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Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc

Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc

Titel: Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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oder einen wichtigen Preis für uns zu beanspruchen, bei jeder Auseinandersetzung immer auf verschiedenen Seiten und mehr als bereit, uns gegenseitig umzubringen, um zu verhindern, dass der andere mit dem Preis oder der Person entwischte. Manchmal gewann ich, manchmal sie, aber alles in allem waren die Trümpfe gleichmäßig verteilt, würde ich schätzen. Ich kann nicht sagen, dass ich sie jemals wirklich gehasst hätte, und ich war erleichtert zu erfahren, dass es ihr genauso ging. Es war immer nur rein geschäftlich für uns beide, nur die Arbeit, nichts Persönliches. Außer dass es auf eine seltsame Weise irgendwann doch persönlich wurde. Wenn man jemanden wirklich kennen- und bewundern lernen will, gibt es nichts Besseres, als wiederholt zu versuchen, ihn zu töten. Um seine Qualitäten schätzen zu lernen.
    »Wie viele Leute haben Sie umgebracht, Eddie?«, fragte Molly irgendwann, während sie die Knie an die Brust zog und die Arme darum legte.
    Ich zuckte mit den Schultern. Die Frage als solche brachte mich nicht in Verlegenheit; es war einfach nichts, worüber ich jemals nachgedacht hatte. »Ich habe vor Jahren aufgehört zu zählen. Und Sie?«
    »Überraschend wenige, alles in allem. Es ist eine große Sache, jemand zu töten. Man tötet ja nicht nur den, der er ist, sondern auch alle, die er vielleicht noch werden würde, und alles, was er vielleicht noch getan hätte.«
    »Manchmal ist das der springende Punkt«, sagte ich. Es war mir wichtig, dass sie es verstand. Dass ich ein Agent war, kein Mörder. »Ich denke gern, dass ich immer nur aus Notwehr getötet habe, oder um die Welt zu beschützen. Um zukünftiges Leiden oder Töten zu verhindern. Aber am Ende ... war meine Aufgabe nur, alles zu machen, was meine Familie mir sagte. Und das tat ich, denn ich vertraute ihnen. Wenn sie mir sagten, jemand müsse getötet werden, dann ging ich immer davon aus, dass sie einen guten Grund dafür hatten. Zu meiner Verteidigung würde ich anführen, dass sie meistens recht hatten und das ganz offensichtlich. Ich habe in meiner Zeit so manchen wirklich üblen Scheißkerl getötet. Ich könnte Ihnen Namen nennen ...«
    »Wahrscheinlich kenne ich sie schon«, sagte Molly. »Sie haben einen ziemlichen Ruf, Eddie.«
    »Ich weiß. Einst war ich stolz darauf. Aber nicht nur als Killer, hoffe ich?«
    »Naja ... größtenteils. Der diskreteste Agent waren Sie nie, Eddie.«
    »Sie scheinen ja eine ganze Menge zu wissen!«, sagte ich lässig. »Bei den meisten meiner Aufträge war ich drin und wieder draußen, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen. Das ist das Merkmal eines guten Agenten: Er führt seinen Auftrag aus, und niemand erfährt je, dass er da war.«
    »Wenn Sie es sagen!«, meinte Molly lächelnd. »Aber ... haben Sie denn nie einen ihrer Befehle infrage gestellt? Einen ihrer Aufträge?«
    »Wieso sollte ich? Sie kamen von meiner Familie. Wir wurden alle großgezogen, um den guten Kampf zu kämpfen, um die Welt zu beschützen, um uns selbst als Helden im größten Spiel von allen zu betrachten. Familie war das eine, worauf man sich in einer unzuverlässigen Welt verlassen konnte. Also brachte ich die Leute um, die sie mir nannten. Und wenn ich auch manchmal nicht glücklich darüber war, was ich machte ... ich lernte damit zu leben.«
    »Und deshalb leben Sie allein«, sagte Molly. »Abgesehen von Familie, wer könnte hoffen, die Dinge zu verstehen, die wir tun?«
    Wir saßen eine Weile still da und hörten Enya zu, die auf dem tragbaren CD-Spieler sang. Von draußen kam das leise Murmeln des Windes, die Geräusche des Wassers und des Kais und das ferne Grollen des Stadtverkehrs. Eine ganze Welt, die weitermachte, genau wie immer, nicht wissend, dass alles sich geändert hatte. Aber das ... musste bis morgen warten. Ich konnte spüren, wie mein Körper sich langsam entspannte, herunterdrehte von einem Tag, von dem ich gedacht hatte, er würde niemals enden.
    »So«, sagte Molly schließlich. »Was machen wir als Nächstes? Was können wir als Nächstes machen?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich aufrichtig. »Ich habe viel erfahren, was ich nicht gewusst habe, aber nicht das, was ich wissen muss: Warum meine Familie mich den Wölfen vorgeworfen hat. Warum ich von einer Familie für vogelfrei erklärt worden bin, der ich mein ganzes Leben lang treu gedient habe. Warum meine eigene Großmutter mich unbedingt tot sehen will. Irgendetwas muss ich getan haben, aber der Teufel soll mich holen, wenn ich weiß, was.

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