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Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Titel: Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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früher aufzustehen und etwas weniger Alkohol zu trinken, aber das Fußnotenformat ließ keine ausführlicheren Erklärungen zu, und so musste ich es bei diesem knappen Hinweis belassen.
    Punkt drei: Kein Sex. Ich hatte lange über Punkt drei nachgedacht, da er mir im Vergleich zu den Punkten eins und zwei etwas banal erschien. Aber genau genommen hatte das Gegenteil von Punkt drei in der Vergangenheit zu Schwierigkeiten mit Punkt eins und dem Verlust von Punkt zwei geführt und damit erheblich zu dem Misslingen meines bisherigen Lebens beigetragen. Allerdings war es unrealistisch, dass ich Punkt drei für den Rest meines Lebens einhalten könnte, und so machte ich eine kurze Nebenbemerkung, die Punkt drei zeitlich und moralisch eingrenzte: für ein Jahr (machbar, wenn ich mir Mühe gab), besonders mit Freunden oder zukünftigen Freunden meiner besten Freundinnen, (siehe Punkt eins).
    Ich setzte meine Unterschrift darunter. Fertig. Mein zweites Leben hatte begonnen. Jetzt musste ich nur noch die anderen von meinem neuen Ich überzeugen. Besonders Tina.

    Ein paar Tage später sah mein neues Ich sie zum ersten Mal wieder. Das heißt, eigentlich sah ich sie erst gar nicht. Als ich mal wieder viel zu spät zu unserem etwas vernachlässigten Mädchenabend ins Herbrands kam, stellte ich erleichtert fest, dass nur Özlem bisher da war und sich gerade mit einer jüngeren Version von Annie Lennox unterhielt. Ich kannte diese Frau nicht, setzte mich aber trotzdem dazu. Erst als ihr Gespräch verstummte und Annie Lennox mich mit großen Augen anstarrte, hatte ich die vage Vermutung, dass sich Tina hinter dieser Aufmachung verbarg. Eine Weile sagte keiner von uns ein Wort. Ich musterte Miss Lennox vorsichtig und versuchte, in dem Gesicht etwas Vertrautes zu entdecken.
    »Tina?« Was hatte ich nur angerichtet? Tina hatte ihre Frisur radikal von ihrer schwarzen Mähne in einen höchstens fünf Zentimeter langen Borstenschnitt verwandelt und wasserstoffblond, fast weiß gefärbt. Aber nicht nur das. Mit ihren Haaren hatte sie auch den Rest ihrer Persönlichkeit verändert. Sie trug knallenge Lederklamotten, was bei ihrer hochgewachsenen und mageren Gestalt nicht unbedingt vorteilhaft wirkte, und – was mich am meisten irritierte – sie sagte kein Wort. Ich wurde weder mit einer Moralpredigt noch einem Donnerwetter oder einem Vortrag über meine Haare und meine Klamotten begrüßt. Tina blieb einfach nur stumm.
    »Hi«, sagte ich schließlich kleinlaut. »Ich bestell mir mal schnell ein Kölsch an der Theke. Die Bedienung ist heute ja unglaublich langsam. Möchtet ihr auch noch eins? Tolle Frisur übrigens. Bin gleich wieder da.«
    An der Theke atmete ich tief durch. Ich brauchte schnell einen neuen Plan, denn mein ursprünglicher Plan hatte vorgesehen, dass ich mich ernsthaft und mitfühlend bei Tina entschuldigte, ihr von meinem Dreipunkteplan erzählte und klarmachte, dass ich jetzt ein neuer Mensch war. Aber das reichte bei dem Schaden, den ich offensichtlich bei ihr angerichtet hatte, nicht mehr. Ich hatte nur noch zwei Möglichkeiten. Ich verließ die Kneipe, die Stadt und vielleicht sogar das Land auf der Stelle, ließ mich hier nie wieder blicken und lebte unter fremdem Namen an einem unbekannten Ort unglücklich und unzufrieden bis an mein Lebensende. Oder ich ließ mir nichts anmerken, behandelte Tinas neue Identität als das Normalste von der Welt und zog meinen ursprünglichen Plan so durch, wie ich ihn vor dem Spiegel geprobt hatte.
    Ich entschied mich für die zweite Möglichkeit und kehrte mit drei Kölsch zum Tisch zurück.
    »Also dann, Prost, auf unseren Mädchenabend«, sagte ich vorsichtig, aber zum Glück stießen Özlem und Tina ganz normal mit mir an. Ich ging im Kopf noch einmal schnell alle Punkte durch und eröffnete meine Entschuldigung mit den Worten: »Also, ähm, Tina, ich wollte mich für … also, diese Sache mit Klaus, das … Ich wollte dich nicht … «
    Tina winkte ab. »Ach, Schätzchen, ist doch alles halb so wild. Klaus war eh ein Langweiler.«
    »Du meinst … «
    »Ja genau, die Sache mit Klaus ist vergessen und vergeben. Ich bin eben einfach ein bisschen ausgeflippt.«
    Ich bekam vor lauter Verwunderung meinen Mund nicht mehr zu. Ein bisschen ausgeflippt? Mich vor versammelter Mannschaft als egoistische Schlampe zu beschimpfen nannte sie ein bisschen ausgeflippt? Ich musste mich zusammenreißen, um nicht selbst gerade ein bisschen auszuflippen. Nur weil Tina mal eben ein bisschen

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