Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc
größte Sorgfalt walten lassen. Schön, Sie wieder hier zu sehen, Molly! Die meisten Leute kommen nicht gern an einen Ort wie diesen. Wir haben die ganzen Bösen hier: die Kindermörder, die Serienvergewaltiger, die Tierverstümmeler .... All die Patienten, die sonst keiner will oder mit denen sonst keiner zurechtkommt. Erst vor wenigen Wochen hatten wir den Dorset-Schlitzer hier: lammfromm, überhaupt keine Schwierigkeiten.«
»Wir sind hier, um meinen Onkel John zu besuchen«, sagte Molly und beendete einen Monolog, der kein Ende zu nehmen drohte. »John Stapleton?«
»Natürlich sind Sie das, meine Liebe! Der Seltsame John, so nennen wir ihn. Er ist nie ein Problem, Gott segne ihn! Keine Ahnung, was er getan hat, dass man ihn an einen Ort wie diesen geschickt hat, vor meiner Zeit, aber es muss ziemlich schlimm gewesen sein, denn es ist nie darüber gesprochen worden, ihn in eine weniger sichere Einrichtung zu überweisen, obwohl er sich so gut benimmt. Denken Sie daran: Halten Sie hier immer die Augen auf, meine Lieben! Viele Patienten an diesem Ort sind die letzten Gesichter, die viele Menschen jemals sahen! Nun machen Sie es sich bequem, und ich werde einen Aufseher herrufen, der sie ins oberste Stockwerk begleitet.«
Molly ließ sich in einem behaglichen Sessel nieder, aber mir war nicht nach Sitzen zumute. Das hier war kein gemütlicher Ort, trotz allem Schnickschnack. Ich schaute durch eine offene Tür in einen angrenzenden Aufenthaltsraum, in dem Patienten in Morgenmänteln einfach nur herumsaßen. Das war nicht das, was ich erwartet hatte. Keine sich hin und her werfenden Gestalten in Zwangsjacken, keine allgegenwärtigen muskulösen Wärter, die darauf warteten, jeden, der ungezogen war, windelweich zu prügeln. Stattdessen bloß eine Kollektion ganz normal aussehender Leute, die in Sesseln saßen, in Zeitungen und Magazinen blätterten oder sich die morgendlichen Fernsehshows ansahen. Der einzige anwesende Pfleger saß im Hintergrund und löste das Times -Kreuzworträtsel. Als Molly neben mich kam, zuckte ich unwillkürlich ein bisschen zusammen.
»Heutzutage wird alles mit Freundlichkeit gemacht«, erklärte sie mir leise. »Der chemische Knüppel. Sie sind alle vollgepumpt mit Medikamenten, damit sie keine Schwierigkeiten machen oder freche Antworten geben. Allerdings wirst du überall Überwachungskameras bemerken, für den Fall eines Falles. Die richtigen Härtefälle werden außer Sicht verwahrt, um die Besucher nicht zu vergrätzen.«
»Das stimmt«, sagte unsere Begleitung, die plötzlich neben uns erschien: noch ein muskulöser Mann in weißer Krankenhauskleidung, diesmal mit rasiertem Kopf und einem selbstzufriedenen Grinsen im Gesicht. Er behielt eine Hand am Gürtel, direkt neben dem Gummiknüppel, und machte keine Anstalten, uns die andere zu geben. »Hallo, ich bin Tommy. Fragen Sie mich, was Sie wollen! Ich bin sozusagen schon ewig hier. Es gibt gutes Geld, viel Urlaub, und die Arbeit ist die meiste Zeit über nicht besonders schwierig. Kaum irgendwelche Aufregung dieser Tage. Die Wunder der modernen Wissenschaft; besser leben durch Chemie!« Er sah durch die Tür in den Aufenthaltsraum und kicherte ungeniert. »Schauen Sie sie sich an! Man könnte ihnen die Pantoffel in Brand stecken, und sie würden es nicht merken! Wie Ihre Frau gesagt hat, die richtigen Tiere halten wir unten, in der Bärengrube.« Er kicherte noch einmal und sah Molly von der Seite an. »Wir mussten Ihren Onkel John ein paarmal runterstecken, als er anfangs hier war. Danach hat er uns keinen Arger mehr gemacht.«
»Wie geht es ihm?«, erkundigte sich Molly. »Hat mein Onkel einen seiner guten Tage?«
Tommy zuckte leichthin die Schulter. »Schwer zu sagen bei ihm. Solange er sich benimmt, ist das alles, was mich interessiert.« Wieder kicherte er und schaute diesmal mich an. »Der seltsame John - so nennen wir ihn hier. Er ist wirklich nicht ganz beieinander, das arme Schwein. Erster Besuch, was? Erwarten Sie nicht zu viel von dem alten Mann! Wir halten ihn gut sediert, damit er nicht herumwandert. Viele von unsern Schäfchen bekommen nervöse Beine ...«
»Es ist gut zu wissen, dass Sie sich so gut um meinen Onkel kümmern«, sagte Molly. »Ich darf nicht vergessen, Ihnen eine Kleinigkeit zu geben, bevor ich wieder gehe!«
Tommy lächelte und nickte, der Gimpel.
Er und Molly unterhielten sich noch weiter, aber ich hörte ihnen nicht mehr zu. Ich benutzte den Blick, den der Torques mir verlieh, um die
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