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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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ihn, also kauften sie auch eine Zahnbürste, denn Shamus hatte die seine bei Elsie gelassen, falls der heimkommende Ehemann sie benötigte.
    »Wie geht’s Helen«, fragte Cassidy.
    »Bestens, bestens.«
    Als sie in einem winzigen Blumenladen zwei Nelken kauften, küßte Shamus das Mädchen in den Nacken, eine Huldigung, die sie nicht aus der Fassung brachte. Er schien mit Frauen umgehen zu können wie Sandra mit Hunden, sie fraßen ihm aus der Hand.
    »Bezaubere die weiblichen Käufer auf der Messe«, erklärte er, als sie ihnen die Blumen ins Knopfloch steckte. »Goldeswert.«
    Um sechs Uhr stapfte Bloburg, Cassidys Pariser Vertreter, in die Halle, überströmend von blödsinnigen Komplimenten, noch ehe er durch die Schwingtür war, und Shamus zog sich ins Schlafzimmer zurück, um über Kinderwagen zu lesen.
    »Aldo, mein Gott, Sie sind um zweihundert Jahre jünger geworden, wie stellen Sie das nur an, mein Junge, schauen Sie mich an, mit mir geht’s zu Ende! Aldo, wie geht’s, hören Sie, morgen lade ich Sie zu einem fantastischen Abendessen ein, ein Lokal, das nur die Franzosen kennen, das beste Lokal, Cassidy, einsame Spitze.«
    Bloburgs Gastfreundschaft sollte stets morgen genossen werden. Er war ein trauriger lärmender Mensch, der im Krieg alles verloren hatte, Kinder, Häuser, Eltern. Bei früheren Besuchen hatte Cassidy viel für ihn getan, ihn sogar in seinem glücklosen Liebesleben beraten.
    »Cassidy, Sie sind Nummer eins. Tout Paris spricht von Ihnen, wenn ich’s Ihnen sage! Sie sind ein Künstler , Cassidy! Tout Paris ist fantastisch für einen Künstler !«
    Paris ist fantastisch, Künstler sind fantastisch, Cassidy ist fantastisch; doch nicht einmal Cassidy, der eine Menge Schmeicheleien vertragen konnte, glaubte noch an den tristen Bloburg als seinen Champion. »Trinken wir ein Glas«, schlug er vor.
    »Cassidy, Sie sind so großzügig. Tout Paris sagt …«
    Er zögerte seinen Aufbruch in der Hoffnung auf ein Abendessen so weit wie möglich hinaus, aber Cassidy blieb hart. Er wollte mit Shamus essen, und seine Zeit war ihm wertvoll.
    Während des Diners im Hotel versuchten sie, den Weg zueinander zu finden, und fanden doch nicht den rechten Ton; sie tranken auf das Buch.
    »Wessen Buch?« sagte Shamus und setzte sein Glas ab.
    »Ihr Buch. Ihr neues, Sie Esel. Möge es ein Riesenerfolg werden.«
    »He, Lover.«
    »Ja.«
    »Großartige Prospekte. Schmissig, überzeugt und überzeugend. Habe jedes Wort genossen.«
    »Vielen Dank.«
    »Selber geschrieben?«
    »Weitgehend.«
    »Viel Talent drin, Lover. Sollten es ausbauen.«
    »Danke«, sagte Cassidy wieder und kehrte zu seinem Hummer zurück. Sie bereiten ihn vorzüglich, dachte er, in Knoblauchbutter mit einer Spur Rosmarin.
    »Wie lang ist es her, seit Sie dieses Bremssystem erfunden haben?« fragte Shamus.
    »Oh, zehn Jahre … vielleicht auch länger.«
    »Und seither?«
    »Nun ja, die Auswertung, nicht wahr. Herstellung, Marketing, Verkauf. Wir haben sogar angefangen, selber Karosserien zu bauen. In kleinen Serien zunächst.«
    »Gewiß, gewiß.«
    Als er sein eigenes Bild im Spiegel erblickte, hielt Shamus inne, um seinen neuen Anzug zu bewundern, hob das Glas und trank sich zu, dann hob er abermals das Glas, um den Toast zu erwidern. »Aber keine neuen umwälzenden Erfindungen?« begann er wieder und setzte sich auf seinem Stuhl zurück. »He? He?«
    »Nicht eigentlich.«
    »Und was ist mit diesem neuen Klappchassis?«
    Cassidy lachte geständig. »Es trägt meinen Namen, aber ich muß gestehen, daß es meine Konstrukteure ausgedacht haben.«
    »Herrje«, sagte Shamus. »Sie haben’s wirklich geschafft.«
    Cassidy erwähnte Helen. Helen gehe es ausgezeichnet, sagte Shamus. Sie halte sich bei ihrer Mutter auf, Prinzessinnen müsse man in Türme sperren.
    »Zeit, daß ihr die Flügel gestutzt werden«, erklärte er. »War schon zu frech geworden.«
    »Hat es ihr in London gefallen? Bei Hall und …«
    Da er auf diesem Gebiet nicht sehr zu Hause war, hätte er beinahe gesagt, Hall und Saul, fing sich aber noch.
    »Sicher, sicher«, sagte Shamus, schob Helen beiseite und stürzte sich in eine ziemlich sprunghafte Erkundigung über die Gefahren der Auslandskonkurrenz in der Kinderwagenbranche. War ein französischer Kinderwagen sexbetonter? Ein deutscher solider? Wie machten sich die Russen? Während er diese Fragen stellte, schweifte Shamus’ Aufmerksamkeit zu einem Mädchen in der Ecke des Saales. Sie war nicht älter als zwölf Jahre. Sie

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