Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
Vom Netzwerk:
mein Mann und ein Mensch namens Mason, ein Lastwagenfahrer.«
    »Toll«, sagte die Kellnerin, und sie lachten alle drei.
    »Cassidy, du bist ein Wildschwein , weil du mich nicht angerufen hast. Shamus war ganz außer sich. Wo ist Lover geblieben? Warum ruft Lover nicht an? So ging es Tag und Nacht, bis es mir entschieden zum Hals raushing. – ›Er ist dein Lover, nicht meiner‹, sagte ich zu ihm …«
    »Helen, du hast doch nicht …«
    »Und ich hielt überall Ausschau nach dem Bentley. Ich sagte zu Mason: ›Mason, wenn wir Cassidys Bentley sehen, müssen Sie die Notbremse ziehen, weil ich und Cassidy, wir sind ein Liebespaar, und …‹ Cassidy, küß mich, du bist ein komplettes Schwein.«
    »Du hättest mich anrufen können«, erinnerte Cassidy sie, nachdem ihre Bedürfnisse vorübergehend gestillt waren.
    »Cassidy, das tat ich. Ich habe das ganze Wochenende angerufen, und du hast es einfach klingeln lassen brrr-brrr und keinen Finger gerührt. Bloß dagesessen und die Hauspantoffel angeglotzt.«
    »Am Wochenende?« wiederholte Cassidy, und Eisenklammern schlossen sich um seine Brust.
    »Ja, aber ich habe jedesmal die Leitkuh erwischt, also hängte ich ab. Ich vermute wenigstens, daß es die Leitkuh war, sie war schrecklich grau in grau.« Sie zog ein Kuhgesicht. »Wenn Sie mir sagen wollten, wer Sie sind , dann könnte ich Ihnen vielleicht sagen, wo mein Mann ist«, sagte sie in beängstigend guter Sandra-Imitation.
    »Ich dachte, ihr würdet im Büro anrufen«, sagte Cassidy. »Ich dachte, das hätten wir vereinbart.«
    »Aber Cassidy, es war das Wochenende .«
    »Wie geht’s Shamus?« fragte er und schaute zu, wie sie den Räucherlachs verzehrte.
     
    »Ausgesprochen prima, und ich liebe ihn, und die Stockfisch-Schreibe ging wie geschmiert. Ich sage dir, Cassidy, der Junge hat eine Glückssträhne. Eigentlich wir beide, nicht wahr? Und das alles verdanken wir dir.«
    Was war mit ihr geschehen? Was hatte sie befreit? Habe ich das getan?
    »Diese Fischer sind sagenhaft , Cassidy, du solltest sie einmal riechen.« Sie verfiel in einen, wie Cassidy vermutete, Lowestoftakzent. »›Bei dir würd’ ich gleich anbeißen‹, hat einer zu mir gesagt. Ich mußte es ihm erklären, Cassidy. Bin schon besetzt, sagte ich. Ich habe einen reichen Lover, der die Scheibenbremse erfunden hat und mich bewacht wie ein Lemur . Läßt du dich gern mit einem Lemur vergleichen, Cassidy?« Ohne Atem zu holen, wandte sie sich wieder ihrem anderen Hauptthema zu. »Sie haben ihn sogar bezahlt , so gut ging die Stockfisch-Schreibe. Kein Überarbeiten, kein Dale, nichts. Offen gesagt« – ein wenig schuldbewußt wies sie auf ihren neuen Mantel – »trage ich das Honorar bereits. Keine Sorge, Cassidy« – sie beugte sich eifrig vor – »darunter bin ich nackt , Ehrenwort.«
    »Helen. He, hör zu: Du bist völlig aus dem Häuschen. Was ist los mit dir. Du bist doch nicht blau, wie?«
    »Man nennt es Liebe «, sagte Helen, ein wenig scharf. »Und es ist alkoholfrei.«
     
    Ein Mannequin umkreiste sie langsam, ein mürrisches Gerippe ohne jeden Charme. »Besser als die bin ich auf jeden Fall.«
    »Viel«, stimmte Cassidy zu.
    »Er spricht endlos von dir«, fuhr sie fort. »Und er vermißt dich schrecklich . Die ganze Zeit sagt er: ›Wie’s ihm wohl geht? Solltest du ihn nicht anrufen?‹ Zu mir ! Und wie er dein Vertrauen nicht enttäuschen darf, weil er dich liebt, und du hast ihm seines gegeben, und der Kreis darf nie durchbrochen werden.« Sie senkte die Stimme. »Und er schämt sich schrecklich wegen der Sache im Savoy , Cassidy.«
    »O ja? Ich glaube, das ist wirklich nicht nötig.«
    »Er ist wieder ganz asketisch geworden. Kein Suff, kein Puff, nichts … Oh, Cassidy, er hat dich so vermißt. Er wollte dich nur sprechen hören, Cassidy. Er wollte nur deine Stimme hören und deine schleimigen Tiraden, wenn du auf Sitzungssaal machst.« Sie blickte um sich, falls jemand lauschte. »Er hat es sich zusammengereimt, Cassidy. Die ganze Geschichte. Genau als hätte er uns erwischt. Cassidy, diese Blumen sind blau .«
    »Ich habe die Pointe begriffen«, sagte Cassidy und ging zum Telefon.
     
    Der Arbeitsminister, sagte er zu Sandra. Eine höchst geheimnisvolle Vorladung aus dem Privatbüro; er frage sich, ob es das sei, worauf sie schon die ganze Zeit warteten; er habe gehört, in einem der ostenglischen Wahlkreise sei ein Sitz vakant.
    »Wird die ganze Nacht dauern, nehme ich an«, sagte Sandra.
    »Sieht so aus«, räumte er ein.

Weitere Kostenlose Bücher