Wachen! Wachen!
recht frisch.«
Sie warf die Tür zu.
Die Palastwächter stampften mit den Füßen auf, hauchten in die kalten Hände und vermieden es, sich anzusehen. Eigentlich sollte es bei Verhaftungen anders zugehen. Für die betreffenden Personen
gehörte
es sich einfach nicht, die Wachen draußen warten zu lassen. Nein, die Welt funktionierte auf eine ganz andere Art und Weise. Andererseits: Die einzige Alternative bestand darin, ins Haus zu stürmen und Ihre Ladyschaft mit Gewalt nach draußen zu zerren, und diese Vorstellung erfüllte sowohl den Offizier als auch seine Begleiter mit tiefem Unbehagen. Außerdem war der Anführer gar nicht sicher, ob er genug Männer hatte, um Lady Käsedick gegen ihren Willen fortzubringen. Dazu brauchte man sicher einige hundert Soldaten mit Rollklötzen.
Ein dumpfes Knarren ertönte, als sich die Tür öffnete und den Blick in einen muffigen Flur freigab.
»In Ordnung, Männer
…«,
sagte der Offizier.
Lady Käsedick erschien. Er sah sie nur als schemenhafte Gestalt, die mit lautem Geheul heranstürmte, und vielleicht hätte er mit diesem letzten Eindruck sein Leben ausgehaucht, wenn nicht einer der Wächter so geistesgegenwärtig gewesen wäre, der Furie ein Bein zu stellen. Ihre Ladyschaft jagte die Stufen hinunter, verlor das Gleichgewicht, fluchte herzhaft, fiel, pflügte durchs hohe Gras, schlug mit dem Kopf an die Statue eines antiken Käsedick und blieb liegen.
Das lange Breitschwert, mit dem sie einen Angriff geplant hatte, bohrte sich neben ihr in den Boden und zitterte einige Male, bevor es sich ebenfalls nicht mehr rührte.
Nach einer Weile trat ein Wächter vorsichtig über den Pfad und betastete die Klinge.
»Donnerwetter!« stieß er mit einer Mischung aus Entsetzen und Respekt hervor. »Und der Drache will
sie
fressen?«
»Klare Sache«, sagte der Offizier. »Sie ist die höchstgeborene Lady in der Stadt. Was ihre Jungfräulichkeit betrifft, habe ich keine Ahnung, und im Augenblick möchte ich lieber nicht darüber spekulieren. Holt einen Karren!«
Er betastete sein von der Schwertspitze gestreiftes Ohr. Er war von Natur aus kein unfreundlicher Mann, aber er hoffte, daß sich eine dicke Drachenhaut zwischen ihm und Ihrer Ladyschaft befand, wenn sie erwachte.
»Sollten wir nicht ihre kleinen Sumpfdrachen töten, Sir?« fragte ein Wächter. »Wenn ich mich recht entsinne, wies Herr Wonse darauf hin, daß keins der kleinen Biester überleben darf.«
»Das war nur als Drohung bestimmt, um Lady Käsedick einzuschüchtern«, antwortete der Offizier.
Der Wächter runzelte die Stirn. »Bist du sicher? Ich dachte…«
Der Offizier hatte die Nase voll. Schreiende Harpyien und Breitschwerter, die in unmittelbarer Nähe Geräusche wie von zerreißender Seide verursachten, zerstörten sein Verständnis für den Standpunkt des anderen Mannes.
»Oh, du hast also
gedacht,
wie?« knurrte er. »Bist ein regelrechter Denker, wie? Glaubst du vielleicht, du bist für einen anderen Posten geeignet? Wie wär’s mit der
Stadtwache,
hm? Dort wimmelt’s von Denkern.«
Die übrigen Wächter kicherten leise.
»Was hältst du davon, nicht nur zu denken, sondern zur Abwechslung auch einmal
nach
zudenken?« fuhr der Offizier sarkastisch fort. »Wenn du nachgedacht hättest, müßtest du eigentlich wissen, daß dem König kaum am Tod anderer Drachen gelegen sein kann. Wahrscheinlich sind es entfernte Verwandte von ihm oder so. Ich meine, er will bestimmt nicht, daß wir seine Artgenossen umbringen, oder?«
»Bei Menschen ist das ganz normal«, wandte der Wächter verdrießlich ein.
»Oh«, entgegnete der Offizier, »so was läßt nicht mit Menschen vergleichen.« Er klopfte bedeutungsvoll an die Seite seines Helms.
»Wir
sind immerhin intelligent.«
M umm landete auf feuchtem Stroh. Völlige Finsternis umgab ihn, doch es dauerte nicht lange, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten und er die Wände des Kerkers sehen konnte.
Das Verlies diente nicht dazu, Gefangenen einen bequemen Aufenthalt zu ermöglichen. Im Grunde genommen handelte es sich um einen großen Raum mit den Säulen und Bögen, die den Palast trugen. Durch ein hohes Gitter in der gegenüberliegenden Mauer filterte ein vager Hauch aus schmutzigem, abgegriffenem Licht.
Ein zweites quadratisches Loch zeigte sich im Boden, und es war ebenfalls vergittert. Die einzelnen Stäbe schienen jedoch halb durchgerostet zu sein. Mumm kam zu dem Schluß, daß er sie mit mehr oder weniger Mühe aus dem Gestein lösen
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