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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Zierschwert hinter dem Schild überm Kamin hervor.«
    »Ja«, bestätigte ein Kollege argwöhnisch. »Und dann schmettern sie einem Stühle auf den Kopf.«
    »Hier gibt es weder einen Kamin noch irgendwelche Zierschwerter, nur ihn!« ereiferte sich Wonse. »Schnappt ihn endlich!«
    Zwei Wächter packten Mumm versuchsweise an den Schultern.
    »Und du willst wirklich nicht heldenhaft sein?« flüsterte einer von ihnen.
    »Wüßte gar nicht, wie ich das anstellen sollte.«
    »Oh. Gut.«
    Als Mumm fortgezerrt wurde, hörte er, wie Wonse schrill loslachte. Hämische Menschen lachen immer schrill; sie können gar nicht anders.
    Aber in einem Punkt hat er recht,
dachte Mumm.
Ich habe keinen Plan.
Er hatte nicht darüber nachgedacht, was nach der Begegnung mit Wonse geschehen sollte.
Wie närrisch von mir anzunehmen, die Konfrontation mit dem Mistkerl genüge, um unter alles einen Schlußstrich zu ziehen.
    Er fragte sich, was ›die andere Sache‹ bedeutete.
    Die Palastwächter gaben keinen Ton von sich, blickten starr geradeaus, führten ihn durch den verheerten Großen Saal und dann zu einer unheilvoll wirkenden Tür. Sie öffneten sie, stießen Mumm über die Schwelle, schlossen den Zugang wieder und marschierten fort.
    Niemand, absolut niemand, bemerkte das dünne blattartige Etwas, das wie ein Ahornsamen vom dunklen Dach des Großen Saals herabfiel, sich mehrmals um die eigene Achse drehte und im glitzernden Tand des Drachenhorts liegenblieb.
    Es handelte sich um eine Erdnußschale.

    D ie Stille weckte Lady Käsedick. Ihr Schlafzimmer befand sich in unmittelbarer Nähe der Drachenpferche, und deshalb war sie daran gewöhnt, ständig flüsternde Schuppen, das leise Klagen eines trächtigen Weibchens oder das Zischen eines im Schlaf ausgestoßenen Flammenstrahls zu hören. Die Abwesenheit von Geräuschen kam dem Schrillen einer Alarmsirene gleich.
    Sie hatte ein wenig geweint, bevor sie zu Bett ging, aber nicht viel – immerhin war es sinnlos, sentimental zu sein und sich gehenzulassen. Ihre Ladyschaft zündete die Lampe an, stieg in die Gummistiefel, griff nach einem Stock (möglicherweise stand nur er zwischen ihr und einem rein theoretischen Verlust ihrer Unschuld) und eilte durchs dunkle Haus. Als sie den feuchten Rasen zwischen dem Hauptgebäude und den Ställen überquerte, nahm sie geistesabwesend zur Kenntnis, daß in der Stadt etwas geschah. Aber sie achtete nicht weiter darauf. Drachen waren wichtiger.
    Einige Sekunden später schob Lady Käsedick die Tür auf.
    Nun, sie waren noch immer da. Der vertraute Gestank von Sumpfdrachen – zum einen Teil modriger Schlamm, zum anderen Chemikalien kurz vor der Explosion – wehte in die Nacht.
    Jeder Drache balancierte mitten in seinem Pferch auf den Hinterbeinen und starrte mit grimmiger Konzentration an die Decke.
    »Oh«, sagte Lady Käsedick. »Der Große fliegt wieder durch die Gegend, wie? Reine Angeberei. Seid unbesorgt, Kinderchen! Jetzt ist Mami hier.«
    Sie stellte die Lampe auf ein hohes Regal und stapfte zu Errol.
    »Nun, Bürschchen, wie geht es dir
…«,
begann sie und unterbrach sich jäh.
    Errol lag auf der einen Seite. Dünner grauer Rauch kräuselte aus seinem Maul, und der Bauch pulsierte wie ein Blasebalg. Vom Hals an war die Haut fast völlig weiß.
    »Wenn ich jemals eine zweite Ausgabe der
Drachenkrankheiten
schreibe, widme ich dir ein ganzes Kapitel«, sagte Ihre Ladyschaft leise und öffnete das Pferchtor. »Mal sehen, ob das scheußliche Fieber nachgelassen hat, hm?«
    Sie streckte die Hand aus, berührte einige Schuppen – und schnappte nach Luft. Mit einem jähen Ruck zog sie die Hand zurück und beobachtete, wie sich Blasen an den Fingerkuppen bildeten.
    Errol war so kalt, daß er brannte.
    Die Wärme von Lady Käsedicks Fingern hatte runde Schmelzspuren auf der Drachenhaut hinterlassen, doch es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie unter einer dünnen Patina aus gefrorener Luft verschwanden.
    Lady Käsedick setzte sich auf die Fersen.
    »Was für ein Sumpfdrache
bist
du eigentlich?« fragte sie verwirrt.
    Ein leises dumpfes Pochen wies darauf hin, daß jemand an die Haustür klopfte. Ihre Ladyschaft zögerte kurz, blies dann die Lampe aus, kroch schwerfällig an den einzelnen Stallnischen vorbei und zog das Sackleinen vor dem Fenster beiseite.
    Das erste Licht der Morgendämmerung zeigte ihr die Silhouette eines Wächters vor der Tür. Die Federn an seinem Helm neigten sich in der sanften Brise hin und her.
    Lady Käsedick biß sich in

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