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Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc

Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc

Titel: Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Leidenschaft; doch ich konnte nicht sagen, dass ich es erregend fand. Es war gruselig. Sie arbeiteten hier mit Zauberei, beschworen seltsame und mächtige Energien, die von Leuten hervorgebracht wurden, die sich willentlich selbst um jegliche Beherrschung gebracht hatten, Leute, die alles tun, alles zulassen würden, und denen es völlig schnuppe war. Hier gab es keine Liebe, keine Zärtlichkeit; nichts als Zügellosigkeit und Überschreitung.
    Der weitläufige, höhlenartige Raum schien viel zu groß, als dass er in dem Gebäude hätte Platz finden können. Das war räumliche Zauberei, mit Brennstoff versehen durch die tantrischen Energien. Der Raum dehnte sich aus, um die Leidenschaft darin aufnehmen zu können. Wände, Boden und Decke hatten ein aufgeblähtes, organisches Aussehen angenommen. Lauter rosa, violette und blutige Schattierungen, durchzogen von langen Flechtwerken pulsierender Adern. Die mir am nächsten liegende Wand war am Schwitzen, als ob sie der unaufhörliche Sex anmachte. Der Kit Kat Club war lebendig und Teil der Handlung. Wo Männer und Frauen an Boden oder Wände oder Decke stießen, sanken sie in die fleischige Umarmung wie in die Arme eines weiteren Partners.
    Ich trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, und der Boden unter mir federte leicht, als ob ich auf einem Wasserbett stünde. Leute trieben auf mich zu und streckten forschende Hände nach mir aus. In ihren Gesichtern lag etwas, das nicht völlig menschlich war - oder vielleicht auch mehr als menschlich. Verändert von einem Gefühl oder Verlangen, das so extrem war, dass ich keinen Namen dafür hatte. Es ging weit über meinen Horizont. Also setzte ich selbstverständlich meine zuversichtlichste Miene auf und ließ sogar ein kleines spöttisches Lächeln um meine Lippen spielen, so als hätte ich das alles schon vorher gesehen und sei schon da nicht beeindruckt gewesen. Ich starrte jeden, der mir zu nahe kam, wütend an, und sofort verloren sie das Interesse und wandten sich ab.
    Als meine Augen sich an die flackernden Farben und Lichter gewöhnt hatten, begann ich, Gesichter in der brodelnden Menge zu erkennen: Prominente, Fußballer, Politiker, sogar ein paar ehrbare Geschäftsleute aus der City, deren Anwesenheit an einem Ort wie diesem der gute prüde Matthew vermutlich mit Entsetzen konstatiert hätte. Ich nahm die Gesichter im Geist zu den Akten, für zukünftige Erwägungen. Und vielleicht für ein bisschen Erpressung, falls das Geld knapp werden sollte.
    Der wandelnde Kleiderschrank kam mit den vier Gründungsmitgliedern der Liebenden Chelseas zurück. Sie schlenderten mit beinah übernatürlicher Anmut durch die wogenden Massen, die sich vor ihnen öffneten und hinter ihnen schlossen, ohne mit dem, was sie taten, aufzuhören oder auch nur langsamer zu machen. Die vier Gründer gingen auf Luft, Herrscher ihres eigenen Raums, und berührten nichts als einander. Unaufhörlich wanderten ihre Hände über das nackte Fleisch der anderen. Langsam sanken sie herab und blieben vor mir schweben, und der Rausschmeißer ging wieder an seine Tür zurück. Die vier ursprünglichen Liebenden Chelseas: Dave und Annie, Stuart und Lenny. Zwei Männer und zwei Frauen, aber inzwischen weit über etwas so Menschliches hinaus; stattdessen waren sie so fremdartig und anders wie nur irgendetwas, dem ich jemals aus einer anderen Dimension begegnet war. Sie mussten in den späten Sechzigern sein, doch hatten sie immer noch die glatten Körper von Zwanzigjährigen. Vollkommen wie Statuen, mager und hungrig, glühend vor unnatürlichen Energien, angetrieben von einem ewigen Appetit, der nichts mit Essen zu tun hatte.
    Sie sahen mehr oder weniger genauso aus, wie es bei ihrem ersten Zusammentreffen in Chelsea der Fall gewesen sein musste, damals in den Swinging Sixties, als London wie ein Pendel swingte. Zwei junge Pärchen, damals, unterwegs in der Stadt und begierig nach neuen Erfahrungen. Sie entdeckten etwas, oder es entdeckte sie, und danach waren sie nie mehr dieselben. Sie eröffneten ihren ersten Club in einem kleinen Lokal unweit der Carnaby Street, und was sie taten, schockierte selbst die abgebrühtesten Seelen der tabufreien Generation. Seitdem hatten die Liebenden Chelseas das Licht des Tages nicht mehr erblickt. Sie zogen von Standort zu Standort, bekannt nur den Eingeweihten, bereisten die geheimen unterirdischen Wege unter den Straßen der Stadt, huschten schweigend durch die Schatten der Stadt unter der Stadt mit ihren antiken

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