkünden. Ungehorsam wird hart bestraft. Mit einer harten Strafe.«
    Karotte blickte über Colons Schulter.
    »Was ist eine Jungfrau?« fragte er.
    »Eine junge Frau«, entgegnete der Feldwebel rasch. »Unverheiratet.«
    »Was, wie meine Freundin Reet?« platzte es erschrocken aus Karotte heraus.
    »Nun, eigentlich nicht«, widersprach Colon.
    »Sie ist jung und unverheiratet. Keine von Frau Palms Töchtern befindet sich im Stand der Ehe.«
    »Töchter?« Nobby verschluckte sich fast an diesem Wort.
    »Nun, äh, da hast du recht«, räumte Colon ein.
    »Na also.« Karotte atmete tief durch. »Ich hoffe, daß wir so etwas nicht zulassen werden«, sagte er fest.
    »Die Bürger der Stadt sind bestimmt dagegen«, behauptete der Feldwebel. »Ich bin ganz sicher.«
    Die Palastwächter bemerkten Karottes zunehmende Entrüstung und traten sicherheitshalber einen Schritt zurück.
    »Die Bürger der Stadt können davon halten, was sie wollen«, sagte der ältere Wächter. »Aber wenn ihr die Proklamation nicht verlest, verlangt Seine Majestät sicher eine Erklärung von euch.«
    Schrulli Röchelviel und sein Vorgesetzter drehten sich um und eilten fort.
    Nobby sprang auf die Straße. »He, Drachen auf der Brust!« rief er. »Wenn deine Mama wüßte, daß du mit einem verdammten Drachen auf der Brust rumläufst, würde sie sich bestimmt in ihrem Bottich umdrehen!«
    Colon ging zum Tisch und breitete die Schriftrolle aus.
    »Üble Angelegenheit«, verkündete er.
    »Das Ungeheuer hat bereits Menschen getötet und damit gegen mindestens sechzehn verschiedene Gesetze verstoßen«, stellte Karotte fest.
    »Nun, ja«, gestand Colon ein. »Aber das geschah nur im, äh, allgemeinen Durcheinander und so. Was natürlich nicht heißen soll, daß ich so etwas billige. Aber wenn die Leute damit beginnen, an der ganzen

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