Wachen! Wachen!
werden die gewöhnlichen Ungeheuer immer schnippischer«, sagte jemand anders. »Ich hab da von einem Burschen gehört. Er tötete das Ungeheuer im See, war überhaupt kein Problem, und als er anschließend einen Tentakel über die Tür hängte…«
»Auf solche Prowokazionen sollte man heutzutage besser verzichten«, warf ein dritter Jäger ein.
»Ja. Und wißt ihr, was dann geschah? Die Mutter des erlegten Monstrums kam und beschwerte sich. Sie marschierte geradewegs durch den Flur und
beschwerte
sich. Könnt ihr euch das vorstellen? Eine
Beschwerde!
Man bekommt heute einfach keinen Respekt mehr.«
»Die weiblichen Ungeheuer sind auch besonders schlimm«, verkündete ein anderer Held bedrückt. »Ich habe einmal ‘ne schielende Meduse kennengelernt. Die reinste Katastrophe. Verwandelte dauernd ihre eigene Nase in Stein.«
»
Wir
riskieren dauernd unsere Haut«, sagte der Intellektuelle. »Ich meine, wenn man mir einen Dollar für jedes Pferd gäbe, das unter mir weggefressen wurde…«
»Genau. Fünfzigtausend Dollar? Soll er sein blödes Geld behalten.«
»Ja.«
»Genau. Verdammter Geizhals!«
»Laßt uns was trinken!«
»Gute Idee.«
Die Helden nickten selbstgerecht und marschierten zur
Geflickten Trommel.
Nur der Intellektuelle blieb zurück und trat verlegen auf Mumm zu.
»Was für ein Hund?« fragte er.
»Wie?«
»Was für einen Hund hat der Patrizier?«
»Einen kleinen drahthaarigen Terrier, glaube ich«, erwiderte der Hauptmann.
Der Jäger überlegte einige Sekunden lang. »Ne-nee«, brummte er schließlich und folgte seinen Gefährten.
»Außerdem hat er eine Tante in Pseudopolis!« rief ihm Mumm nach.
Er bekam keine Antwort, hob die Schultern und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Sein Ziel war der Palast des Patriziers…
… in dem Lord Vetinari gerade eine schwierige Unterredung führte.
»Meine Herren«, sagte er scharf, »ich weiß wirklich nicht, was wir sonst noch unternehmen sollten!«
Die versammelten Würdenträger der Stadt murmelten leise vor sich hin.
»Bei solchen Gelegenheiten verlangt die Tradition, daß ein Held erscheint«, erklang die Stimme des Präsidenten der Meuchlergilde. »Ein Drachentöter. Was ich gern wissen möchte – wo ist er? Warum bringen unsere Schulen keine jungen Leute hervor, deren Fähigkeiten für die Gesellschaft nützlich sind?«
»Fünfzigtausend Dollar scheinen kein angemessener Lohn zu sein«, gab der Vorsitzende der Diebesgilde zu bedenken.
»Auch wenn du die Summe für unangemessen hältst – mehr kann sich die Stadt nicht leisten«, sagte der Patrizier fest.
»Und was ist mit Geschäft und Handel?« warf der Repräsentant der Kaufmannsgilde ein. »Es segelt wohl kaum jemand mit einer Fracht aus erlesenen Nahrungsmitteln hierher, um sie dann einfach verbrennen zu lassen.«
»Meine Herren, ich bitte euch!« Lord Vetinari hob in einer beschwichtigenden Geste die Hände und wartete, bis es wieder still wurde. »Ich bin der Auffassung, wir haben es hier mit einem rein
magischen
Problem zu tun. Dazu würde ich gern die Meinung unseres gelehrten Freundes hören. Hmm?«
Jemand stieß den eingedösten Erzkanzler der Unsichtbaren Universität an.
Der Zauberer erwachte verwirrt. »Äh? Was?« brachte er unsicher hervor.
»Wir haben uns gefragt, welche Maßnahmen du gegen deinen Drachen ergreifen willst«, verkündete Lord Vetinari laut.
Der Erzkanzler war alt, aber wer viele Jahrzehnte lang in einer Welt rivalisierender Zauberei überlebte und sich gleichzeitig in den komplexen politischen Irrgärten der Unsichtbaren Universität zurechtfand, verstand sich darauf, innerhalb eines Sekundenbruchteils defensive Argumente zu finden. Man blieb nicht lange Erzkanzler, wenn man derartige Bemerkungen einfach überhörte und zuließ, daß sie ihre destruktive Wirkung entfalteten.
»Mein
Drache?« fragte er.
»Es ist allgemein bekannt, daß die großen Drachen ausgestorben sind«, stellte der Patrizier brüsk fest. »Außerdem zogen sie das Leben auf dem Land vor. Woraus ich den Schluß zog, daß
dieses
Exemplar magi…«
»Mit allem Respekt, Lord Vetinari
…«,
sagte der Erzkanzler. »Es wurde häufig
behauptet,
daß die großen Drachen ausgestorben sind, aber wenn du mir diesen Hinweis gestattest: Angesichts der jüngsten Ereignisse muß diese Theorie in Zweifel gezogen werden. Was den Lebensraum betrifft… Es handelt sich schlicht und einfach um eine Veränderung des üblichen Verhaltensmusters, hervorgerufen von der Ausdehnung urbaner
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