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Wachkoma

Wachkoma

Titel: Wachkoma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin P. Meranius
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Mann mit dem Zopf ihr leise zu, ohne seine Augen dabei zu öffnen. Er hatte Beatas Unruhe anscheinend bemerkt.
    „Jetzt, wo wir wissen, was unsere Bedürfnisse sind, brauchen wir auch den Mut, um sie zu befriedigen.“
    Silvester verließ seinen Lotussitz wieder und begab sich in die Yoga-Waage. Die anderen Teilnehmer taten es ihm nach.
    Ohne ihre Augen zu öffnen, begaben auch sie sich in die Position einer Waage.
    Sie neigten dabei im Stehen ihre Oberkörper so weitwaagrecht ab, als sollte ihr Rücken eine Tischplatte ersetzen, und streckten ein Bein nach hinten aus, als verlängerte es die Tischplatte noch ein wenig.
    Zur besseren Balance streckten sie schließlich beide Arme nach vorne.
    Ihre ausgestreckten Arme, ihr flacher Rücken und das ausgestreckte Bein waren nun parallel zum Boden ausgerichtet – wie eine Waage.
    „Spürt den entscheidenden Impuls zur Initiative!“, forderte Silvester erneut auf und verweilte dann für eine ganze Zeit. Genau wie die anderen im Kurs.
    Beata versuchte, diese Übung trotz kleiner Gleichgewichtsprobleme nachzumachen.
    Ihr Standbein wackelte so sehr, dass sie ihr ausgestrecktes Bein immer wieder absetzen musste, um nicht völlig das Gleichgewicht zu verlieren. Erst nach einer guten halben Minute fand sie ihre Balance und stand schließlich fast so still da wie die anderen.
    Als sie bereits eine gefühlte Minute durchgehalten hatte, fragte sie sich allmählich, wie lange sie wohl noch in dieser Haltung bleiben musste.
    Das Verlangen, aufzuhören, hatte sie somit bereits gespürt. Sie wurde etwas unruhig.
    Eine weitere Minute später war sie nun nervös und nach noch mal dreißig Sekunden fast wahnsinnig.
    Verdammt, wie lange würde sie noch so dastehen müssen? Ihre Kräfte ließen nach, sie konnte ihr ausgestrecktes Bein kaum noch halten und war innerlich stark aufgewühlt.
    Das konnte doch wohl nicht Sinn und Zweck der Übung sein, dachte sie verärgert.
    Waren Waagen nicht etwas Ausgeglichenes?
    Als die Yogastunde nach eineinhalb Stunden fast vorüber war und Beata tatsächlich auch noch die Übung des Hundes und des Delfins bewältigt hatte, fragte sie sich ernsthaft, ob sie nicht nach diesem Kurs schlechter dastand als vorher. Als sei sie mit guter Absicht in den falschen Zug gestiegen, der sie ihrem Ziel nicht näher gebracht hatte, sondern noch weiter weg davon.
    So aufgewühlt war sie.
    Noch immer saßen alle im Lotussitz auf ihren Matten, hatten die Hände in Höhe des Bauchnabels übereinander gelegt und meditierten.
    Nach gefühlten hundert Minuten war Beata dann erst erlöst.
    „Wenn das Fräulein es nicht schafft, von innen nach außen zu sprechen, dann sollte es vielleicht erst einmal von außen nach innen gehen. Wir kochen im Anschluss an den Kurs eine Kleinigkeit. Essen erhält Leib und Seele, genau wie Yoga. Begleite uns und ich erzähle dir etwas darüber“, erklärte ihr der weißhaarige Mann mit Zopf und zwinkerte ihr zu. „Mein Name ist übrigens Didier und wie heißt das neue Fräulein?“
    Beata war innerlich noch so in Wallung, dass sie die kleinen Flachse von Didier glatt überhörte.
    Sie schüttelte nur in Gedanken versunken den Kopf und zog sich hastig ihre Schuhe wieder an.
    Am Mattenschrank sprach Didier sie erneut an.
    „Und? Möchtest du nicht doch mit uns essen? Vielleicht kann ich dir dann ein wenig über Yoga erzählen, sodass es beim nächsten Mal etwas besser läuft. Yoga bringt einen nämlich an seine persönlichen Grenzen. Lass mich raten – deine Grenze war heute erreicht, nachdem deine Geduld zu Ende war und du nicht richtig das ‚Jetzt‘ leben konntest? Immer auf der Jagd nach dem nächsten Schritt, ohne den aktuellen ganzheitlich wahrzunehmen und auszuleben. Das nennt man sprichwörtlich ein Leben auf der Überholspur, da muss man ja aufgewühlt sein. Sag, hast du etwa immer ein solch hohes Lebenstempo?“
    „Sag, reden Sie etwa immer so viel?“, fragte ihn Beata, während sie ihre Matte in den Schrank räumte.
    Und tatsächlich, sie hatte während der Übungen nicht wirklich lange im Jetzt ruhen können.
    Genau das jedoch war eigentlich ihre Intention gewesen. Im Jetzt mal bewusst die Augen zu öffnen, nach rechts und links zu blicken und nicht immer nur starr geradeaus wie in einer ewigen Sackgasse.
    „Gerne entscheide ich mich im Jetzt für das Kochen! Ohne zu wissen, was mich erwartet. Ich werde einfach abwarten und lasse es auf mich zukommen. Und wer weiß? Kochen ist vielleicht sogar eine unentdeckte Leidenschaft von

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