Wachgeküßt
räkelt die schlanken Arme so über dem Kopf, daß ihr lose sitzendes Top bis über die Taille hochrutscht.
»Mein Gott, was bin ich fertig. Das muß der Jet Lag sein.«
Aha. Dachte ich’s mir doch. Mason hat sie tödlich gelangweilt, und das ist jetzt ein Wink für Schwesterherz, ihr zu Hilfe zu eilen und sie verdammt noch mal loszueisen.
»Ich hole unsere Jacken, dann können wir gehen, wenn du willst.«
»Mason holt mir meine gerade.« Sie lächelt mich mehr als verlegen an. »Er bringt mich nach Hause. Das stört dich doch nicht, oder?«
Ich versuche, nicht zu lange zu zögern. »Nein, aber leg den Sicherheitsgurt nicht an. Der stört bei der Flucht.«
Verwirrt lächelt sie mich an, bevor ein überaus aufmerksamer Mason sie ablenkt, indem er ihr die Jacke um die Schultern legt.
»Ooooh, wie galant von dir.« Sie lächelt ihn einladend an.
Brrr! Ich kann nicht einfach hier stehen und mit ansehen, wie meine Schwester tatsächlich mit diesem Mr. Bombastic flirtet. Ich umarme sie ein letztes Mal, so als wäre sie auf dem Weg zum Galgen, dann kehre ich zu den anderen an der Bar zurück.
»Ich brauch noch was zu trinken.« Ich lasse mich neben Ems auf den Sitz fallen und blicke säuerlich in mein leeres Glas.
»Wieso? Weil Erica da Erfolg hatte, wo du versagt hast?« »Das ist doch lächerlich!« schnaube ich verächtlich. »Versagt? Ich? Ich hätte ihn haben können, wenn ich nur gewollt hätte. So.« Ich schnippe mit den Fingern. »Locker. Ich wollte eben nicht.«
Emma grinst wie ein Honigkuchenpferd.
»Super!«
»Was?«
»Jetzt hast du dich genau wie ein Typ angehört. Weißt du, ich glaube, allmählich bist du auf dem richtigen Weg. Siehst du den knuffigen Kerl dort drüben? Du bist ja anscheinend gerade in Macholaune, also warum gehst du nicht einfach mal rüber und fragst ihn, was er von einem Quickie auf dem Parkplatz hält?«
Verzweifelt lasse ich die Stirn auf die Tischplatte sinken.
8
Mason läuft meiner Schwester hinterher wie ein kleines Hündchen. Meiner Meinung nach ist er verliebt. In Sachen Hartnäckigkeit hat er zehn von zehn möglichen Punkten verdient. Eigentlich ist es ja ganz nett, einen so verzweifelt anhänglichen Mann zu sehen, aber schließlich fällt mir ein Weg ein, Erica zu überreden, ihre Wahl noch einmal zu überdenken.
Ich mache ihr einfach klar, daß ihr jeder andere männliche Augenschmaus entgeht, den unsere wundervolle Hauptstadt zu bieten hat, wenn sie all ihre Zeit in London mit Mason verbringt. Sie würde ja auch nicht in ein einziges Geschäft gehen und das erstbeste Kleid kaufen, das sie entdeckt, oder?
Erica sieht die Logik meines Arguments ein und schafft es, Mason für einen Abend abzuschütteln, um mit uns Mädels einen draufzumachen, das heißt mit mir, Emma, Serena und Jude, einer alten Schulfreundin von Ems und mir, die für das Wochenende aus dem Norden zu Besuch gekommen ist.
Wir haben alle irgendwelche Sachen von Erica an, bis auf Erica selbst, die aus unerfindlichem Grund ihre Klamotten mit Jude getauscht hatte, kaum daß diese in Emmas Haus eingetroffen war. Ich habe mir das verdammt schnuckelige Kleid von Moschino geschnappt, mit dem ich schon geliebäugelt habe, seit Erica mit ihren zum Bersten vollen Koffern hier eingetroffen ist. Es ist eine wahre Wucht, schwarz und nicht nur figurbetont, sondern auch figurformend. Wie das Ganzkörpergegenstück zu einem Wonderbra. Ich mußte mich mit Serena und Emma darum streiten, aber da Erica meine große Schwester ist, habe ich erfolgreich
meine Beziehungen spielen lassen, bevor die anderen ihre Krallen ausfahren konnten.
Serena hat sich für ein enganliegendes Paillettenkleid von Gaultier entschieden, in dem sie sensationell aussieht, und Emma hat sich das Galliano-Modell geangelt, das meine zweite Wahl gewesen wäre, wenn meine Krallen sich als nicht scharf genug erwiesen hätten. Die internationale Kosmetikfirma, bei der Erica als Kreativdirektorin arbeitet, hat uns für den Abend mit Make-up versorgt, und – um ganz ehrlich zu sein – das Wort »Glamour« hat durch uns eine neue Dimension! Wenigstens finden wir das, und wie man sich fühlt, so sieht man auch aus, was einen weitaus größeren Anteil an dem Spielchen hat als die Tatsache, wie man wirklich aussieht.
Das Oasis steht heute abend definitiv nicht auf unserem Programm. Wir wollen frische Jagdgründe testen, und zwar einen neuen Club im Westen, dem die Londoner Nachtschwärmer wahrscheinlich genausoviel Aufmerksamkeit entgegenbringen wie
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