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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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verschwenden und nichts erreichen; die Gemeinderäte seien unvorstellbar korrupt.
    »Es ist genau das, was du brauchst«, sagte sie. »Es wird dir Auftrieb geben.«
    Die ideale Lösung, sagte sie; der natürliche Kompromiß zwischen Kirche und Kommerz.
    »Ich weiß gar nicht, warum du nicht früher darauf gekommen bist, nun ja.«
    »Die Idee ist mir während meiner Krankheit gekommen«, gestand Cassidy. »Ich hatte dieses gräßliche Gefühl, einen so großen Teil meines Lebens vertan zu haben. Ich lag da, ich dachte, wer bist du? – wofür lebst du? – was wird man von dir sagen , wenn du einmal tot bist? Ich wollte dich nur nicht behelligen, ehe ich meiner Sache nicht sicher war«, fügte er hinzu.
    » Darling «, sagte Sandra, einigermaßen beschämt, wie sie später Heather berichtete, daß sie den inneren Aufruhr ihres Mannes nicht wahrgenommen hatte.
     
    Vorsichtshalber konsultierte sie indessen John Elderman. Sie besprachen die Frage, als wäre sie ein bräutliches Problem. Würde es zu anstrengend für ihn sein? Würde es ihn so mitnehmen, wie Paris ihn mitgenommen hatte? Es brachte viele Reisen mit sich, einsame Nächte in unerfreulichen nördlichen Gasthöfen. Ob John ganz sicher sei, daß Cassidy es körperlich verkraften könne? Nach einigen Bedenken gab John Elderman grünes Licht.
    »Aber behalten Sie die alte Pumpe im Auge«, warnte er. »Das kleinste Zupfen, und Sie holen mich. Nicht vertuschen wollen, ja?«
    »Er wird es vertuschen, wenn er irgend kann«, sagte Sandra, die ihren Aldo kannte.
    »Dann behalten Sie ihn im Auge«, sagte John Elderman fest.
    Von tiefstem Opfersinn beseelt, machten sie sich nun ernsthaft ans Werk. Als erstes mußte man sich für eine Partei entscheiden. Sandras Entschluß war gefaßt, Cassidy jedoch, mit seiner praktischeren Weltkenntnis, seinem legendären Verständnis für die menschlichen Schwächen der handeltreibenden Klassen, mußte noch zu einer endgültigen Entscheidung gelangen. Sandra fand es wesentlich, daß sie ihn in keiner Weise beeinflußte, daher beobachtete sie schweigend (wie sie ihm später sagte) den Dialog zwischen seinem Gewissen und seinem Geldbeutel.
    »Ich komme einfach nicht damit zurecht, daß ich Sozialist bin und reich dazu«, sagte er. »Es scheint nicht zusammenzupassen.«
    » So reich bist du doch auch wieder nicht«, tröstete Sandra ihn.
    »Bin ich schon. Wenn der Markt hält.«
    »Dann schenk es weg«, stichelte sie, »wenn das der Haken ist.«
    Aber Cassidy fühlte, daß er es sich mit dem Wegschenken zu leicht machen würde.
    »Entschuldige, Sandra, aber damit ist das Problem nicht gelöst. Ich kann nicht einfach davonlaufen. Ich muß als das dastehen, was ich bin «, sagte er beim Abendessen am Tag vor Helens und Shamus’ Ankunft zu ihr. »Nicht für das, was ich sein sollte. Die Politik spiegelt die Wirklichkeit .«
    »Früher hast du gesagt, wir werden nach dem beurteilt, wonach wir suchen.«
    »Nicht in der Politik«, sagte Cassidy schnell.
    »Warum dann nicht die Liberalen? Es gibt massenhaft reiche Liberale, zum Beispiel die Niesthals.«
    »Aber die Liberalen kommen nie ans Ruder«, wandte Cassidy ein. »Besser ein freier ›Independent‹ sein als ein gebundener Liberaler«, sagte er.
    »Du willst sagen, du setzt dich nur für die Sieger ein?« fragte Sandra, die Hüterin von Cassidys Redlichkeit.
    »Nein, das nicht . Nur … also, die Liberalen sprechen in zu vielen Zungen. Ich möchte eine Partei, die weiß, was sie will.«
    »Also, was mich angeht«, sagte Sandra, »so kommen die Konservativen keinesfalls in Frage.«
    Die Konservativen haßten die Armen, sagte sie, sie hatten keinerlei Gefühl für die sozial Schwachen. Die Konservativen seien beschränkt , ihr Vater sei einer gewesen, und falls Cassidy auch nur in die Nähe der Konservativen gehe, würde sie ihn auf der Stelle verlassen.
    »Ich will verdammt sein, wenn ich die Frau eines Toryparlamentariers spiele«, sagte sie. »Ausgenommen in einem ländlichen Wahlkreis. Auf dem Lande ist es anders, mehr der Tradition verhaftet.«
    Um sie zu besänftigen, erläuterte Cassidy seinen Feldzugsplan. Er tat es sehr geschickt, indem er sie Schritt für Schritt in ein komplexes und kniffeliges Geheimnis einweihte. Wolle sie versprechen , niemandem etwas zu verraten?
    Sie wollte.
    Ganz bestimmt?
    Ganz bestimmt.
    Er hatte nichts dagegen, daß sie es Heather und den Eldermans sagte und den Putzfrauen, denn sie alle würden es ohnehin herausfinden; ja, und den Niesthals, falls sie

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