Wachen! Wachen!
Karotte, der sich die gleiche Frage gestellt hatte.
»Nun, ich kenne keinen Sekr’r«, brummte der Wächter. »Wende dich an Hauptmann Mumm von der Nachtwache.«
Karotte lächelte freundlich. »Wo ist er stationiert?«
»Um diese Tageszeit würde ich es in der Weintraube versuchen, an der Ecke Leichte Straße und Torkelgasse.« Der Mann musterte Karotte von Kopf bis Fuß. »Du willst dich der Wache anschließen, wie?«
»Ich hoffe, mich als würdig zu erweisen«, erwiderte Karotte.
Der Wächter bedachte ihn mit einem Blick, den man als altmodisch bezeichnen kann. Er war geradezu neolithisch.
»Was hast du angestellt?« fragte er.
»Wie bitte?«
»Du mußt irgend etwas angestellt haben«, sagte der Mann.
»Mein Vater schrieb einen Brief«, entgegnete Karotte stolz. »Er hat mich freiwillig gemeldet.«
»Dunnerschlach!« entfuhr es dem Wächter.
E rneut kroch die Finsternis der Nacht heran, und hinter dem gräßlichen Portal:
»Sind die Räder der Qual richtig gedreht?« fragte der Oberste Größte Meister.
Die Aufgeklärten Brüder standen im Kreis und schwiegen.
»Bruder Wachturm?« grollte der Oberste Größte Meister.
»Es ist nicht meine Aufgabe, die Räder der Qual zu drehen«, erwiderte Bruder Wachturm. »Normalerweise kümmert sich Bruder Stukkateur um die Räder der Qual…«
»Nein, das stimmt nicht, meine Pflicht besteht darin, die Achsen der Universellen Zitrone zu schmieren!« entfuhr es Bruder Stukkateur empört. »Du behauptest
immer,
ich sei für die Räder der Qual zuständig, aber das ist glatt gelogen!«
Der Oberste Größte Meister seufzte im Schatten seiner Kapuze, als ein neuerlicher Streit begann. Aus dieser Schlacke sollte er ein Zeitalter der Vernunft schmieden?
»Seid endlich still!« rief er. »Heute abend brauchen wir die Räder der Qual gar nicht. Ihr sollt aufhören! Nun, Brüder, habt ihr euren Auftrag erfüllt und die benötigten Gegenstände mitgebracht?«
Hier und dort erklang bestätigendes Murmeln.
»Legt sie in den Kreis der Beschwörung!« sagte der Oberste Größte Meister.
Es war eine armselige Sammlung.
Bringt mir magische Objekte –
so lautete die Anweisung. Nur Bruder Finger holte etwas Brauchbares unter seinem Umhang hervor, eine Art Altarornament. Der Oberste Größte Meister hielt es für besser, nicht zu fragen, woher es stammte. Er trat vor und stieß einen der anderen Gegenstände mit dem Fuß an.
»Was ist das hier?« fragte er.
»‘n Amulett«, brummte Bruder Verdruß. »Sehr mächtig. Hab’s gekauft. Wirkt garantiert. Schützt vor Krokodilbissen.«
»Und du kannst wirklich darauf verzichten?« vergewisserte sich der Oberste Größte Meister. Die übrigen Brüder kicherten pflichtbewußt.
»Schweigt, Brüder!« Der Oberste Größte Meister drehte sich verärgert um. »Bringt magische Objekte, habe ich gesagt. Keine Kinkerlitzchen und völlig wertloses Zeug! Meine Güte, in dieser Stadt wimmelt’s von Magie!« Er bückte sich. »Bei allen Göttern, was sollen wir denn
damit
anfangen?«
»Es sind Steine«, erklärte Bruder Stukkateur unsicher.
»Das sehe ich. Warum sollen sie magisch sein?«
Bruder Stukkateur zitterte. »Sie haben Löcher, Oberster Größter Meister. Es ist allgemein bekannt, daß Steine mit Löchern drin magisch sind.«
Der Oberste Größte Meister kehrte zu seinem Platz im Kreis zurück und hob die Arme.
»Na schön, in Ordnung, meinetwegen«, sagte er zerknirscht. »Wenn es unbedingt sein muß, begnügen wir uns mit diesen… Dingen. Wenn wir einen nur fünfzehn Zentimeter langen Drachen bekommen, kennen wir
alle
den Grund dafür. Nicht wahr, Bruder Stukkateur? Bruder Stukkateur? Entschuldige, aber ich habe dich nicht verstanden. Was hast du gesagt? Bruder Stukkateur?«
»Ich sagte: Ja, Oberster Größter Meister«, hauchte Bruder Stukkateur.
»Gut. Ich hoffe, dieser Punkt ist jetzt
geklärt.«
Der Oberster Größte Meister griff nach dem Buch.
»Und nun, wenn ihr bereit seid…«, begann er.
»Ähem.« Bruder Wachturm hob zögernd die Hand.
»Bereit wofür, Oberster Größter Meister?« fragte er zaghaft.
»Für die Beschwörung, Mann! Heiliger Himmel, ich dachte…«
»Aber du hast uns noch nicht gesagt, was wir
tun
sollen, Oberster Größter Meister«, klagte Bruder Wachturm.
Der Oberste Größte Meister zögerte. Bruder Wachturm hatte recht, aber das wollte er nicht zugeben.
»Nun, das liegt doch auf der Hand«, erwiderte er. »Ihr müßt eure Konzentration fokussieren. Denkt an Drachen!« übersetzte
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