Wachsam
sich eine Hand mit halb geöffneten Fingern wie zum Segen. »Ein Mensch wird gerichtet – wie wir alle einst gerichtet werden, Freunde – nach dem, was er sucht, nicht nach dem, was er findet. Niemals soll es vom Hause Cassidy heißen, es habe ihm an Unternehmungsgeist gefehlt. Wir werden suchen, und wir werden finden. Ich danke Ihnen.«
Er setzte sich.
Während der Teepause nahm der Earl – ganz älterer Staatsmann – ihn beiseite. Er war ein gebrechlicher silberhaariger Mann und hatte seinen Lunch auf Firmenkosten bei Connaught eingenommen.
»Hören Sie auf den Rat eines alten Mannes«, sagte er sehr langsam durch den Dunst eines erlesenen Whiskys. »Ich hab’s beim Stahl gesehen, ich hab’s auf der Jagd gesehen. Sich nur nicht zu früh verausgaben. Nicht versuchen, das ganze Rennen schon vor dem Frühstück zu laufen.«
»Bestimmt nicht«, versicherte Cassidy ihm und legte ihm eine beschwichtigende Hand auf die Schulter. »Ganz bestimmt nicht.«
»Was man in seinen Zwanzigern übertreibt, muß man in den Dreißigern büßen, was man in den Dreißigern treibt, muß man in den Vierzigern …«
»Stimmt, aber« – sie hatten die Direktorentoilette erreicht – »ich hab’s fertiggebracht, daß sie alle sich jetzt Gedanken machen, nicht wahr, Sir?«
»Sie haben nicht zufällig getrunken, wie?« erkundigte sich der Earl.
»Großer Gott, nein!«
»Wissen Sie«, fuhr der Earl fort und stützte den Kopf bequem gegen den Wasserbehälter, »ich habe Sie beobachtet. Sie sind der abgefeimteste Schwindler. Äh, sagen Sie doch mal«, sagte der Earl, schob sich näher und wusch sich angelegentlich die Hände. »Sie scheinen einen Mordsprofit zu machen. Brauchen Sie zufällig einen Schuß zusätzliches Betriebskapital? Unterderhand, versteht sich? Damit wir die Steuermännchen nicht bemühen müssen, na, Sie wissen ja.«
Das unverbindliche Publikum hatte sich nach dem Tee ein wenig gelichtet, und Cassidys Schwung war gleichfalls abgeflaut. Nachdem er die Funktion des B-Teams (Zuständigkeit für die Logistik der zweiten Phase) im einzelnen nur kurz umrissen hatte, bewegte er sich eine Weile etwas lustlos um die Probleme der Schaffung neuer Verteilerstellen und der Eröffnung von Ersatzteillagern herum.
»Es besteht sogar die Möglichkeit«, sagte er, »wobei es sich natürlich um Pläne auf lange Sicht handelt, um hier kein Mißverständnis aufkommen zu lassen, daß die Firma Cassidy gegebenenfalls – und hier spreche ich von einer ferneren Zukunft – Nachbaulizenzen für die lokale, sogar regionale Herkunft ihrer Erzeugnisse auf der Basis einer Gewinnbeteiligung vergibt.«
Diesmal erhob sich kein Beifall, nicht einmal auf unverbindlicher Basis.
»Übrigens soll das Team A gesondert in der Innenstadt untergebracht werden, wo es die Vorteile größerer Beweglichkeit, eigener Verbindungsmöglichkeiten und dergleichen mehr nutzen kann, und dieses Team besteht fast ausschließlich« – dies hatte er als Scherz gedacht, sogar als Scherz geprobt, das Timing eingeübt, Rhythmus und Tonfall immer wieder überarbeitet – »aus mir selber. Ich sage fast , denn ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß meine Frau mich begleiten wird.«
Nur mit einem ausgesprochen gedämpften Murmeln wurde dieser unverbindliche Einblick in den Familienzusammenhalt begrüßt.
»Möchten Sie noch weitere geschäftliche Dinge erörtern?« fragte Lemming laut. »Ich glaube, es reicht ihnen allmählich.«
Vom Korridor hörten sie das Trappeln von Füßen, als jemand zum Telefon des Generaldirektors rannte.
»Das wird Paris sein«, sagte Faulk und stand auf.
»Bitte behalten Sie Platz, Mr. Faulk, meine Sekretärin wird mich rufen, wenn es nötig sein sollte.«
Wütend, aber nur innerlich, griff Cassidy nach einem Blatt mit der Tagesordnung und suchte den nächsten Punkt.
»Betriebskantine«, las er laut, mit einem inneren Schauder des Unbehagens.
Old Hugos Taschengeld. Behutsam vorgehen, Ton nebensächlich, aber bestimmt, überall hinsehen, nur nicht zum Earl, der sich immer gegen diesen unbequemen Eintrag ins Hauptbuch sträubt.
»Betriebskantine. In Anbetracht der günstigen Ertragslage schlage ich eine rückwirkende einmalige Ex-gratia-Zahlung vor an« – hier holte er kurz Atem und blickte auf, als wäre ihm der Name momentan entfallen – »unseren geschätzten Bevorratungsexperten Mr. Hugo Cassidy, dessen sachkundiger und kluger Rat unserer Werkskantine einen soviel erfreulicheren Anstrich verliehen hat.« Jemand
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