Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc
in beide Hände. Er schien sich in meinem Griff zu winden. Ich brach ihn entzwei, und er schrie in meinem Kopf. Ich ließ die Bruchstücke auf den Boden fallen, und sie versuchten, sich in etwas anderes zu verwandeln, bevor sie zu einer klebrigen Schmiere von etwas zerfielen, das in dieser Welt nicht überleben konnte.
Ich setzte mich in den Fahrersitz, bevor die Beine unter mir nachgaben. Nach einer Weile holte ich den Verbandskasten heraus, machte ihn auf und entnahm ihm einen simplen Heiler: nichts weiter als ein Klecks vorprogrammierter einfacher Substanz, voll mit allen Arten von Zeug, das gut für mich war. Ich sprach das aktivierende Wort und klatschte ihn auf die Wunde in meiner Schulter. Augenblicklich versiegelte der Klecks sie und pumpte irgendeine wunderbare Droge in mich, die den Schmerz ausschaltete, als ob ein Schalter umgelegt worden wäre. Die plötzliche Erleichterung entlockte mir ein lautes Stöhnen. Der Klecks drang mit einem schlanken Tentakel in die Wunde ein, beseitigte unterwegs den Schaden und kam in meinem Rücken heraus, um sie auch dort zu versiegeln. All das konnte ich spüren, aber nur auf eine vage und verschwommene Weise. Ich war schon irgendwie interessiert; ich hatte vorher noch nie einen benutzen müssen. Aber im Moment hatte ich andere Sachen im Kopf.
Ich musste wissen, warum meine eigene Großmutter mich verraten hatte. Warum sie mich mit einer Lüge auf den Lippen in den Tod geschickt hatte. Ins Herrenhaus konnte ich nicht zurück, um Antworten zu erhalten. Selbst wenn ich an allen Verteidigungsanlagen vorbeikäme, würde sie mich einfach einen Lügner nennen, mich zum Abtrünnigen und Vogelfreien erklären und der Familie befehlen, mich zu töten. Und alle würden ihr glauben und keiner würde mir glauben, denn sie war die Matriarchin, und ich war ... Eddie Drood. Mit wem konnte ich überhaupt noch reden, wem konnte ich noch trauen, nach allem, was geschehen war? Vielleicht nur noch einem Mann. Ich holte mein Handy heraus und rief Onkel James unter seiner ganz privaten Nummer an. Kaum hatte er meine Stimme erkannt, brach er das Gespräch ab.
»Bleib wo du bist! Ich bin sofort bei dir!«
Und einfach so stand er vor mir, das Handy noch in der Hand. Die Luft kräuselte sich um ihn herum, verdrängt vom Teleportationszauber. Wir steckten unsere Telefone weg und blickten einander an. Besorgnis erfüllte sein Gesicht, als er meines Zustands und des Bluts, das immer noch meinen linken Arm überzog, gewahr wurde. Er machte Miene, auf mich zuzugehen, aber ich hielt ihn mit einer erhobenen Hand davon ab. Er nickte langsam.
»Ich weiß, Eddie. Es ist immer hart zu lernen, dass man niemandem trauen kann. Du siehst übrigens scheiße aus.«
»Du solltest die andern Typen sehen, Onkel James.«
Er sah an mir vorbei, auf das Gemetzel und die Verwüstung, die ich auf der Autobahn hinterlassen hatte, so weit das Auge reichte, und tatsächlich stahl sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht.
»Du hast das alles angerichtet? Ich bin beeindruckt, Eddie! Wirklich!«
»Wie bist du so schnell hierhergekommen, Onkel James?«, fragte ich langsam. »Teleportationszauber benötigen exakte Koordinaten. Woher wusstest du, wo genau auf diesem langen Autobahnstück du mich finden würdest, wenn nicht einmal ich selbst völlig sicher bin, wo genau ich bin? Was geht hier vor, Onkel James?«
»Das Zielsuchgerät verriet uns, wo du warst, bevor du es zerstört hast.« Onkel James redete in einem gelassenen Plauderton. »Die Matriarchin hat mich hergeschickt, Eddie. Sie hat mir spezifische Befehle erteilt ... hat gesagt, falls du irgendwie sämtliche Hinterhalte überlebt haben solltest, sollte ich dich persönlich töten. Kein Wort, keine Warnung; dich nur kaltblütig abknallen. Warum sollte sie mir auftragen, so etwas zu tun, Eddie? Was hast du ausgefressen?«
»Ich weiß es nicht! Ich habe nichts gemacht! Nichts hiervon ergibt irgendeinen Sinn, Onkel James ...«
»Du bist offiziell für vogelfrei erklärt worden«, fuhr er fort. »Eine klare und gegenwärtige Gefahr für die ganze Familie. Jeder Drood ist berechtigt, dich ohne Warnung zu töten. Zum Wohl der Familie.«
Wir standen da und blickten einander an. Keiner von uns trug seine Rüstung. Keiner von uns hatte eine Waffe. Sein Gesicht war nüchtern, sogar gelassen, doch in seinen Augen konnte ich eine Qual sehen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben wusste James Drood nicht, was das Beste zu tun war.
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