Wachsam
persönliche und bizarre Einschätzung der Markttendenz zum besten: »He, Lover, wie steht’s jetzt mit Paisley? Ich meine, wenn der Bursche uns zeugungsfähige Katholiken samt und sonders umlegen wird, dann gibt’s auch keine verdammten Babys mehr.«
»Fragen Sie Flaherty.«
»Wissen Sie, wenn man’s recht bedenkt, so ist die Arbeit in der Kinderwagenbranche wirklich sinnvoll. Ich meine, Kinderwagen sind die Pflugscharen, nicht wahr, für die Welt von morgen. Ich meine, es gibt Kerle, die millionenweise Schwerter schmieden, aber Sie und ich, wir sind hundertprozentig im pazifistischen Lager, finden Sie nicht auch, Lover?«
»Wir sehen uns nach der Party«, sagte Cassidy wohlwollend.
»Kann ich denn nicht mitkommen?« fragte er schmollend. »Ich habe die Kinderwagen verkauft, nicht Sie.«
»Nur für Firmenchefs«, sagte Cassidy. »Tut mir leid.«
»Miiau«, sagte Shamus. »Die Leute mochten mich gern«, fuhr er nachdenklich fort, »und ich mochte sie . Eine ideale Ehe. Gutes Omen für die Zukunft.« Er sang einige Takte einer irischen Weise. »He, Lover, Sie haben meine Frage noch immer nicht beantwortet.«
»Welche Frage?«
»Ich habe Sie einmal gefragt: Ihre Ansicht über die Bedeutung der Liebe?«
»Ich muß schon sagen, Sie wählen immer den rechten Augenblick«, sagte Cassidy lachend.
Mit der Zehe lenkte Shamus eine Nelke weg vom Strahl des Wasserhahns. »Du darfst nicht sterben«, rezitierte er, offenbar an die Adresse der Blume, »denn alle Frauen werd’ ich hassen nur, bist du dahin. Chippie, chippie, Lover.«
»Chippie, chippie«, sagte Cassidy.
Ein letzter Blick zeigte ihm Shamus in der Badewanne, die schwarze Baskenmütze auf dem Kopf, in das Studium der Aktienkurse der Herald Tribune vertieft. Er mußte die ganze Flasche von Cassidys Badezusatz verbraucht haben; das Wasser war dunkelgrün, und die Nelken schwammen darauf wie Lilien auf einem moosigen Teich.
Der britische Minister (Wirtschaft) war einer jener langweiligen, kleinen, sehr reichen und weltfremden Männer, die das Foreign Office nach Cassidys Erfahrung unweigerlich mit der Wahrnehmung merkantiler Belange betraut. Er stand geduckt am Ende eines langgestreckten Raumes, im Schutz einer imposanten Gattin, neben einem mit rotem Celluloid ausgestopften Marmorkamin und empfing seine Gäste einen nach dem anderen, nachdem ein Butler sie an der Tür vordosiert hatte. Cassidy kam früh, als zweiter nach McKechnie von Bee-Line, und der Minister schüttelte ihnen sehr getrennt voneinander die Hand, als wolle er ihren Kampf schiedsrichten.
»Wir kennen Cassidys in Aldeburgh«, sagte die Ministergattin, die aufmerksam seiner Stimme gelauscht und sie für lautlich akzeptabel befunden hatte. »Ich nehme nicht an, daß sie mit Ihnen verwandt sind?«
»Nun, wir sind ein ziemlich großer Stamm«, gab Cassidy zu. »Wir scheinen alle irgendwie miteinander verwandt zu sein.«
»Was bedeutet es?« quäkte der Minister.
»Soviel ich weiß, ist es ein normannischer Name«, sagte Cassidy. McKechnie, der nicht solcher Vertraulichkeit gewürdigt worden war, stand finsteren Blicks abseits. Er hatte seine Frau mitgebracht. Cassidy hatte sie am Vormittag im Zelt kennengelernt, eine sommersprossige rothaarige Dame in Gelb und Grün, und sie sah aus wie alle Ehefrauen, die er seit seinen Anfängen in der Kinderwagenbranche kennengelernt hatte. »Sie haben unseren Meale entführt«, hatte sie zu ihm gesagt, und sie machte Anstalten, es nochmals zu sagen. Sie hatte ihr Haar aufgesteckt und eine Schulter entblößt. Ihre Handtasche hing an einer Goldkette, die lang genug für zumindest einen Gefangenen gewesen wäre, und sie hielt den Ellbogen abgespreizt, falls sie ihn irgend jemandem würde in die Rippen stoßen müssen.
»Wie macht sich die Messe?« fragte der Minister. »Zur Zeit findet eine Messe statt«, informierte er seine Gattin, »draußen bei Orsay, wo die arme Jenny Malloy immer ihren Hund spazierengeführt hat.«
»Wir haben zehntausend Pfund in acht Stunden kassiert«, sagte Mrs. McKechnie in Richtung Cassidy. Sie stammte aus der Nähe von Manchester und hielt nichts von Diplomatie. »Wir haben keinen Akademiker in unserem Laden, was, Mac?«
»Ich dachte, sie würden alle zusammen kommen«, sagte der Minister verzweifelt. »In einem Omnibus oder so. Ganz außerordentlich. Wie steht’s mit einem Drink?«
»Wieder zwei«, warnte seine Gattin. Der Butler meldete Sanders und Meyer von Everton-Soundsleep.
» Normannisch , sagten Sie?«
Weitere Kostenlose Bücher