Wachgeküßt
der wahre Max.«
»Willst du damit sagen, daß alles, was wir miteinander erlebt haben, nur eine Täuschung war?«
»Nein... natürlich nicht. Aber es ist um vieles einfacher, alles Schlechte zu verdrängen und sich in eine rosarote Traumwelt zu flüchten, die es so nie gegeben hat. Endlich hat er sein wahres Gesicht gezeigt. Vergiß nicht, daß du ihn verlassen hast, und vor allem nicht, warum du es getan hast.«
»Das macht er nur, um mich zu ärgern. Er will’s mir zeigen. Arme kleine Alex, die es nicht mal zu einem Date bringt, geschweige denn zu einer Heirat.«
»Nicht bringt oder nicht bringen will?«
»Was nicht bringen oder bringen wollen?«
»Ein Date, du Dummerchen. Du könntest jede Nacht ausgehen, wenn du wolltest.«
»Ja, mit Deppen, Schwachköpfen und Asozialen!«
»Na und? Was soll’s, wenn du dich mit einem Deppen triffst? Wenigstens würdest du ihn nur treffen. Madeleine Hurst heiratet einen!«
Ich kann ein Kichern nicht unterdrücken.
»So gefällst du mir.« Ems gießt mir Wein nach. »Wer weiß, dein Lächeln kehrt vielleicht schon bald zurück.«
»Würde ein entschuldigendes Lächeln es fürs erste auch tun? Ich war in letzter Zeit unerträglich, oder?«
»Nur in letzter Zeit?« Emma verdreht die Augen und nimmt einen ordentlichen Schluck Wein.
»Weißt du, ich wünsche mir, es gäbe einen Weg, wie ich zu ihm zurückkehren könnte.« Ich kippe Theos billigen Weißen und erhöhe so damit meinen sowieso schon beträchtlichen Alkoholpegel.«
»Das ist doch kindisch.«
»Ich weiß, aber dann würde ich mich besser fühlen.«
»Ach, wie nach der Attacke auf seinen Fernseher oder den diversen Löchern in der Badewanne?« fragt Emma spitzbübisch.
Ich werde knallrot.
»Ich? Ich soll vorsätzlich das Eigentum eines anderen beschädigt haben?« Ich spiele die zu Unrecht Verdächtigte. »So etwas würde ich niiieee tun.«
»Weißt du, Verbitterung macht eigentlich immer nur demjenigen zu schaffen, der sie empfindet«, philosophiert Ems salbungsvoll. »Wenn Max das nur macht, um dir etwas zu beweisen, dann ist er ein verdammter Idiot, denn letztlich sind die einzigen, die darunter zu leiden haben, nur er selbst und Madeleine.«
»Hm, Jem hat so ziemlich das gleiche gesagt.«
»Wie auch immer«, fährt sie fort, »wenn er es wirklich nur macht, um dir eins auszuwischen, dann ist es am gescheitesten, ihm zu beweisen, daß sein Plan so nicht funktioniert.«
»Und wie soll ich das deiner Meinung nach anstellen?«
Emma greift nach einer Zeitschrift, blättert bis zur Seite mit den Leseranfragen und zieht ein Stück Papier heraus, das dort steckt.
»Abgelegt unter der Rubrik Lebenshilfe, damit es nicht verlorengeht.« Sie grinst und reicht mir das Blatt. Es handelt sich um eine Papierserviette aus einem gewissen italienischen Restaurant, welches wir bekanntermaßen frequentieren. Darauf ist in einer Mischung aus Emmas und Serenas Handschrift etwas gekritzelt, eine Liste mit dem Titel >Wir schlagen zurück<.
»Du mußt ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen, Lex.«
Einen derartigen Marathon des Sich-in-Schale-Werfens habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr mitgemacht. Die Musik ist voll aufgedreht, der Alkohol fließt in Strömen, in der Luft liegt der leicht versengte Geruch erhitzter Lockenwickler und der berauschende Duft einer Mixtur aus drei verschiedenen Parfüms, im ganzen Raum verteilt liegen Kleidungsstücke, und Serena stolziert in ihrem achten Outfit umher.
»Das erinnert mich daran, wie ich mit sechzehn war«, sage ich, spitze vor dem Handspiegel die Lippen und ziehe die Wangen ein, um Rouge aufzutragen. Ich runzele die Stirn, als ich dabei einige Fältchen unter den Augen entdecke, die ich vorher noch gar nicht richtig wahrgenommen hatte.
»Als du sechzehn warst, war ich erst zwölf.« Serena bewundert ihre schlanke Figur in dem großen Spiegel.
»Verpiß dich, Serena!« Ich versuche, die Falten zu ignorieren und mich auf den attraktiveren Teil meiner Gesichtszüge zu konzentrieren.
»Als ich sechzehn war, war ich dünn«, stöhnt Emma und kneift sich in die Oberschenkel. »Und ich glaubte noch, daß Zellulitis eine Art fettarmer Brotaufstrich ist!«
Volle Lippen, recht hübsche Wangenknochen, große, braune Augen, die – wie mir einst ein betrunkener Verehrer sagte – sehr
schön sind. Gar nicht schlecht für eine alte Schachtel, zumindest in einem dunklen Raum und unter Wahrung der größtmöglichen Distanz zu unserer bezaubernden Ren!
»Geht das hier?« Serena
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