Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht
ausgeflippt war, wäre ich beinahe auf dem Balkon erfroren, hätte mir fast das Leben genommen und war kurz davor gewesen zu verwesen. Ich stürzte das Kölsch herunter, um mich zu beruhigen.
»Dann … ist also alles wieder … in Ordnung? Zwischen uns?«
»Natürlich. Hör mal zu, Karina-Schätzchen. Du hast einen Fehler gemacht, und ich habe mich blöd benommen. Aber ich habe mich halt darüber geärgert, dass du ständig die Typen abbekommst, in die ich verknallt bin. Kannst du dich noch an Marco erinnern, in der Grundschule … «
Tinas Persönlichkeit hatte unter ihrem Imagewandel doch nicht so sehr gelitten, wie ich zunächst befürchtet hatte. Sie begann eine lange Aufzählung der Männer, die ich ihr seit unserer gemeinsamen Kindheit angeblich weggeschnappt hatte. Und auch wenn sie mal wieder deutlich übertrieb, musste ich ihr ein bisschen recht geben. Seit wir uns im Kindergarten kennengelernt hatten, hatte sie bei den Kerlen regelmäßig den Kürzeren gezogen. Zuerst, weil ich als Kind oft stärker gewesen war als die Jungs und bei Rangeleien auf dem Schulhof ordentlich mitgemischt hatte, während Tina schon immer etwas zimperlich gewesen war. Später dann, weil ich schon mit dreizehn ziemlich weibliche Rundungen hatte, während Tina an der gleichen Stelle weniger großzügig ausgestattet und stattdessen frühzeitig in die Höhe geschossen war. Daran hatte sich bis heute nichts geändert. Tina war immer noch neidisch auf meine Oberweite, die mir letztendlich mehr Ärger als Freude einbrachte, und hielt sich selbst für viel zu mager und zu groß. Sie war überzeugt, bei Männern keine Chance mehr zu haben, sobald ich aufkreuzte. Da half angeblich auch kein Hervorheben ihrer inneren Werte und ihrer Erfolge als Geschäftsfrau. Busen und Beine, damit konnte man nun mal bei den Kerlen punkten, und davon hatte ich genug. Auch wenn das dritte B, mein Bauch, ganz und gar nicht dem Schönheitsideal entsprach.
» … ja und dann hast du mir noch im Tennisverein diesen, wie hieß er nochmal, Mirko oder so, weggeschnappt«, fuhr sie fort. »Dabei weiß ich ganz genau, dass du ihn gar nicht mochtest, weil er so schiefe Zähne hatte … «
»Hör mal, Tina. Das war doch jetzt was ganz anderes. Schließlich sind wir keine Kinder mehr. Also ernsthaft. Es tut mir leid, dass ich dich belogen habe, und es wird auch nie wieder vorkommen. Die ganze Geschichte hat mich total fertig gemacht, aber ich habe gründlich darüber nachgedacht, und ich werde mich ganz bestimmt ändern. Glaub mir.«
Na bitte. Das Proben hatte sich also doch gelohnt. Tina schaute mich überrascht an. Dann umarmte sie mich plötzlich, und wir mussten beide unsere Tränen zurückhalten.
»Mir tut es auch leid, Karina. O Gott, wenn ich nur daran denke, wie fertig du ausgesehen hast, als ich dich vor den ganzen Leuten angeschrien habe. Ich habe mir die ganze Zeit überlegt, wie ich es wiedergutmachen kann, und mir ist nur eine Lösung eingefallen.«
O nein. Bloß das nicht! Ich kannte Tinas Wiedergutmachungsangebote. In der Regel wurden sie für mich zu einer zusätzlichen Tortur, wie zum Beispiel ein Wochenende in einem Wellnesshotel oder Gutscheine für ihren Kosmetikladen. Aber diesmal müsste es etwas ganz Besonderes sein, und ich befürchtete das Schlimmste – eine Gratisoperation beim Schönheitschirurgen oder eine Jahreskarte fürs Fitnesscenter.
»Ich meine, du hast ja jetzt keinen Job mehr, und die Party war auch nicht gerade billig«, begann Tina, und damit war auch ganz nebenbei geklärt, wer für das Dreisternebuffett, den bekifften DJ und die Getränke, die sich immer noch auf meinem Balkon stapelten, aufkommen musste. »Ja, und da dachte ich, dass ich dich als Aushilfe in meinem Laden einstellen könnte, bis du einen neuen Job gefunden hast.«
»In deinem Kosmetikladen?«
»Beauty-Salon, Schätzchen, aber ja, genau. Das ist doch’ne Superidee, oder?«
Ich überlegte, ob ich Tina darauf aufmerksam machen musste, dass ich Lidschatten nicht von Wimperntusche unterscheiden konnte. Aber dann fiel mir ein, dass sie diejenige gewesen war, die mir das an den Kopf geworfen hatte, als sie und Özlem mich für die Party geschminkt hatten.
»Du meinst, ich in deinem Laden? Wo denn, ich meine, in welchem Bereich? Braucht ihr jemanden, der eure Flyer verteilt, wollt ihr eine Werbekampagne starten, oder soll ich eine Monatszeitschrift über die neuesten Nagellacke herausbringen?«
»Bleib mal ganz locker, Schätzchen. Eins meiner Mädels
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