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Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Titel: Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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Auf der Klinge stand ein lateinischer Namenszug. »Ich hatte ganz vergessen, wie sich das anfühlt.«
    Unter dem Hemd des Dämons blitzte eine dicke Goldkette hervor – dick genug, um ein schweres Glasreliquiar zu tragen. Lachlans Magen verkrampfte sich. »Vielleicht hast du auch vergessen, wie man es führt.«
    Drusus machte einige lockere Übungshiebe. »Das hättest du wohl gern,
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. Aber wenn du dich bitte daran erinnern würdest – ich war es, der dir alles über den Schwertkampf beigebracht hat.«
    »Nicht alles.«
    »Ich sehe noch dein Gesicht vor mir, als ich dir zum ersten Mal das Schwert aus der Hand geschlagen habe. Du ein mächtiger Clanführer und ich ein spindeldürrer, dahergelaufener Jüngling. Du hast geschäumt vor Wut.«
    »Jetzt, da ich weiß, dass du betrogen hast –«
    »Betrogen?«
    »Dämon gegen Mensch ist wohl kaum ein ausgeglichener Kampf.«
    Drusus’ Augen schienen zu glänzenden Jadeperlen zu erstarren. »Ein Unsterblicher gegen einen anderen ist wohl eher ein Duell unter Ebenbürtigen. Was meinst du? Wollen wir ein wenig unsere Kräfte messen?«
    »Die Spitze meines Schwertes brennt bereits darauf, sich in deinen Bauch zu bohren.«
    Drusus schnaubte. »Ich bewundere dein Selbstvertrauen, MacGregor. Aber vielleicht können wir zuerst das Geschäftliche erledigen – für den selbstverständlich höchst unwahrscheinlichen Fall, dass nicht ich nachher tot am Boden liege, sondern du«, fügte er sarkastisch hinzu. »Wo ist das Linnen?«
    »Ich habe es zerstört.«
    »Netter Versuch, MacGregor. Leider würde die Zerstörung einer derart wichtigen Reliquie so offensichtlich sein wie ein Atompilz nach dem Einsatz einer nuklearen Waffe.« Drusus sah gen Himmel. »Ich sehe keinen. Und du?«
    Es wäre schön gewesen, wenn Lachlan das am Tag zuvor gewusst hätte. »Du erwartest doch nicht ernsthaft, dass ich dir sage, wo es ist, oder?«
    »Natürlich erwarte ich das. Du bist es mir schuldig.« Die Augen des Dämons glitzerten. »Wir hatten eine Abmachung. Du solltest mich zur Hintertür hereinlassen, damit ich das Linnen stehlen konnte. Es zu verstecken war nie Teil der Vereinbarung.«
    »Jede Abmachung, die wir hatten, wurde gegenstandslos, als du die Campbells in mein Haus gelassen hast! Das Gemetzel an meiner Familie gehörte ebenfalls nicht zu unserer Abmachung.«
    »Und ob. Ich habe dir nur nie davon erzählt.«
    Lachlan erstarrte. Selbst jetzt noch – da er wusste, dass Drusus ein Dämon war – fiel es ihm überraschend schwer, zu akzeptieren, dass der junge Mann, der einst den kleinen Cormac auf den Schultern trug, teilnahmslos bei dessen Ermordung zugesehen hatte.
    »Offenbar haben sich beide Seiten etwas verschwiegen«, sagte Lachlan. »Hättest du dir die Mühe gemacht, mit mir zu reden, bevor du meinen Bruder aufspießtest, wäre das Linnen heute in deiner Hand. Ich wollte es dir geben, obwohl ich geschworen hatte, es zu schützen.«
    Über das Gesicht des Dämons huschte ein Schatten. »Du lügst.«
    »Nein. Ich war deine Marionette und ganz in deinem Bann, du Ausgeburt der Hölle. Doch als Tormod Campbell vor meinen Augen der Frau, die ich liebte, die Kehle durchschnitt und sich mit dem Mord an meinen Kindern brüstete, konnte ich deine Fesseln abschütteln. Damals gelobte ich, dass du das Linnen niemals auch nur anrühren würdest, und tat freudig das Undenkbare, nur um deine Pläne zu durchkreuzen.«
    Drusus schnitt eine Grimasse. »In der Tat hatte ich nie erwartet, dass du es dem Clan anvertrauen würdest, der deine Familie ausgelöscht hat. Es wären mir einige hundert Jahre ermüdenden Suchens erspart geblieben, wenn ich diese Möglichkeit in Betracht gezogen hätte.«
    »Das Linnen ist dir durch die Lappen gegangen, und das hast du allein deinen Fehlern zuzuschreiben.«
    »Nicht mehreren Fehlern. Nur einem einzigen. Und der war, dich nicht endgültig auszulöschen.«
    Schweigen senkte sich zwischen die Kontrahenten, während Lachlan die Bedeutung dieser Worte klar wurde. In zweitausend Jahren der Einzige zu sein, der Drusus hereingelegt hatte, erfüllte den Seelenwächter mit einem Anflug von Stolz. Vielleicht war es ein gutes Vorzeichen für diese Begegnung.
    »Und heute«, fuhr Drusus fort, »habe ich Gelegenheit, die Scharte auszuwetzen. Wir werden kämpfen, du wirst dich wacker schlagen, aber ich werde gewinnen. Ich erfahre, wo das Linnen ist, und du bekommst den ehrenvollen Tod eines Kriegers. Ende gut, alles gut.«
    »Ich bin bereits tot.«
    Ein Lächeln

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