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Wachgeküßt

Wachgeküßt

Titel: Wachgeküßt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Harvey
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weil
mein Haß sich auf einen einzelnen Mann bezogen hätte), und trotz meiner vor Begeisterung überschäumenden Freundinnen, die immer noch darauf brennen, Jems Hitliste umzusetzen in unseren persönlichen, durchaus realen Wettbewerb, trotz dieser Tatsachen wäre der Stein wohl nicht ins Rollen gekommen, wenn mir ein kleines Vögelchen – genauer gesagt, ein großer, dicker, fetter Brummer, der einem im Vorbeifliegen ordentlich auf den Kopf scheißt und sogar mit dem Schnabel nach einem hackt -, wenn so ein Vögelchen mir nicht auf denkbar unspektakuläre Art und Weise eine denkbar spektakuläre Neuigkeit ins Ohr gezwitschert hätte.
    Das Leben geht weiter, nun schon seit genau einem Monat und zwei Wochen. Ich bin zu dieser Erkenntnis gelangt, aber es war ein harter Kampf, so als würde man sich durch knietiefen Schlamm vorwärtsarbeiten. Es kommt mir nicht länger komisch vor, jeden Morgen allein in Emmas Gästezimmer aufzuwachen, aber ich bin immer noch etwas aus dem Gleichgewicht, wie eine ausgerenkte Schulter.
    Das Vögelchen – in Gestalt meines Bruders – verkündet die Botschaft ganz >zufällig< und im Vorbeigehen, während ich in seiner Küche versuche, ein Abendessen zustande zu bringen. Ich bin gerade dabei, ein Stück Rindfleisch flach zu klopfen. Dazu schlürfe ich Burgunderwein und mache mir Gedanken darüber, daß mein Bruder dafür, daß er ein so miserabler Koch ist, eine erstaunlich große Anzahl an Küchengeräten besitzt. In dem Moment rückt er mit der Neuigkeit heraus, als würde er mir mal eben mitteilen, daß er gehört hat, der Kaffeepreis bei Co-op sei in der letzten Woche um zwei Pence oder so gestiegen.
    »Was macht Max?« kreische ich meinen Bruder völlig ungläubig an.
    Jems Haltung signalisiert: >Bitte bring den Boten nicht mit dem Hackbeil um<.
    »Du hast richtig gehört«, wimmert er und beäugt nervös den
Holzhammer in meiner geballten Faust. Er wünscht sich wohl, er hätte es mir nach dem Essen erzählt, nachdem ich schon ein paar Gläser Wein getrunken hätte und nicht gerade dabei wäre, zwei Stücke Fleisch mit dem Holzhammer zu attackieren.
    »Ich hab’s gehört, aber ich habe mich wohl verhört.«
    »Glaub mir, es ist wahr.«
    »Ein Haufen Schwachsinn, das ist es!« brülle ich und attackiere das Steak erneut, aber mit doppeltem Eifer. Schwing, klatsch. Der Holzhammer zerquetscht das Fleisch und knirscht auf Jems Schneidebrett.
    »Ich weiß, daß das Scheiße ist, Alex...«
    Schwing, klatsch.
    »... Max ist wirklich unmöglich...«
    Schwing, klatsch.
    »... Das Rind war bereits tot, Alex!«
    Ich halte inne, seufze und lehne die Stirn auf den Stiel des Hammers, so daß sich ein kleiner, roter Abdruck auf meiner Haut bildet.
    »Du hast ja recht. Ich sollte mich nicht an dir oder dem Essen vergreifen.«
    Auch Jem seufzt, offensichtlich erleichtert.
    »Ich sollte mich statt dessen an diesem fiesen, dreckigen, stinkenden, gemeinen Kriechtier von einem Arschloch, der mein Ex war, vergreifen!« Ich dresche mit dem Holzhammer drauflos wie ein Metzgersjunge auf dem Jahrmarkt, der seine Muskeln an einem >Hau den Lukas!< erproben will. Kein Glöckchen bimmelt, als das Steak schließlich den Geist aufgibt und in zwei Teile zerfällt. Die eine Hälfte rutscht vom Brett und fällt auf den Boden, die andere Hälfte schießt davon und bleibt an der frisch gestrichenen Wand kleben.
    Jem greift hastig nach dem Wein. Ich weiß nicht, ob er die Flasche an der Arbeitsplatte zerschlagen und sie zur Selbstverteidigung benutzen oder mir nur nachschenken will.

    Letzteres ist der Fall, er reicht mir ein Glas Cabernet Sauvignon von der Größe eines Goldfischglases.
    »Du solltest dir das nicht zu sehr zu Herzen nehmen, Lex. Genau das will er wahrscheinlich erreichen.« Er nimmt mir den Fleischklopfer aus der Hand und dirigiert mich zu einem Stuhl. »Du solltest da drüberstehen. Du willst ihn doch gar nicht zurück, oder?«
    »Nein«, sage ich ziemlich überzeugt.
    »Wo liegt dann das Problem?«
    »Aber...«
    »Nein«, unterbricht mich Jem. »Kein aber. Max heiratet...«
    Da. Er hat es wieder gesagt. Max heiratet. Mein Max! Nein, das nicht. Er ist nicht mehr >mein< Max. Ganz bestimmt nicht, denn dieser Arsch wird heiraten! Und vor sechs Wochen hat er mich noch gebeten, zu ihm zurückzukehren.
    »Wenn man sich so schnell zu so einem bedeutsamen Schritt entschließt, dann garantiert aus den falschen Gründen«, fährt Jem fort. »Denk mal drüber nach. Wahrscheinlich endet es damit, daß sich die

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