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Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Titel: Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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Hat er die Wahrheit gesagt, Mom? Hast du ihm mit der Polizei gedroht?«
    Rachel schluckte. »Ich –«
    »Wenn ich’s mir recht überlege, will ich die Antwort gar nicht hören. Mein Leben ist gerade schon beschissen genug. Ich will nicht wissen, dass meine Mom ein Miststück ist.«
    Obwohl sie mit Absicht ein verletzendes Wort gewählt hatte, sprach sie es ruhig und sachlich aus. Em hatte sich wieder hinter ihre Mauer aus Eis zurückgezogen. Sie öffnete die Schublade der Kommode, nahm eine Schachtel heraus und wechselte die Batterien des MP 3-Players. Dann warf sie die leeren Batterien aufs Bett und knallte die Schublade wieder zu. Das Familienfoto wackelte, aber es fiel nicht um. Grants lachendes Gesicht schien Rachel selbstgefällig zu verspotten.
    »Ich gehe jetzt die Milch holen.«
     
    Am frühen Sonntagmorgen kam Lachlan zu der Erkenntnis, dass er bereit war, Drusus gegenüberzutreten. Drei Uhr war genau die richtige Zeit, um einen Verlockungsdämon aufzuspüren, der darauf aus war, wehrlose Seelen zu verführen.
    Die dunkle, stinkende Gasse hinter einem graffitibesprühten Apartmentgebäude, in der sich Lachlan gerade befand, schien ihm der perfekte Ort für einen Lokalisierungszauber. Gewissenhaft rezitierte er die Formel, achtete darauf, deutlich zu sprechen, und warf die erforderliche Handvoll Rattenknochen auf den Boden. Sofort stieg ein Ring aus Nebel schwach glühend von den Knochen auf. Innerhalb des Rings begannen sich Bilder zu formen, tropfenweise, wie Farbspritzer auf einer Leinwand. Jedes Bild zeigte einen Ort außerhalb der Stadt. Einige erkannte er, andere nicht. Während neue Spritzer die alten überdeckten, wechselten die Bilder immer schneller, bis Lachlans Augen nicht mehr mithalten konnten. Dann hörte es plötzlich auf. Allerdings nicht gerade an einer hilfreichen Stelle. Statt dem üblichen genau bestimmbaren Ort bekam der Seelenwächter nun einen Radius von vier Blocks gezeigt, in dem er suchen musste, westlich von dort, wo er gerade stand.
    Tief seufzend wedelte Lachlan den Nebelring fort und ging neben der Seele in die Hocke, mit deren Kollekte er gerade betraut war. Der Kerl in schwarzer Seidenjacke mit Bauchschuss lag ausgestreckt inmitten des Unrats. Eine kleine Tüte mit weißem Puder schwamm in der Blutpfütze neben ihm. Lachlan legte die Hand auf die Kehle des Toten. Ein Drogendealer. Wie passend. Die vertrauten federleichten Ranken krochen Lachlans Arm herauf, doch diesmal überkam ihn keine angenehme Wärme, keine freundliche Ruhe – nur die schleimige Ausdünstung einer widerlichen Seele, die sich wie eine Schlange um sein Herz wand. Wie immer rief diese Empfindung eine leichte Übelkeit bei ihm hervor.
    Bereits einen winzigen Augenblick, nachdem die Seele in sein Blut eingedrungen war, begann die Luft ringsum zu knistern und wurde trocken wie Schlamm unter der Wüstensonne. Natürlich nicht ganz unerwartet. Ganz anders als Engel verspäteten sich Satans Handlanger nie, wenn es um eine Seele ging.
    Ein lauter Knall. Lachlan, der noch immer neben der Leiche kniete, sah auf … gerade als ein Ball aus blendendem orangefarbenen Feuer seine rechte Schulter traf. Lachlan reagierte instinktiv, rollte sich geschickt nach hinten und zog sein
claidheamh mòr,
während er wieder auf die Füße kam. Doch der Treffer durch den Feuerball, ohne den Schutz eines Schildzaubers, trieb Lachlan die Tränen in die Augen. In dem Versuch, den Schmerz zu unterdrücken, biss er so fest auf seine Lippen, dass sie bluteten.
    »Hallo, MacGregor.«
    Ein Schauer peinigender Qualen durchfuhr Lachlan, und seine Stimme brach. »Dru…sus.«
    »Tut höllisch weh, was?«, sagte der schlanke Dämon über seinen eigenen Scherz lächelnd und deutete auf das zuckende, schwärzliche Fleisch an Lachlans Schulter. »Normalerweise gebe ich mich nicht dafür her, eine Seele zu holen, aber ich dachte, da du sowieso nach mir suchst, tue ich dir den Gefallen.«
    »Nett von dir«, keuchte Lachlan, während er einen Schildzauber beschwor. Er blinzelte, bis er seinen Widersacher klar und deutlich sehen konnte.
    Drusus umkreiste ihn mit langsamen, gemessenen Schritten. In seinem scharf geschnittenen Gesicht spiegelte sich seine ganze teuflische Arroganz wider. »Ich sehe, dass du an den guten alten Traditionen festhältst. Keine Erfindung der Moderne geht über ein vortreffliches Schwert, nicht wahr?« Das leise Zischen von Stahl, dann hielt auch er ein Schwert in Händen. Sein Gladius war kürzer als Lachlans Waffe.

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