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Wachgeküßt

Wachgeküßt

Titel: Wachgeküßt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Harvey
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Lösung etwas subtiler sein sollte. Die Bettwäsche war meine unmittelbare Rache. Es mag so aussehen, als hätte ich mich ins eigene Fleisch geschnitten, da sie ursprünglich mir gehörte, aber ich bin sicher, daß es Max mehr verletzen wird als mich, da er gezwungen sein wird, ein wenig Hausarbeit zu verrichten, wenn er zurückkommt. Für Max ist Hausarbeit nicht nur dreckige Arbeit, Hausarbeit ist ein Schimpfwort. Frauenarbeit. (Ja, so hat er es mal genannt. Nein, ich weiß auch nicht, warum ich es so lange mit ihm ausgehalten habe.)
    Mir ist klar, daß ich etwas Subtileres brauche, wenn ich echte Rache will, nicht so etwas Unmittelbares, und vor allem darf es nicht nachvollziehbar sein, wer der Täter war – im Falle einer Strafverfolgung.
    Ich hole Max’ Akkubohrmaschine aus dem Regal unter der Treppe, wähle den feinsten Bohrer aus der Reihe, und es gelingt
mir, damit ein klitzekleines Loch in die Badewanne zu bohren. Stehend betrachte ich mein Werk. Man kann das Loch kaum sehen. Wenn man es nicht wissentlich suchen würde, würde man es gar nicht bemerken. Der Blick würde darüber hinweggleiten, und man könnte denken, daß es sich um einen Dreckspritzer handelt, der der wöchentlichen Reinigung mit Scheuermilch entgangen ist. Wenn man bedenkt, daß ich hier die einzige bin, die Scheuermilch benutzt hat, dann sieht es so aus, als gäbe es demnächst jede Menge Dreckspritzer, die das Ganze kaschieren.
    Um sicherzugehen, lasse ich die Wanne mit kaltem Wasser vollaufen, dann packe ich den Rest meiner Sachen zusammen. Als ich eine Stunde später ins Badezimmer zurückkomme und die Seitenverkleidung aufgeregt und nervös zitternd abmache, werde ich mit dem Anblick eines kleinen, feuchten Flecks belohnt, der sich allmählich auf den Brettern bildet, auf denen die Wanne steht. Pünktlich in diesem Moment bildet sich ein Tropfen, gleitet zu der engen Spalte zwischen den Brettern und flutscht hindurch.
    Direkt unter dem Bad liegt das frisch renovierte Wohnzimmer. In einer Ecke thront auf den polierten Holzdielen Max’ ganzer Stolz, sein ein und alles: der Breitbildfernseher. Nichts liebt er mehr, als sich auf dem Sofa niederzulassen, ein Glas Wein in der einen Hand, die Fernbedienung in der anderen, und die Videomitschnitte von jedem einzelnen Fernsehauftritt, den er je hatte, anzuschauen.
    Diese eine, große Liebe seines egoistischen, lächerlichen Lebens steht direkt unter der Badewanne – oder sollte ich vielleicht sagen, unter der neuerdings lecken Badewanne?
    Das meine ich. Das Geheimnis liegt im Detail.
    Nur um sicherzugehen, sozusagen, um die Sache ins Rollen zu bringen, trabe ich – ein bösartiges Grinsen auf dem eben noch so elenden Gesicht – vergnügt nach unten, überzeuge mich, daß der Stecker des Fernsehers herausgezogen ist und wühle erneut in Max’ Werkzeugkiste. Mit einer Drahtschere bewaffnet tauche ich
wieder auf, montiere die Rückwand des Gerätes ab und trenne fröhlich einige harmlos aussehende, kleine Kabel durch. Dann baue ich alles wieder zusammen, stelle den Stand-by-Modus ein, wie Max es immer macht, packe meine Sachen zusammen und gehe.
    Mitten auf dem kurzen Gartenweg mache ich kehrt und werfe zum Zeichen meines endgültigen Fortgangs meinen Schlüssel in den Briefkasten. Dann tänzele ich zu meinem wartenden Auto, packe den letzten Karton in den Kofferraum, schließe die Klappe mit dem Schuhabsatz und fahre ab, wobei ich »Auf in den Kampf, Torero« vor mich hin pfeife.
     
    In ihrem Haus wartet Emma mit Tee, Mitgefühl und einem Satz frisch angefertigter Schlüssel. Jetzt habe ich nicht nur Zutritt durch die Eingangstür, sondern kann auch in die leerstehende Garage. Emma zieht es vor, mit ihrem rostigen, roten Auto den Eingang der Nachbarn zu blockieren, worüber diese sich ständig aufregen. Außerdem habe ich einen Schlüssel zum hinteren Garten, einem kleinen, engen, vernachlässigten und verwilderten Etwas, das laut Emma ihr Beitrag zum Umweltschutz ist und aus Gründen der Zivilisation eine kleine Terrasse hat.
    Emma hilft mir, mein Zeug in das freie Zimmer zu bringen, wo ich bereits die letzten zwei Nächte geschlafen habe. Es ist groß, liegt im hinteren Teil des Hauses und zeigt auf den verwilderten Garten. Ein schönes Zimmer – hell und geräumig, aber die Ausstattung ist ein bißchen öde: beiger Teppich, beige Wände, beige Bettwäsche, beige Vorhänge an den Fenstern. Keine Wärme, keine persönliche Note...das ist kein Zuhause.
    Meine Hochstimmung droht

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