Wachgeküßt
die entzückten Verwandten einem Neugeborenen. Einem der Mädels aus der Rechnungsabteilung zufolge ist er zur Zeit das In-Lokal schlechthin, bis zum Rand voll mit schnuckeligen Männern. Er quillt geradezu über vor Testosteron und vor berstenden Brustmuskeln. Wo man hinsieht, Waschbrettbäuche und Knackärsche in Hülle und Fülle...
Ich bin ganz schön aufgeregt.
Ich bin überrascht, was für einen Einfluß der Gedanke an muskulöse Männerkörper mittlerweile auf mich hat.
Das Planet Sex wird seinem frevelhaften Namen gerecht. Es ist nicht von dieser Welt. Ein Alien-Raumschiff, das auf der Erde gelandet ist, ein außerirdisches Gebäude, das im Rhythmus der Musik pulsiert, das von seltsam gekleideten Körpern erbebt, die in einer Art fremdartigem Ritual zum Beat zucken und sich aneinanderreiben.
Ich brauche gar nicht viel zu trinken, die Atmosphäre allein macht schon high. Die Menge drängt mich auf die Tanzfläche, und ich bin entzückt darüber, daß ich mich daran erinnern konnte, wie man tanzt. Was für ein Rhythmus!
Mit einem ausgelassenen, fröhlichen Jauchzen und dem Enthusiasmus eines olympischen Tauchers, der sich in die Fluten stürzt, stürze ich mich in den Beat.
Das Beste aber ist, daß Kate aus der Rechnungsabteilung recht hatte. Dieser Club ist ein Himmel voller Männer, randvoll mit Leckerbissen, die geradewegs von einem Gaultier-Laufsteg entsprungen sein könnten.
Erica befindet sich, metaphorisch gesehen, in einem Riesenpott Mousse au Chocolat, ausgestattet mit einem großen Löffel und einem noch größeren Appetit. Mason ist nur noch eine entfernte, schwache Erinnerung – die Betonung liegt auf schwach -, wie sie da so über die Tanzfläche wirbelt und anfängt, in Richtung eines Zwillingspaars zu grooven, das schön genug ist, um neben uns eine kleine Sensation auszulösen, und das in aufeinander abgestimmten, knappen, silbernen Bodys im Synchronstil abtanzt.
Jude, an deren schmeichelhaftem Körper ein spinnennetzartiges Kleid von Issey Miykake wie angegossen sitzt, schlüpft hinter mich, legt mir die Hände auf die Schultern und paßt sich dem Rhythmus an. Sie wirft den Kopf nach rechts, und das lange, dunkle Haar, das zu Hunderten von Rastazöpfen geflochten ist, fällt über ihren Rücken wie ein ausgefasertes Seil.
»Dreh dich nicht gleich um, aber da drüben ist ein echt süßer Typ, der seine Augen seit zehn Minuten nicht von dir gelassen hat. Nicht gucken, hab ich gesagt!« quietscht sie, als ich mich sofort umdrehe.
Ich drehe den Kopf schnell wieder zurück und sehe meine Freundin an, die heimlich über meine Schulter lugt, während sie so tut, als wären wir in ein Gespräch vertieft.
»Er guckt immer noch«, teilt sie mir mit.
»Wie sieht er aus?«
»Hab ich doch schon gesagt... süß.«
»Ja, aber ist er süß und blond, süß und dunkel oder was?«
»Oh, äh, sorry. Kurze Haare, so mittel- bis dunkelbraun, schwer zu sagen bei dem Licht, mittelgroß, nettes Gesicht... sehr nettes
Gesicht. Sieht ein bißchen wie George Clooney aus...«
»Echt?« frage ich und kann nicht glauben, daß jemand, der auch nur ein bißchen wie George Clooney aussieht, sich für mich interessieren könnte.
»Echt«, versichert Jude mir, und ihre Stimme klingt irgendwie panisch. »Und er kommt auf uns zu...«
»Er kommt auf uns zu?!?«
Jude nickt eifrig.
»Alex?« Der George-Clooney-Doppelgänger, der bei näherer Betrachtung gar nicht so George-mäßig aussieht, aber trotzdem ganz süß ist, steht plötzlich vor mir.
Er kommt mir bekannt vor.
»Du bist doch Alex, oder?«
Ich nicke.
»Alex.« Er hält mir die Hand hin. »Ich meine, ich bin der andere Alex – Alex Pinter. Wir haben uns im Oasis kennengelernt. Ich arbeite mit Laurence Chambers zusammen.«
Also, das ist eine Nacht, die ich mit einigem Erfolg aus meinem Gedächtnis gestrichen habe, wie ich nicht ohne Stolz behaupten kann. Dennoch erinnere ich mich an Alex Pinter, und ich erinnere mich auch daran, daß ich ihn ziemlich sexy fand.
Er lächelt mich an. Ein nettes Lächeln, es erinnert an Jake: freundlich, sexy, mit einem Anflug von einem Lachen und gleichzeitig mit sympathischen Fältchen um die Augen.
Ich habe mich geirrt. Er ist nicht nur ziemlich sexy, er ist SEHR sexy.
»Ich bin überrascht, daß du dich an mich erinnerst«, antworte ich leicht verschüchtert.
Emma bleibt vor Bewunderung der Mund offen stehen, als sie ihn ansieht. Selbst Erica, die immer noch im glitzernden, silbernen Zwillingshimmel
Weitere Kostenlose Bücher