Wachgeküßt
betrifft – laß die Finger davon! Er hat dein Sexualleben in den letzten fünf Jahren schon genug behindert.«
»Zu schade, daß du in deinem ganzen Leben nur mit einem einzigen Mann zusammen warst«, sinniert Ren. »Das bedeutet, daß du überhaupt nicht weißt, was du alles verpaßt.«
»Ich dachte immer, Monogamie ist zur Zeit total in?« brumme ich düster, kippe hastig mein zweites Glas runter und denke schon an ein drittes. »In diesem Fall bin ich zur Abwechslung mal auf der Höhe der Zeit.«
»Soweit ich weiß, nicht. Du weißt doch genau, was dir fehlt. Dir fehlt das Flirten und ein paar heiße Affären. Vergiß die Gefühle. Geh einfach aus, such dir jemanden, der dir gefällt, und verfall in einen Rausch bedingungsloser Leidenschaft.«
»Was! Soll ich etwa nur wegen Sex mit einem Mann schlafen?«
»Warum nicht? Männer machen das ständig.«
»Aber ich kann nicht mit jemandem schlafen, den ich nicht kenne und den ich nicht liebe.«
»Männer machen das ständig«, wiederholt Serena. »Wenn sie eine Frau entdecken, deren Körper attraktiv genug ist und der ihre männlichen Hormone ankurbelt, dann legen sie einfach los, ohne sich mit der Frage nach Liebe und Eignung aufzuhalten.«
»Aber das Problem ist, daß Frauen stärker geistig stimuliert werden wollen. Da mag einer der erotischste Typ sein, den ich je gesehen habe, wenn wir uns nicht verstehen oder wenn er ein Trottel ist, dann törnt mich das nicht an.«
»Woher weißt du das? Hast du es schon mal versucht?«
»Na ja, nein... noch nicht. Weißt du, in der Beziehung war ich ein Spätzünder...«
»Dann verurteile es nicht, bevor du es nicht ausprobiert hast. Wir leben in den Neunzigern, Lex. Das heißt, Frauen haben heutzutage genauso ein Anrecht auf ihren Sexualtrieb wie Männer.«
»Das Problem ist nur... Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich überhaupt einen... einen Sexualtrieb habe.«
»Du hast einfach mit dem falschen Mann geschlafen.« Emma wühlt in ihrer Tasche, zieht ein Päckchen Marlboro Lights heraus und bietet uns beiden eine an. »Glaub mir, Baby, den hat jeder.«
»Du brauchst nur den Richtigen, um herauszufinden, wie es damit steht.« Serena lehnt die Zigarette ab, nickt aber zustimmend.
Emma hält ihre Zigarette an die Flamme des Feuerzeugs und inhaliert tief. »Du weißt ja, die Hälfte der Zeit erzählt Ren dummes Zeug.«
»He!« spöttelt Serena eingeschnappt.
»Und ob«, fährt Emma fort. »Das ist eine Tatsache. Aber in einem Punkt hat sie recht, Alex. Du warst verdammt lange mit Max zusammen. Ihr zwei habt nie richtig zusammengepaßt, aber
du bist bei ihm geblieben, getrieben von was auch immer... von der Angst vielleicht oder von dem Bedürfnis nach Sicherheit. Jedenfalls ist es an der Zeit, daß du anfängst zu leben. Du mußt lockerer werden, fang ein paar Affären an, wie Ren schon sagte. Du mußt lernen, Spaß zu haben, dich zu amüsieren.«
»Ihr erwartet doch nicht von mir, über Nacht von frigide auf freizügig umzuschalten, oder?« frage ich sie ungläubig.
»Du bist doch nicht frigide. Hat Max das behauptet? Himmel, Alex, auf diesen Blödmann solltest du nicht hören. Du mußt dir nur jemanden suchen, der zu dir paßt – in sexueller Hinsicht.«
»Und wie soll ich das anstellen?«
»So schwierig ist das gar nicht. Wir teilen diesen Planeten mit einer relativ großen Anzahl von Personen des anderen Geschlechts, weißt du? Sieh dich nur mal um. Hier wimmelt es von Männern. Die ganze Stadt ist voll davon. Es muß dir doch jemand einfallen, den du angesehen und dann sofort gedacht hast: Wow! Gegen den hätte ich nichts einzuwenden.«
»Äh... nee, da fällt mir spontan niemand ein.«
»Kennst du denn niemanden, der dir gefällt?« Ren sieht mich höchst erstaunt an.
»Tom Cruise?« schlage ich vor.
»Da kannst du lange warten, Alex«, lacht Ems. »Gibt’s denn auf der Arbeit niemanden?«
»Du meine Güte! Ich arbeite mit einem Haufen von Schleimern zusammen, das weißt du genau.«
»Was ist denn mit Lucian, eurem Boten?« Ren sabbert vor Begeisterung fast in ihren Drink. »Letztes Mal, als ich dich zum Mittagessen abgeholt habe, ist er in dieser engen, schwarzen Radlerhose durchs Büro gewedelt.«
»Lucian?« Ich muß husten, verschlucke mich, und der Wodka landet in meiner Lunge.
»Jetzt tu nicht so schockiert. Man weiß doch nie, was hinter der Fassade steckt. Dieser bezaubernde Muskelprotz ist vielleicht
nicht in der Lage, in acht verschiedenen Sprachen über Proust, Faust oder das
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