Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
Augen. »Wenn es so wäre – würdest du mich dann hier und jetzt nehmen?«
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9
L achlan hatte Angst, zu atmen. Er hatte Angst, dass sich – wenn er auch nur den kleinsten Muskel bewegte, wenn er nur zuckte – dieser Moment in Luft auflösen würde. Wie es alle seine Träume taten.
Sex mit Rachel.
Herrgott. Lachlans ganzer Körper schrie ja. Er schmerzte vor Sehnsucht danach, sie weich und empfänglich unter sich zu spüren, ihre Umklammerung zu fühlen, ihr stürmisches Flehen um Erlösung in seinen Ohren widerhallen zu hören, während er sie um den Verstand brachte. Lachlans Blut rauschte so unerbittlich in seine Lenden, dass ihm ganz schwindelig wurde. Um klare Sicht ringend, starrte er in Rachels Augen. In ihre schönen haselnussbraunen Augen, die ihm so viel mehr verrieten, als es Rachel wahrscheinlich recht war: dass sie einsam und verletzt war, dass sie daran glauben wollte – und sei es auch nur für einen kurzen Moment –, noch immer eine attraktive, begehrenswerte Frau zu sein.
Ihre Frage hing in der Luft, zögernd, abwartend. Ängstlich.
Mit jeder Sekunde, die ohne eine Antwort verstrich, verschleierte sich Rachels Blick mehr. Lachlan sah ihn dumpfer und trüber werden, und er hasste sich selbst dafür, dass es wegen ihm war. Aber wie hätte er ja sagen können? Sex war ein äußerst intimer Akt. Selbst wenn sie ihn oberflächlich hielten, würden sie sich beim Auseinandergehen sehr viel besser kennen. Und wenn Drusus diese tiefere Verbindung spürte …
Nein! Sex kam nicht in Frage. Nur ein selbstsüchtiger Mistkerl würde eine Frau auf diese Weise in Gefahr bringen. Aber auch nur ein selbstsüchtiger Mistkerl würde Rachel zurückweisen. Ihre Beziehung war ohnehin bereits gefährlich innig – zumindest, was Lachlan betraf. Er hatte die Macht, etwas Gutes zu bewirken, diese anhaltenden Selbstzweifel, nicht mehr attraktiv zu sein, auszulöschen und Rachel aufrichtige Freude zu bereiten. Wenn man einmal von dem Schaden an Lachlans bereits pulverisiertem Herzen absah – gab es überhaupt noch etwas, das ihn abhielt?
»Orgasmen ohne Vibrator sind meine Spezialität«, sagte er mit einem breiten Lächeln. »Wie lange hast du Zeit?«
Rachel zog die Luft scharf ein. Und dann noch einmal. Er sagte ja.
Heiliger Strohsack, er sagte ja.
»Ich meinte nicht heute«, erwiderte sie hastig. »Also, du bist nicht wirklich in der Verfassung, um –«
»Willst du dein Angebot etwa zurückziehen?«, fragte Lachlan sanft. Es klang herausfordernd, aber sein beherrschter Gesichtsausdruck sagte Rachel, dass er sie ohne weiteres gehen lassen würde, wenn sie das wirklich wollte. Doch er sagte ihr auch, dass die Gelegenheit einmalig war. Wenn sie jetzt ging, würde sich diese Tür nicht für einen zweiten Anlauf öffnen.
»Nein«, hauchte Rachel.
»Dann komm mit.« Lachlan stand auf und streckte ihr seine Hand entgegen.
Während ihr Herz einige Schläge lang aussetzte, betrachtete sie seine schlanken Finger mit den fast rechteckigen Kuppen. Sich zu einem Schäferstündchen von der Arbeit nach Hause zu schleichen war gar nicht ihre Art. Aber im Moment kümmerte sie das nicht. Rachel legte ihre Hand in die seine.
Lachlan zog sie auf die Füße und führte sie den Flur entlang, an Wänden voller Bilder mit stimmungsvollen schottischen Landschaften vorbei. Sie passierten das Arbeitszimmer mit einem braunen Ledersofa und teurer Unterhaltungselektronik und gelangten am Ende des Flurs zu dem riesigen Schlafzimmer, in dem es schwach nach Seife und Aftershave roch. Das wenige angelegte Geld warf offenbar gesunde Gewinne ab. Rachel hatte das Gefühl, ein altenglisches Herrenhaus zu betreten. Schweres Kirschholz dominierte den Raum, durchsetzt von moosgrünem Samt und rotem Schottenkaro. Das gewaltige Himmelbett nahm den meisten Platz ein. Ein Schaukelstuhl in einer Ecke, ein kleiner Schreibtisch in einer anderen und ein prächtiger, hochfloriger orientalischer Teppich, der von Wand zu Wand reichte, machten den Luxus perfekt.
Ein neuerlicher Beweis dafür, dass Lachlan nicht das war, wofür Rachel ihn ursprünglich gehalten hatte. Und nach einem Blick auf die Maske ernster Zurückhaltung in seinem Gesicht wusste sie, dass sie nur an der Oberfläche seiner Tarnung gekratzt hatte. Sie musste wahnsinnig sein, dass sie diesem Mann vertraute.
Er verstärkte seinen Griff und zog sie regelrecht in den Raum. Mit ruhigem Blick prüfte er Rachels Verfassung, während er ihr Handgelenk an seine Lippen brachte
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