Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
allerdings schon. Er füllte die kleine Diele mit einer Präsenz, von der die meisten Männer nur träumen konnten. Als er sich mit der Hand durch das unordentliche, wellige Haar fuhr und ihr einen reuigen Blick zuwarf, schmolz Rachel auf der Stelle dahin.
»Ich habe es mir anders überlegt«, sagte er schroff. Sie blinzelte. Was? Das mit dem Priesteramt? »Ich werde versuchen, Emily zu helfen.«
Hitze strömte in Rachels Wangen. Plötzlich war ihr Arm zu schwach, als dass er die Tasse hätte halten können, und so stellte sie sie eine Spur zu hart auf dem Tisch in der Diele ab. »Oh.«
»Wenn Sie noch wollen, werde ich mit ihr reden und versuchen, sie dazu zu bewegen, sich von dem« – er machte eine Pause und senkte den Blick auf das Parkett – »Motorradrowdy zu trennen.«
Die Konsequenzen seines Angebots waren Rachel mit einem Schlag klar. Er war ihre Chance, Em wieder zu erreichen, sie davon zu überzeugen, Vernunft anzunehmen, ohne den kümmerlichen Rest ihrer Mutter-Tochter-Beziehung zu zerstören. »Wirklich?«
Lachlan nickte.
»Wirklich?«,
wiederholte sie.
In Anbetracht der Aufregung, die in ihrer Stimme schrillte, zuckten seine Lippen. »Aber gewiss doch.«
»O mein Gott, ich danke Ihnen.« Unfähig, sich zurückzuhalten, warf sich Rachel Lachlan an den Hals und schlang die Arme um diesen göttlich duftenden Fels in der Brandung. »Sie haben ja keine Ahnung, wie viel mir das –« Lachlan erstarrte. Sie wich zurück. »Entschuldigung, das war völlig unangemessen. Es ist nur so, dass –«
»Nein.« Lachlan holte langsam und tief Luft. Dann lächelte er. »Nicht unangemessen, einfach nur überraschend.«
Seine Worte deuteten zwar an, dass er ihr verzieh, aber Lachlan mied ihren Blick, und daraus schloss Rachel, dass es ein gigantischer Fauxpas gewesen war, einen Priester zu umarmen.
Angesichts ihres wilden, fahrigen Herzschlags und der feuchten Hände musste sie dem zustimmen. »Ich wollte Ihnen meine große Dankbarkeit ausdrücken. Sie sind mein rettender Engel. Ich war nämlich mit meinem Latein bereits am Ende.« Rachel trat einen weiteren Schritt zurück.
Lachlan zwang sich, aufzuschauen, obwohl sein Herz hämmerte. Er versuchte, die Fassung wiederzuerlangen, doch es war vergeblich – die lebhafte Empfindung ihres weichen Körpers an seinem wollte nicht weichen. Diese Kurven. Kein BH . Seine Hände hingen bewegungslos herab, aber er konnte ein Zittern der Nasenflügel nicht verhindern, während er vorsichtig einen Hauch ihres süßen, weiblichen Duftes erschnupperte. Doch auch als er seinen Körper wieder im Griff hatte, war Lachlans innerer Kampf nicht vorbei. Noch schwieriger war es, das Gefühl der Genugtuung zu kontrollieren, weil es ihm gelungen war, die Sorgenfalten auf ihrer Stirn zu glätten – wenn auch nur eine Sekunde lang. Die Möglichkeit, ihr die Last zu erleichtern, ihr einen Teil der Bürde abzunehmen, lag zum Greifen nahe. Wie einfach es wäre. Er müsste sich nur so verhalten, wie ihm ohnehin seine Instinkte geboten: Rachel ritterlich beschützen und sich um sie kümmern – den Schmerz auf sich nehmen, eine Beziehung mit ihr einzugehen und sie dann sterben zu sehen, während er hilflos danebenstand.
Ja, wie unendlich einfach.
»Ich sollte jetzt gehen«, presste er hervor.
Rachel biss sich auf die Unterlippe. »Aber ich habe Ihnen noch gar nichts zu trinken angeboten.«
»Es ist schon spät.«
»Das macht nichts. Ich habe sowieso eine Nachtschicht vor mir.«
»Eine Nachtschicht?«
Sie zeigte auf den Schreibtisch, der in einer Ecke des vollgestellten Esszimmers stand. »Wir sind mit einem Projekt im Rückstand, und jetzt rasselt meine Chefin mit dem Säbel. Ich muss bis Montag eine ganze Grafikserie vorweisen können, sonst komme ich in Teufels Küche.« Während ihre letzten Worte verklangen, legte sich Rachels Stirn erneut in sorgenvolle Falten.
»Und ich dachte schon, mein Chef wäre ein harter Brocken«, sagte Lachlan trocken, entschlossen, die Falten ein zweites Mal verschwinden zu lassen.
Rachels haselnussbraune Augen blitzten. »Ich glaube, da muss ich passen. Meine Chefin kann nicht mal eben eine Flut aus dem Ärmel schütteln, um alle Sünder von der Erde zu spülen. Auch wenn ich wette, dass sie es liebend gern machen würde.« Lachlan lächelte. »Im Ernst«, sagte Rachel bittend, »ich kann uns frischen Kaffee kochen. Es macht mir nichts aus. Dieses aufgewärmte Koffein hier ist sowieso eklig.«
Er sah auf die Daffy-Duck-Tasse. Sich
Weitere Kostenlose Bücher