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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Simse aus dem neunzehnten Jahrhundert , die mit vergilbtem Zeitungspapier ausgestopften marmorierten Kamine , ganz zu schweigen von den maßlos unverschämten Kellnern , die sich darum kümmern , daß die Laufkundschaft ihre sexuellen Bedürfnisse verrichten kann , daß alles ergibt einen Hintergrund desolater Ungereimtheit , wie er für Höchstleistungen besonders förderlich ist .
    »Shamus hat mir einen Komplex verpaßt. Er hat eine solche Pute aus mir gemacht. Beobachten . Wer, zum Teufel, will schon beobachten. Er ist kein Schulmeister, und ich bin nicht seine Schülerin. Das ist jetzt vorbei, dieser ganze Schmus, und er wird sich damit abfinden müssen. Basta .«
    »Basta.«
    »Pa!«
    »Pa!«
    »Miiau.«
    »Miiau.«
    »Du bist ein Bär, Cassidy. Ein großer Brummbär. Ich möchte vergewaltigt werden.«
    Ein Pailthorpe- Bär, dachte Cassidy.
     
    Guten Rutsch, hatte der Hausdiener gesagt, als er sie zu ihrem Zimmer brachte, hoffentlich ist es den Preis wert.
     
    Schlafen Bahnhöfe nie? fragte er sich. Kleng, kleng, kleng. Du mußt tanzen, aber ich muß schlafen.
     
    Heute nacht muß du ein Löwe sein, Lover; Mäusezeit ist bald genug.
     
    »Ich liebe dich.«
    »Cassidy.«
    »Ja.«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich.«
    »Ich könnte dich zum glücklichsten Mann der Welt machen.«
    »Bin ich schon.«
     
    »Weiter, Cassidy.«
    »Ich kann nicht. Das war das ganze Menu. Im Ernst .«
    »Unsinn. Streng dich an, dann kannst du alles. Du leidest an einem gänzlich unrealisierten Kräftepotential.«
     
    Der Lautsprecher rief den Schlafwagenzug nach Penzane aus. Fährt um Mitternacht, flachte Cassidy; ein bißchen später; seine Lider waren sehr schwer. Helle Streifen von Eisenbahnlicht lagen wirr an der tapezierten Zimmerdecke.
    »Ehrenwort?«, fragte Helen.
    »Ehrenwort.«
    »Für immer und ewig und ewig und ewig?«
    »Und ewig.«
    »Ich gebe mein Ehrenwort?«
    »Ich gebe mein Ehrenwort.«
    Es war kein Blut zur Hand, also nahmen sie Talisker.
    »Was steht sonst noch in dem Buch?«
    »Ich hab’s dir gesagt. Du schreibst im Gefängnis den großen Roman.«
    »Aber wie kommt er dahinter?«
    »Wohinter?«
    »Daß sie ein Liebespaar sind, du und ich.«
    »Er hat mir die Stelle vorgelesen«, sagte Helen ernst. »Es war sehr spektral.«
    »Was heißt das?«
    »Es war nicht wirklich dargestellt . Es war eben.«
    »Wie?«
    »Im Buch heißt er Balog. Shamus nämlich. Langsam argwöhnte Balog , was er bereits wußte . Daß seine Kraft in seinen Freund übergegangen war und daß sein Freund Sandra zur Geliebten an Stelle seines Lover genommen hatte .«
    Cassidy entdeckte ein physisches Reservoir in sich, das er längst leer geglaubt hatte, er fuhr im Bett steil in die Höhe.
    » Sandra? « wiederholte er.
    »Der Name gefällt ihm. Er findet, er paßt zu mir.«
    »Aber das ist absolut widerlich. Ich meine, jeder wird …« Er beherrschte sich. Darüber sprach er am besten mit Shamus selbst. Das ist wirklich zuviel. Ich meine, ich nehme den Menschen mit nach Paris, ich bekleide ihn, bezahle seine Miete, und ihm fällt nichts Besseres ein, als meine Frau an die große Glocke zu hängen, dem öffentlichen Gespött preiszugeben. »Außerdem«, sagte er in spöttischem, belehrendem Ton, »wie kann man etwas argwöhnen, was man schon weiß?«
    Langes Schweigen. »Wenn es etwas gibt, was Shamus wirklich versteht, dann ist es der Aufbau eines Romans«, sagte Helen fest.
    »Also ich finde es lächerlich. Dich mit Sandra vergleichen. Eine Beleidigung.«
    »Das ist Kunst«, sagte Helen, drehte ihm den Rücken und legte sich weit von ihm weg.
    »Glaubst du nicht, daß du in Lowestoft anrufen solltest?« schlug Cassidy vor. »Falls er zurück ist?«
    »Was sollten wir tun, wenn er zurück wäre?« fragte Helen böse. »Ihn zu uns hierher einladen? Cassidy, du fürchtest dich doch nicht vor ihm, wie?«
    »Ich bin besorgt um ihn, wenn du’s genau wissen willst. Zufällig liebe ich ihn.«
    »Das tun wir beide.«
    Sanft begann sie, ihn zu küssen. »Brummer«, flüsterte sie. »Grizzlybär, Höllenbraten.«
    Oxford, sagte der Lautsprecher. Letzte Möglichkeit zum Einsteigen. Doch in diesem Augenblick hatte sie beschlossen, daß sie der letzten Tröstung bedürftig sei.
     
    Der Tag dämmerte sehr langsam, eine Dämmerung hinter gelbem Staub, der langsam heller wurde unter den rußigen Kuppeln des Bahnhofsdaches. Cassidy, der durchs Fenster blickte, hielt sie zunächst für den Dampf der Lokomotiven. Dann fiel

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