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Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc

Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc

Titel: Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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konnte.
    Ich bin paranoid, ich denke voraus, und ich bin sehr gründlich.
    Ich verließ die Garage, schloss das Tor hinter mir ab, und tatsächlich, das Taxi ohne Namen wartete schon auf mich. Ich ging zu ihm hin und stieg ein, ohne auch nur einmal zurückzublicken. Das ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit eines Agenten im Außendienst: in der Lage zu sein, jeden Augenblick von
    allem und jedem wegzugehen und nie zurückzublicken.

*

    Das Taxi brachte mich zurück ins eigentliche London und setzte mich an der ersten U-Bahn-Station ab, an die wir kamen. Ich fuhr mit den Zügen hin und her und wechselte wahllos von einer Linie zur anderen, bis ich sicher war, dass mir niemand folgte. Es war ausgeschlossen, dass meine Familie - oder sonst jemand - mich so schnell aufgespürt haben konnte, aber ich musste Gewissheit haben. In der Oxford Street stieg ich aus und ging nach oben und hinaus an die frische Luft. Es war mittlerweile früher Abend, und Menschenmengen wogten durch die Straße und gingen ihren alltäglichen Beschäftigungen nach wie an jedem anderen Tag auch. Zumindest das war normal und beruhigend.
    Der erste Name auf meiner Liste waren die Liebenden Chelseas. Sehr heimlichtuerisch und sehr schwer zu finden. Sie wechselten ihre Geschäftsräume alle vierundzwanzig Stunden, und das mit gutem Grund. Die Liebenden Chelseas waren gehasst und gefürchtet, wurden angebetet und verehrt, bestürmt und verachtet. Und die einzige Möglichkeit, sie zu finden, war die Karten zu lesen. Also ging ich lässig die Oxford Street entlang, bis ich zu den Reihen der öffentlichen Telefonzellen kam, und überprüfte dort das Angebot an Nuttenkarten, mit denen die Zellen innen bepflastert waren. Nuttenkarten sind Geschäftskarten, die von Prostituierten in den Telefonzellen zurückgelassen werden und auf denen sie ihre Dienste anpreisen. Manchmal tragen sie ein Foto (bei dem man sicher sein kann, dass es wenig oder gar keine Ähnlichkeit mit der wirklichen Frau hat), häufiger ein anzügliches Kunstwerk, das von einer kurzen, kessen Mitteilung und einer Telefonnummer begleitet wird.
    Die Karten haben eine lange Geschichte, die bis in viktorianische Zeiten zurückreicht, und über die Jahre ihre ganz eigene Sprache entwickelt. Ein Mädchen, dass sich beispielsweise mit exzellenten Kenntnissen des Griechischen brüstet, wird nicht wirklich akademische Qualifikationen besitzen; allerdings wäre ein Besuch bei ihr an sich betrachtet fast sicher ein Bildungsgang. Doch unter all den Euphemismen und Zweideutigkeiten existiert noch eine andere, geheimere Sprache, für die, die sie lesen können. Eine ganz andere Botschaft, die in der Anordnung verschiedener Buchstaben und Wörter zu finden ist und dem Eingeweihten verrät, wie er die augenblicklichen Stätten für dunklere und gefährlichere Freuden finden kann. Ich arbeitete die Mitteilung dieses Tages heraus und wählte die angezeigte Nummer, und eine Stimme am anderen Ende, die männlich oder weiblich sein mochte, beides oder keins von beiden, gab mir eine Adresse kurz hinter Covent Garden und sagte mir, ich solle nach dem Kit Kat Club fragen. Schön zu wissen, dass es noch Leute mit Sinn für Humor gab.
    Das Lokal war nicht schwer zu finden. Von außen sah es nur wie ein Gebäude unter vielen aus, hinter einer langweiligen, anonymen Fassade. Keine Reklame, keine Hinweise. Entweder man wusste genau, dass dies der Ort war, oder man hatte hier nichts verloren. Während Leute nichts ahnend an mir vorbeigingen, betrachtete ich das Äußere nachdenklich. Der Kit Kat Club war nicht die Art von Lokal, in die man einfach hineinstürzte. Vorher musste man sich seine geistigen Lenden gürten.
    Die Liebenden Chelseas waren eine Gruppenehe allerlei geheimnisvoller Spinner, die sich den dunkleren Bereichen der tantrischen Sexzauberei verschrieben hatten, kanalisiert durch innovative Computertechnologie. Sie organisierten Orgien, die rund um die Uhr dauerten und unter deren Teilnehmern ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. Mit der Art von mystischer Energie, die zu erzeugen sie in der Lage waren, hätten sie das ganze London hochheben und ein paarmal herumwirbeln können, bevor sie es wieder fallen ließen. Nur machten sie das nie, weil ... na ja, offenbar weil sie mit etwas weitaus Wichtigerem beschäftigt waren. Was das sein mochte, wusste niemand so genau, und die meisten hatten Angst zu fragen. Die Liebenden Chelseas hatten Verbindungen zu jedem Nekrotech-, Psychofetisch- und

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