Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc
Sache verworren gestalten.
»Richten Sie Ihrer dekadenten Regierung aus, dass die Tasmanische Separatistische Allianz in Bewegung ist!«, verkündete ich bombastisch. »Die Unterdrücker werden gezwungen sein, sich vor unserem erhabenen Dogma zu verneigen! Alle Delfine sollen befreit und kein Pinguin mehr gezwungen werden, Zigaretten zu rauchen!«
Was ihnen Stoff zum Nachdenken geben sollte. Bis sie sich darauf einen Reim gemacht und dann noch mehr Zeit damit vergeudet hätten, eine Terroristengruppe (und ein Nummernschild) aufzuspüren, die in Wirklichkeit gar nicht existierten, sollte mir Zeit im Überfluss bleiben, um unterzutauchen. Den Hirondel würde ich aufgeben müssen. Er war zu sichtbar, zu auffällig geworden. Missmutig brachte ich den Motor auf Touren und brauste an den Polizeibeamten, der Fahrerschar und der langen Schlange wartender Fahrzeuge vorbei. Ich musste nach London, und das schnell. Einige Leute beugten sich aus ihren Autofenstern und versuchten, mich mit ihren Handys zu fotografieren. Ich lächelte ihnen entgegenkommend zu, sicher in dem Wissen, dass mein Torques mich vor sämtlichen Formen der Überwachung, ob wissenschaftlicher oder magischer Natur, verbarg. Wie sonst könnten Agenten im Außendienst wie ich in einer Welt operieren, in der einen ständig jemand beobachtet?
*
Ich ließ die Schlange hinter mir und verschwand schnell in Umgehungs- und Nebenstraßen. Ich hatte einen geheimen Zufluchtsort am Stadtrand von London, einen von mehreren, die ich für Notfälle unterhielt. Der, an den ich dachte, war nichts Besonderes, nur eine gemietete Garage in einer völlig ehrbaren Wohngegend. Aber er besaß alles, was ich brauchte, um abzutauchen. Um unsichtbar zu werden. Ich hielt meine Verstecke immer auf dem neuesten Stand und mit nützlichen Sachen bestückt, für jene raren, aber unvermeidlichen Gelegenheiten, wenn meine Tarnung aufflog und ich in aller Eile verschwinden musste. Ich konnte in jedes meiner Schlupflöcher als ein Mann hineingehen und als ein vollkommen anderer herauskommen, komplett mit ganz neuem Aussehen und neuer Identität. Die Familie wusste nichts von diesen Orten. Sie wusste nichts über die Art und Weise, wie ich operierte. Sie hatten es nie wissen wollen.
Ich erreichte die Außenbezirke Londons ohne Zwischenfall, obwohl ich den größten Teil des Wegs über steif und angespannt über meinem Lenkrad gekauert hatte, in Erwartung einer Schwierigkeit oder eines Angriffs, die nie Tatsache wurden. Der ramponierte und von Kugeln durchlöcherte Hirondel zog viele erstaunte Blicke auf sich, doch tat oder sagte niemand etwas. Das hier war schließlich England. Ich fuhr in die ehrbare Wohngegend hinein, und meine sehr ehrbaren Nachbarn sahen mit offenem Mund zu, wie ich den Wagen vor meiner gemieteten Garage zum Stehen brachte. Ich nickte und lächelte allen miteinander zu, und sie sahen schnell in die andere Richtung. Meinen Ruf hier hatte ich ruiniert, aber das spielte keine Rolle: Ich würde nie mehr wiederkommen. Mit einem Handflächenabdruck, einer Netzhautabtastung und einem gemurmelten Wort öffnete ich das Garagentor und fuhr den Hirondel hinein. Ich stieg aus und verschloss das Tor hinter mir, und erst dann erlaubte ich mir endlich, zu entspannen.
Gute zehn Minuten verbrachte ich damit, einfach nur auf der Motorhaube zu sitzen und mich selbst fest zu umklammern, zu fertig, um mich auch nur zu bewegen. Ich war müde, zum Umfallen müde, und hatte alles satt. So viel war in so kurzer Zeit passiert, und fast alles davon war schlecht. Aber schließlich zwang ich mich zum Aufstehen. Den Luxus einer Ruhepause konnte ich mir nicht gestatten, nicht einmal ein ordentliches Gegrübel. Meine Familie hatte sicher schon Leute draußen, die nach mir suchten. Schlaue Leute, talentierte Leute. Gefährliche Leute. Ich war jetzt der Feind, und nicht von ungefähr wusste ich, wie die Droods mit ihren Feinden umgingen.
Ich schälte mich aus meiner blutverschmierten Jacke und dem Hemd, um nach meiner Schulterwunde zu sehen. Der Erste-Hilfe-Klecks war fast eingetrocknet, ein verschrumpeltes und runzliges Gebilde, das die Wunde nur noch eben so bedeckte. Ich zog ihn vorsichtig ab und stellte fest, dass das Loch jetzt von einem neuen Knoten aus Narbengewebe abgedichtet wurde. Der Klecks hatte sein Pseudoleben aufgebraucht, um mich zu heilen und wiederherzustellen, und nun war er nur noch ein Klumpen undifferenzierten Protoplasmas. Ich ließ ihn auf den Boden fallen und sagte das
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