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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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beruhigte Cassidy sie.
    »Mein Gott , was habe ich gesagt?« – Sie rollte sich an ihn -. »Aldo, bitte, speis mich nicht ab, bitte. Ich verzeihe dir . Sag: Ich verzeihe dir .«
    »Ich verzeihe dir«, sagte Cassidy.
    Der Friede kehrte wieder.
    »Und dann unterhieltest du dich mit mir bei den Eldermans. Ich konnte es kaum glauben. Seit Monaten hatte niemand so zu mir gesprochen. Du warst so beredt … so sicher . Ich fühlte mich wie ein Kind. Wie ein kleines Mädchen.« Sie lachte bei der angenehmen Erinnerung. »Alles, was wir dummen Weiber tun konnten, war gekränkt dreinschauen, während du uns belehrtest. Mein Mund wurde trocken, und mein Herz zog sich zusammen, und ich dachte: Er hat recht. Er sorgt sich um den Künstler. Verleger «, schnaubte sie. »Was verstehen sie davon?«
    »Nichts«, sagte Cassidy und dachte an Dale.
    »Und die Blumen … Aldo, ich habe nie im Leben so viele Blumen bekommen. Cassidy?«
    »Ja.«
    »Was hat dich bewogen , die Blumen zu schicken?«
    »Paris«, sagte Cassidy gewandt. »Plötzlich … vermißte ich dich. Ich suchte überall … aber, du warst nicht da.«
    Er muß bei Nacht und Nebel ausgerückt sein, dachte Cassidy und lugte zu wiederholten Malen nach den Restbeständen, dem stummen Diener für seine Anzüge, dem lederbezogenen Lehnsessel zum Ablehnen der Manuskripte. Ein Meisterstück. Wie hat er es gemacht? Geschrieben oder telefoniert? Oder hat er, dieser Herkules, es ihr gesagt?
    Still lagen sie nebeneinander, und zwischen ihnen klaffte ein kleiner Abgrund von einigen tausend Meilen Breite.
     
    Der neue Sims war an Ort und Stelle, aber in einer Ecke bedeckten noch immer weiße Staubplanen den Boden, und ein starker Geruch nach Leinöl haftete den Bettlaken an.
    »Es wird wirklich entzückend sein, wenn es fertig ist«, sagte Cassidy. »Wie ein Palast oder so ähnlich.«
    »Du solltest ihm zusehen«, sagte Sandra und meinte Mr. Monk, den Maurer, »er arbeitet so verlässig. So loyal und anständig. Er war im Krieg bei den Pionieren.«
    »Die Pioniere waren ein feiner Haufen«, bemerkte Cassidy gerissen, ihr Experte in militärischen Fragen.
    »Er glaubt, er erinnert sich an Daddy. Er weiß es nicht sicher, aber er glaubt. Eine Zeitlang hat er beim Brückenbau gearbeitet in Bolton. Anno neununddreißig.«
    »Ich weiß nicht mehr, welche Einheit in Bolton stationiert war«, sagte Cassidy, als überlegte er fieberhaft. Sie hatten vor kurzem Patton , Lust for Glory gesehen, und Cassidy erfreute sich noch immer eines gewissen reflektierten Prestiges.
    »Und er hält Ordnung unter seinen Männern«, sagte Sandra lobend. »Einer von ihnen hat Snaps schöne Augen gemacht.«
    »So etwas dulde ich nicht«, sagte Cassidy scharf.
    »Schsch«, sagte Sandra mit verschwörerischem Stirnrunzeln und blickte zur Decke empor.
    »Nein, wirklich, ich meine, wie sie herumhurt …«
    »Aldo!« – sie beruhigte ihn mit kleinen Küssen – » Grizzly Pailthorpe … Aldo … es ist ihr Alter. Sie wird drüber wegkommen … außerdem hat sie einen neuen Freund, einen Werbefritzen namens Mel.«
    Sie kicherten beide.
    »Herrje«, sagte Cassidy. »Brauchen wir Werbefritzen?«
    Weitere Küsse. »Wie hat Oma es aufgenommen?«
    »Wen interessiert das?«
    Sie lagen still und lauschten auf den langsamen Paarungsrhythmus von Snaps Musik.
    »Er ist doch nicht dort oben, wie?« fragte Cassidy, einem plötzlichen Impuls gehorchend.
    »Natürlich nicht«, sagte sie verweisend.
    Besänftigt legte er sich wieder zurück, noch immer der Wächter gewisser moralischer Normen.
     
    Ein paar Tage danach dinierten Mr. und Mrs. Cassidy, um die gute Nachricht zu feiern, im White Tower . Angie hatte den Tisch bestellt, zwei Personen, acht Uhr.
    Die Ente schmeckte ihnen am besten.
    Sie aßen sie knusprig mit einem schweren Burgunder, an den Cassidy sich zu erinnern gelernt hatte, und unter dem Einfluß von Wein und Braten erneuerten sie für kurze Zeit die Illusion ihrer Liebe. Zuerst saßen sie wie gute Freunde beisammen und tauschten Berichte aus ihren verschiedenen Welten aus. Sandra sagte, Mark wolle eine neue Violine: Der Musiklehrer habe geschrieben, der Junge glänze nicht im Geigenspiel, aber ganz bestimmt sei die jetzige zu klein. Dieses Gespräch war bei all seiner Vertrautheit für Cassidy insgeheim verwirrend, denn seit kurzem hatte er wieder einmal jedes Zeitgefühl verloren. Mark war am vergangenen Wochenende zu Hause gewesen, aber ob er von der Schule oder einem anderen Aufenthalt gekommen war, konnte

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