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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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und Weise beschreiben: Er zeichnete sich durch eine gepflegte, unauffällige Eleganz aus, erweckte immer den Eindruck von zurückhaltender Perfektion. Das galt auch für sein Haar. Es war so glatt und fettig, daß es wie aufgemalt wirkte.
    »Die Wache scheint Probleme mit der Diebesgilde zu haben«, sagte der Patrizier. »Von Puh hat sich gerade darüber beklagt, daß er von einem Wächter verhaftet wurde.«
    »Aus welchem Grund, Herr?«
    »Offenbar warf man ihm vor, ein Dieb zu sein.«
    »Ein Mitglied der
Wache?«
vergewisserte sich der Sekretär.
    »Absurd, ich weiß. Geh der Sache auf den Grund, in Ordnung?«
    Lord Vetinari lächelte selbstzufrieden.
    Und er schmunzelte weiterhin, als er das Erinnerungsbild des zornigen Chefdiebs betrachtete. Nun, es ist nicht leicht, den besonderen Humor des Patriziers zu verstehen.
    Eine von Lord Vetinaris wichtigsten Maßnahmen zum Schutz der Ordnung in Ankh-Morpork bestand darin, daß er gleich zu Beginn seiner Amtszeit die alte Diebesgilde legalisiert hatte. Er hielt das Verbrechen an sich für völlig unausrottbar, und wenn es schon wirklich Kriminalität geben mußte, so wenigstens
organisierte.
    Er ermutigte die Diebe dazu, ihr Leben im Schatten aufzugeben, ein großes Gildenhaus zu bauen, an Festbanketten teilzunehmen und tägliche Ausbildungskurse zu veranstalten, deren Absolventen vom Gildenpräsidenten unterschriebene Abschlußzertifikate bekamen. Als Gegenleistung für eine weniger aufmerksame und tüchtige Wache versprachen die Diebe (sie versuchten dabei, würdevoll zu sein und sich nichts anmerken zu lassen), ein jährlich festgelegtes Verbrechensniveau zu achten. Auf diese Weise konnten alle Bürger der Stadt vorausplanen, meinte Lord Vetinari. Er fügte hinzu, damit sei zumindest ein Teil der Ungewißheit aus dem Chaos des Lebens genommen.
    Wenig später rief der Patrizier die Diebe erneut zu sich und begann: ›Oh, übrigens, ich wollte euch noch etwas anderes sagen. Worum ging es dabei? Ah, ja, jetzt fällt es mir wieder ein…
    Ich kenne euch‹, fuhr er fort. ›Ich weiß, wo ihr wohnt. Ich weiß, welche Pferde ihr reitet. Ich weiß, zu welchen Friseuren eure Frauen gehen. Ich weiß, wo eure entzückenden Kinder spielen, sie werden immer größer, nicht wahr, meine Güte, wie die Zeit vergeht. Nun, ihr vergeßt doch nicht, auf was wir uns geeinigt haben, oder?‹ Und dann lächelte er.
    Die Diebe lächelten ebenfalls, wenn auch ein wenig gezwungener.
    Die Übereinkunft erwies sich als in jeder Hinsicht zufriedenstellend. Es dauerte nicht lange, bis die Obersten Diebe Bäuche bekamen, eigene Wappen erfanden und sich nicht mehr in muffigen Kellern trafen, an denen kaum jemand Gefallen gefunden hatte, sondern in richtigen Gebäuden. Alle Bewohner der Stadt verdienten gleichermaßen die Aufmerksamkeit der Gilde, und ein komplexes System aus Quittungen und Gutscheinen sorgte dafür, daß niemand zuviel bekam. Dies galt als vollkommen annehmbar, insbesondere bei den reichen Bürgern. Sie konnten es sich leisten, der Gilde die hohen Jahresprämien für ein ungestörtes Leben zu bezahlen. Es gab eine fremdartig klingende Bezeichnung dafür:
Fair-sicher-ung.
Niemand wußte, was es mit der letzten Silbe auf sich hatte, aber am Bedeutungsinhalt der ersten beiden Worte bestand kein Zweifel.
    Die Wache erhob den einen oder anderen Einwand, mußte sich jedoch den Tatsachen stellen: Es stand längst fest, daß die Diebe das Verbrechen weitaus besser kontrollieren konnten. Dafür gab es eine einfache Erklärung. Die Wache mußte sich doppelt anstrengen, um das Ausmaß der Kriminalität auch nur ein wenig zu reduzieren; die Gilde erreichte das gleiche Ziel, indem sie einen arbeitsfreien Tag einlegte.
    Ankh-Morpork erblühte, während die Wache einen allmählichen Niedergang erlebte. Sie wurde zu einem nutzlosen Anhängsel, zu einer Gruppe von mehr oder weniger Unfähigen, die niemand ernst nahm.
    Niemand wollte, daß sie gegen Verbrecher vorzugehen begann. Dennoch empfand der Patrizier eine gewisse Genugtuung, als er daran dachte, daß der Gildenpräsident in eine für ihn recht peinliche Lage geraten war.

    H auptmann Mumm versuchte, vorsichtig an die Tür zu klopfen, aber das Pochen hallte ihm trotzdem schmerzhaft laut im Hinterkopf wider.
    »Herein!«
    Mumm nahm den Helm ab, klemmte ihn unter den Arm und öffnete die Tür. Das Knarren und Quietschen der Angeln brannte ihm heiß über die Hörnerven.
    In der Gegenwart von Lupin Wonse hatte er sich noch nie sehr wohl

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