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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Verordnungen der Städte Ankh und Morpork‹ gelesen. In Liebe Euer Sohn Karotte.
    PS. Bitte grüßt Minty von mir.
     

    E s war nicht nur die Einsamkeit, sondern das
umgedrehte
Leben. Daran lag es, fand Mumm.
    Die Soldaten der Nachtwache standen auf, wenn der Rest der Welt unter die Bettdecke kroch, und sie gingen schlafen, wenn das erste Licht des Tages über die Landschaft glitt. Sie verbrachten den größten Teil ihrer Zeit in feuchten dunklen Straßen, in einer Welt der Schatten. Der Nachtwache gehörten Leute an, die aus irgendeinem Grund zu einem derartigen Leben neigten.
    Mumm erreichte das Wachhaus. Es handelte sich um ein altes und erstaunlich großes Gebäude, eingekeilt zwischen einer Gerberei und der Werkstatt eines Schneiders, der verdächtige Lederwaren herstellte. Einst mochte es recht beeindruckend gewesen sein, doch inzwischen war nur noch ein kleiner Teil bewohnbar. In den übrigen Zimmern hausten Eulen und Ratten. Über der Tür hing ein verrostetes Schild, dessen Aufschrift – in der alten Sprache Ankh-Morporks – sich unter einer dicken Patina aus Ruß und Flechten nurmehr erahnen ließ:
    FABRICATI DIEM, PVNC
    Feldwebel Colon hatte als junger Mann weite Reisen unternommen und hielt sich daher für einen Fremdsprachenexperten. Seiner Ansicht nach lautete die Übersetzung: ›Zu schützen und zu dienen.‹
    Ja, früher einmal mußte es etwas bedeutet haben, Wächter zu sein.
    Feldwebel Colon, dachte Mumm, als er ins muffige Zwielicht wankte. Er liebte die Dunkelheit. Seit dreißig Jahren war er glücklich verheiratet, und dieses Wunder verdankte er dem Umstand, daß Frau Colon tagsüber arbeitete, während sich seine eigenen Aktivitäten auf die Nacht beschränkten. Sie verständigten sich mit Hilfe von Zetteln. Feldwebel Colon kochte seiner Frau Tee, bevor er abends das Haus verließ, und sie ließ ihm morgens ein warmes Frühstück im Backofen zurück. Sie hatten drei erwachsene Kinder, und Mumm glaubte, daß ihre Geburt auf eine außerordentlich intensive Zettel-Kommunikation zurückging.
    Korporal Nobbs… Nun, jemand wie Nobby hatte zahllose Gründe, um nicht zu wünschen, von anderen Leuten gesehen zu werden. Ein Blick genügte, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Mumm verzichtete nur deshalb darauf, Nobbs mit irgendwelchen Tieren zu vergleichen, weil er die entsprechenden Geschöpfe nicht beleidigen wollte.
    Und dann er selbst: eine dürre unrasierte Ansammlung schlechter Angewohnheiten, in Alkohol mariniert. Das war sie auch schon, die Nachtwache. Drei Männer. Früher einmal hatte sie aus Dutzenden und Hunderten von Soldaten bestanden, doch jetzt gab es nur noch drei.
    Mumm wankte und stolperte die Treppe hinauf, tastete sich ins Büro, nahm in einem urzeitlichen Sessel Platz – an einigen Stellen quoll das Polstermaterial aus langen Rissen –, zog die unterste Schublade des Schreibtischs auf, griff nach der Flasche, biß in den Korken, zog ihn heraus, spuckte und trank. Damit begann sein Arbeitstag, besser gesagt: die Arbeitsnacht.
    Allmählich gewann die Welt wieder klare Konturen.
    Leben ist ein chemischer Prozeß. Ein Tropfen hier, ein Tröpfchen dort, und alles verändert sich. Einige Kubikzentimeter (oder auch etwas mehr) fermentierte Flüssigkeit genügen, um die nächsten Stunden zu überstehen.
    Als dieser Stadtteil noch anständig und respektabel gewesen war, hatte ein hoffnungsvoller Besitzer der nahen Schenke einem Zauberer viel Geld dafür bezahlt, den Eingang der Taverne mit einer Werbeleuchte zu schmücken. Damals glühte jeder Buchstabe in einer anderen Farbe. Jetzt funktionierte die thaumaturgische Vorrichtung nicht mehr richtig; besonders bei feuchtem Wetter kam es zu häufigen magischen Kurzschlüssen. Derzeit schimmerte das E in einem viel zu grellen Rosarot und blitzte in unregelmäßigen Abständen.
    Mumm hatte sich daran gewöhnt. Es gehörte zu seinem Leben.
    Eine Zeitlang beobachtete er das Flackern am abbröckelnden Mörtel, hob dann den einen Fuß und stampfte zweimal auf den hölzernen Boden.
    Nach einigen Minuten deutete dumpfes Schnaufen darauf hin, daß Feldwebel Colon die Treppe hochkam.
    Mumm zählte lautlos. Colon blieb immer sechs Sekunden lang auf dem obersten Treppenabsatz stehen, um Atem zu schöpfen.
    Sieben,
dachte Hauptmann Mumm, als sich die Tür öffnete. Das Gesicht des Feldwebels erschien wie ein Herbstmond.
    Man konnte Feldwebel Colon folgendermaßen beschreiben: Wenn sich Männer wie er für eine berufliche Laufbahn beim Militär

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