Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wachgeküßt

Wachgeküßt

Titel: Wachgeküßt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Harvey
Vom Netzwerk:
Wandschrank, nimmt wieder Platz und hält mir die Keksdose hin.
    »Okay. Leg los. Ich bin ganz Ohr.«
    »Der neue Boß...«, keuche ich.
    »Ja, so weit waren wir schon mal.«
    Ich werfe ihr einen strafenden Blick zu, und sie verfällt in ein halbwegs schuldbewußtes Schweigen.
    »Das ist der Typ, mit dem ich... na ja... du weißt schon... nicht letzte Woche, aber die Woche davor... der Typ, mit dem...«
    »... du wahnsinnig leidenschaftlichen, traumhaften Sex hattest?« Wieder scherzt sie und merkt gar nicht, daß sie den Nagel mit einem wohlgezielten Schlag auf den Kopf getroffen hat.
    »Ja, ähm, genau«, antworte ich matt.

    »Echt?« Sie glotzt mich verwirrt an.
    Ich nicke und nage vor Aufregung an meiner Unterlippe.
    »Wie ist das möglich?«
    »Weiß ich doch nicht!« kreische ich. »Künstlerpech, Murphys Gesetz, irgendein Schwein da unten hat es auf mich abgesehen! Ich weiß es nicht, aber er ist es!«
    »Komm zurück, Rodney, wir verzeihen dir«, stößt Emma ungläubig hervor. Der Kessel pfeift, und sie wirft Teebeutel in Tassen und gießt heißes Wasser hinein.
    »Was soll ich nur machen?« Ich versuche, drei Kekse auf einmal in den Mund zu stopfen.
    Sie hält einen Moment inne.
    »Mußt du denn etwas machen?«
    »Natürlich muß ich«, nuschele ich mit vollem Mund und kaue wie wild. »Ich kann nicht mit ihm im selben Büro arbeiten. Ich muß kündigen!«
    »Jetzt sei nicht so melodramatisch!«
    »Ich war mit meinem Boß im Bett, Emma«, sage ich langsam und betont, so als wollte ich es einer Zweijährigen erklären. »Zugegeben, damals wußte ich ja nicht, wer er war, aber die Tatsache bleibt, daß ich mit dem neuen Chefredakteur im Bett war. Was wird jetzt aus mir?«
    »Vielleicht wirst du befördert?« stichelt Ems. »Komm schon, Lex«, redet sie dann auf mich ein, weil ich den sterbenden Schwan spiele und das Gesicht auf den Tisch lege. »So schlimm ist das auch nicht... Schon so viele Leute haben mit ihrem Chef geschlafen. Wenigstens war’s nicht Rodney.«
    Sie setzt sich wieder und reicht mir eine Tasse Tee.
    Ich eise mein Gesicht vom Tisch los und fange an, gut acht Löffel Zucker aus der getöpferten Zuckerdose in meinen Tee zu schaufeln.
    Emma beobachtet mich und den Zuckerlöffel wortlos und schüttelt verzweifelt den Kopf.

    »Das tut gut nach einem Schock«, murmele ich verdrießlich. »Warum? Warum muß das ausgerechnet mir passieren?«
    »Von allen Zeitungen in der ganzen Welt kommt er ausgerechnet zu meiner.« Ems’ matte Humphrey-Bogart-Imitation ist ein mißlungener Versuch, mich zum Lachen zu bringen. »Vielleicht tröstet es dich, daß es für ihn wahrscheinlich genauso unangenehm war. Was hat er gesagt, als er dich gesehen hat?«
    »Er hat gar nichts gesagt. Er hat einfach so getan, als würde er sich nicht an mich erinnern, so als ob es nicht wahr wäre, daß wir über zwei Stunden damit verbracht haben, uns gegenseitig auf den Höhepunkt sexueller Erregung zu katapultieren. Aber vielleicht war das für ihn ja gar nicht so außergewöhnlich wie für mich.« Ich schniefe laut.
    »Aha. Jetzt kommen wir der Sache schon näher«, sagt Ems sachkundig.
    »Wie bitte?«
    »Das eigentliche Problem. Jetzt kommen wir zu seiner Wurzel.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Du bist doch nicht so aufgebracht, weil dieser Kerl sich als dein Chef entpuppt hat. Du bist aufgebracht, weil er beschlossen hat, so zu tun, als hätte das, was für dich die wohl bedeutendste Nacht deines ganzen bisherigen Sexlebens war, gar nicht stattgefunden.
    »Das stimmt doch überhaupt nicht«, grolle ich und merke plötzlich, daß es doch stimmt. Wenigstens zum Teil.
    »Ach, Ems, was soll ich denn nur tun?«
    »Du könntest um eine Wiederholung bitten.« Sie grinst breit.
    »Ha ha, sehr witzig!«
    »Warum spielst du dann nicht das gleiche Spiel wie er?«
    »Und was soll das sein? Mensch-ärgere-dich-nicht, Scrabble, Dame?«
    »Also, wer macht jetzt hier Witze? Ich meine ja nur: Wenn er
so tut, als hätte es nicht stattgefunden, dann solltest du vielleicht seinem Beispiel folgen und es genauso machen. Das ist wahrscheinlich der beste Weg. Streich es aus deinem Gedächtnis, und fang wieder von vorn an.«
    »Mmmm.« Ich denke nach. »Vielleicht hast du recht.«
    Das Problem besteht einzig und allein darin, daß ich die Ereignisse nicht einfach aus dem Gedächtnis streichen kann, weil sie in Technicolor und Breitwandformat in mein Gehirn eingebrannt sind.
    »Vergiß einfach, daß es jemals passiert ist, das ist der beste

Weitere Kostenlose Bücher