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Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Titel: Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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Fußballtraining ließ sich Tim nicht mehr bei mir blicken. Er war spurlos verschwunden oder ging mir bewusst aus dem Weg. Ich wusste es nicht, aber ich hatte nichts unversucht gelassen, ihm über den Weg zu laufen. Ich war besonders früh aufgestanden und hatte das Treppenhaus stundenlang überwacht. Ich hatte bei ihm sturmgeklingelt, wenn ein Champions-League-Spiel auf Premiere kam. Ich war sogar unter Lebensgefahr an der Trennwand vorbei auf seinen Balkon geklettert, als die Bundesliga lief, nur um in ein dunkles Wohnzimmer zu starren. Und als mir nichts Besseres mehr einfiel, hatte ich mir mühsam Fragen zu umstrittenen Schiedsrichter-Entscheidungen überlegt und ihm als Brief in den Briefkasten geworfen.
    Es kam keine Antwort. Und ich hörte auf, Fußball zu gucken. Ich schaute stattdessen wieder meinen Lieblingssender, der sein Rundum-Fitness-Gerät immer noch mit albernen Bodybuildern und noch alberneren Synchronstimmen zum Verkauf anbot. An den Wochenenden hatte ich meine Aktivitäten inzwischen wieder darauf reduziert, morgens mit meiner Bettdecke vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer zu wandern, mir unterwegs die Kaffeemaschine samt Kaffee unter den Arm zu klemmen und es mir auf dem Sofa gemütlich zu machen. So auch diesen Sonntag. Ich war gerade bei meiner vierten Tasse Kaffee angelangt und versuchte, durch Lippenlesen die englischen Worte der verkaufsfördernd verschwitzten Muskelmänner zu erraten, als es an meiner Wohnungstür klingelte. Ich schleppte mich in meiner Bettdecke eingewickelt zur Tür, öffnete sie und wünschte mir, ich hätte wenigstens heute Morgen geduscht. Tim stand gesund und munter vor mir. Sogar gesünder und munterer, als ich ihn in Erinnerung hatte. Er sah unverschämt erholt und braungebrannt aus, und ich schämte mich plötzlich dafür, ihn des Hochverrats an mir und meiner Journalistenkarriere verdächtigt zu haben. Deswegen brachte ich auch nur ein »Oh« heraus.
    »›Oh‹? Heißt das jetzt nicht mehr Hi oder Hallo oder so etwas Ähnliches?«, antwortete Tim grinsend.
    »Doch natürlich. Hi. Komm doch rein.«
    »Eigentlich hatte ich gehofft, du würdest rauskommen, aber das ist wohl gerade etwas ungünstig. Oder bist du krank?«, fragte er besorgt.
    »Nein, ich bin … , ich hab nur … Warst du im Urlaub?« Ich beeilte mich, Tim in die Wohnung zu bugsieren und die Tür hinter ihm zu schließen, bevor er wieder verschwinden und wochenlang verschollen bleiben würde.
    »Ski fahren, in Aspen.«
    »Oh, Amerika.«
    »Na ja, Ski fahren ist eigentlich nichts für meine Knie. Aber Sabrina … Ähm, ich kann aber auch später wiederkommen, wenn ich störe.«
    »Ach was, du störst nicht. Ich habe nur … gelesen. Ein Buch. Ein ziemlich spannendes Buch, deswegen bin ich noch nicht … «
    Ich schob Tim ins Wohnzimmer und schaltete schnell den Fernseher aus. Tim setzte sich etwas steif aufs Sofa, und ich stand genauso steif in meiner Bettdecke davor.
    »Also, ähm … , Kaffee?«
    »Nein, danke.« Tim schaute etwas verwirrt auf die Kaffeemaschine neben dem Sofa. »Ich wollte dich eigentlich … Hast du Lust, mit zum Spiel zu kommen? Ich habe zwei Karten. Ehrentribüne sogar. Keine Stehplätze.«
    Ein Spiel? Und dann auch noch live im Stadion mit Tim? Und ob ich Lust hatte. »Ach so, das Spiel. Ja, ähm, ich denke schon, dass ich Zeit habe.«
    Tim schaute mich etwas ungeduldig an: »Schön, dann müssten wir nämlich gleich los.«
    »Gleich?«
    »Gleich jetzt.«
    »Jetzt!?«
    »Genau.«
    »Okay. Ich brauche nur fünf Minuten. Zehn vielleicht.« Ich lief mitsamt Decke ins Bad, lief wieder zurück ins Wohnzimmer, drückte Tim die Fernbedienung in die Hand: »Bleib einfach da sitzen und schau fern«, rannte wieder ins Bad, wusste nicht, wo ich die Bettdecke abladen sollte, rannte ins Schlafzimmer, wieder ins Bad, duschte, schlüpfte schnell in meine Klamotten und war fertig.
    »So, wir können los.«
    Tim schaute auf seine Armbanduhr: »Achteinhalb Minuten! Nicht schlecht.«
    »Na ja, für einen Opernabend hätte ich vielleicht neun gebraucht.«
    Ich riss die Wohnungstür auf und wollte losrennen, aber Tim inspizierte mich noch nachdenklich: »Irgendetwas stimmt aber noch nicht.«
    Ich blieb ungeduldig auf dem Treppenabsatz stehen: »Na gut. Ich geb’s ja zu, ich habe mir die Beine nicht rasiert, aber können wir jetzt endlich los?«
    »Nein, erst wenn du das hier umbindest.« Und er zauberte einen knallroten FC-Schal unter seiner Jacke hervor.
    »Für mich?«
    »Ja, ich will sichergehen,

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