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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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dunkle Gläser und eine Baskenmütze. Seine mächtigen Schultern waren in dem vertrauten schwarzen Jackett nach vorn gesunken, und er hatte nichts bei sich als eine Orange, die er geduldig von einer Hand in die andere rollen ließ, als wollte er die tauben Gelenke beleben. Er sprach mit gebrochenem Flüstern. Es war Elsie, sagte er; Elsie sei zu anspruchsvoll gewesen. Auch habe sie Formaldehyd getrunken, das die Stimmritzen zerfresse und Wirbelsäulenkrämpfe verursache. Cassidy sah ihn zum erstenmal bei Tageslicht.
    »Was macht das Buch?«
    »Welches Buch?«
    »Der Roman. Sie wollten ihn nach London bringen. Fanden die ihn gut?«
    Shamus wußte von keinem Roman. Er wollte Kaffee, und er wollte in der Halle herumgeschoben werden, um gesunde Menschen zu sehen und Kinderlachen zu hören. Beim Kaffee – die Kellner zeigten sich beflissen, säuberten den Tisch, entfernten störende Stühle – erkundigte Cassidy sich nach Alastair, dem Eisenbahner, und anderen Figuren dieses großartigen Abends, aber Shamus war nicht mitteilsam. Nein, er und Helen seien nicht wieder nach Chippenham gezogen; der Taxichauffeur sei aus ihrem Gesichtskreis entschwunden. Nein, er könne sich nicht erinnern, wann sie Haverdown verlassen hatten. Die Sauhunde hatten das Wasser abgesperrt, also hatten sie sich ins Londoner East End verzogen, zu zwei Freunden namens Hall und Sal, Hall sei Boxer, das Brot des Lebens.
    »Er schlägt mich«, fügte er hinzu, als sei dies eine Empfehlung. Und das war alles.
    »Ich hab’s nicht mit der Vergangenheit, Lover. Nie gehabt. Die Vergangenheit stinkt.«
    Mit zitternden Händen zog er die warme Tasse näher an seine Brust. Nur die Erwähnung Flahertys ließ seine leblosen Augen aufleuchten. Der Briefwechsel blühe, sagte er; er habe kaum noch Zweifel, daß Flahertys Anspruch gerechtfertigt sei. Schweigend aßen sie die Orange, jeder die Hälfte.
    Im Flugzeug, in das Shamus von stämmigen Stewards geschafft worden war, schob er die Baskenmütze als Kissen auf die Fensterseite und schlief, und in Orly gab es einen kleinen Wirbel. Erstens wegen eines anderen Rollstuhls – die Franzosen hatten einen an die Landebahn gebracht, aber Shamus wies ihn entrüstet zurück – und zweitens wegen des Gepäcks. Cassidy hatte eine neue schweinslederne Handtasche erworben, die zu seinem Globetrotter-Kamelhaarmantel paßte, und er beobachtete besorgt das Förderband mit dem Gepäck, denn er kannte die Franzosen. Nachdem er seine Tasche wiedererobert hatte, fand er Shamus bereits an der Schranke, mit leeren Händen.
    »Wo ist Ihres?«
    »Haben wir verfressen«, erwiderte Shamus. Eine Stewardeß, der seine unwiderstehliche Erscheinung aufgefallen war, blickte ihn finster an. »Schlampe«, brüllte er sie an, und sie errötete und ging weg.
    »He, nicht so hitzig«, sagte Cassidy verlegen, und Shamus miaute: »Ich hasse Stewardessen«, sagte er.
    Eine Limousine holte sie ab, und eine Weile schwiegen sie beide vor der Schönheit der Stadt. Sie war in strahlendes Sonnenlicht gebadet. Es setzte den Fluß in Flammen, überglänzte rosig die Straßen und verwandelte die goldenen Adler in Phönixe täglich neugeborener Freude. Shamus saß auf seinem Lieblingsplatz neben dem Fahrer, winkte gravitätisch der Menge zu und lüftete von Zeit zu Zeit die Baskenmütze. Einige Leute winkten zurück, und ein hübsches Mädchen warf ihm eine Kußhand zu, was Cassidy im ganzen Leben nicht passiert war. Im St . Jacques wurden sie mit der ganzen demonstrativen Nachsicht empfangen, die französische Hotels Homosexuellen und unverheirateten Paaren zuteil werden lassen. Dem Personal war sofort klar, daß Shamus freigehalten wurde. Cassidy hatte ein Apartment mit Doppelbett genommen, für alle Fälle, und der Manager hatte eine Obstschale heraufgeschickt. Pour Monsieur et Madame stand auf der Karte, avec mes compliments les plus sincères . Shamus bestellte telefonisch Champagner, auf französisch, er sagte ›Schampuh‹, und die Telefonistin lachte herzhaft. Ah , c’est vous , sagte sie, als habe sie bereits von ihm gehört. Sie tranken den Champagner warm, denn bis er heraufkam, war das Eis geschmolzen, und danach spazierten sie die Rue de Rivoli entlang, wo sie für Shamus einen Anzug kauften und drei Hemden und ein paar hübsche Lackschuhe.
    »Wie geht’s dem Bentley?«
    »Bestens.«
    »Leitkuh blüht und gedeiht?«
    »O ja.«
    »Die Ableger?«
    »Auch ja.«
    »Bein?«
    »Bein bestens. Fast geheilt.«
    Und eine Zahnbürste, erinnerte Shamus

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