Wächter der Venus
hätte mich unter dem Einfluß von Hypnose getäuscht. Dabei wußte ich rein gefühlsmäßig, daß zumindest Professor Hardenstein mir die Wahrheit gesagt hätte. Konnte es nicht eher so sein, daß Agkora mich täuschen wollte?
Der Venusier schien mein Mißtrauen zu spüren.
»Wenn du möchtest, hole ich einen der umgewandelten Männer deines Volkes, Berry …«
»Nein!« stieß ich hervor, und fügte dann leiser hinzu: »Ich muß zuerst einmal mit dem Schock fertig werden, Agkora.«
In Wirklichkeit wollte ich mir nur eine Methode ausdenken, mit der ich zweifelsfrei feststellen konnte, ob jemand ein geborener Venusier war oder ein Mensch, der die Gestalt eines Venusiers erhalten hatte.
Ich kam zu der Überzeugung, daß es keinen zuverlässigen Test dafür gab, jedenfalls keinen, den ich mit meinem beschränkten psychologischen Wissen und ohne Geräte und medizinische Untersuchungen durchführen konnte.
Es wäre noch lange kein Beweis, wenn jemand in der Gestalt eines Venusiers vor mich träte und mir versicherte, er sei noch vor wenigen Wochen oder Monaten ein Mensch gewesen.
Dabei fiel mir etwas anderes ein.
Angenommen, ich würde eine solche Versicherung als Beweis ansehen, wer sagte mir dann, ob Agkora ein wirklicher Venusier war oder ob hier ein Erdmensch nur die Rolle eines Venusiers spielte, aus welchen unbekannten Gründen er das auch immer tat?
»Erzähle mir etwas über die venusische Zivilisation!« bat ich impulsiv.
Ich wandte meine Aufmerksamkeit erst jetzt wieder dem Venusier zu. Bisher hatte ich »mit gesenktem Blick« dagesessen, um einen Ausdruck der Erdsprache zu gebrauchen.
Als ich »aufblickte«, sah ich gerade noch, wie Agkora ein Gerät ausschaltete, dessen stark reflektierender Hohlspiegel auf mich gerichtet war.
Augenblicklich verstärkte sich mein Mißtrauen.
»Was ist das für ein Gerät?« fragte ich.
»Du würdest es vermutlich als eine Art Hypnosestrahler bezeichnen, Berry«, antwortete er völlig ruhig und sachlich. »Ich habe soeben versucht, dein Denken zu beeinflussen. Leider ist es mir nicht gelungen.«
Mir verschlug es die Sprache.
Agkora hatte versucht, mich zu hypnotisieren, mich zu seinem willenlosen Werkzeug zu machen – und er scheute sich nicht einmal, das offen zuzugeben!
»Wie können Sie es wagen«, verfiel ich ins förmliche »Sie«, »mich hypnotisch zu beeinflussen? Ich glaube, wenn Sie das noch einmal tun, töte ich Sie mit meinem Laserstrahler!«
»Es geschah zu deinem Besten, Berry«, erwiderte er beruhigend. »Außerdem sagte ich bereits, daß es mir mißlang. Und was deine Strahlwaffe angeht, so bitte ich mir zu verzeihen, daß ich sie operativ entfernte, während du ohne Bewußtsein warst.«
Ich verwünschte mich innerlich wegen meiner Arglosigkeit. Wie hatte ich nur annehmen können, daß der Venusier sich nicht gegen die Gefahr absicherte, die ihm von meiner Waffe gedroht hatte. Schon als er mir sagte, er hätte mich wegen des Laserstrahlprojektors als Terraner identifiziert, hätte ich auf den richtigen Gedanken kommen müssen.
»Du sagtest vorhin, du kämst in Frieden«, erklärte Agkora. »Nun, wenn das zutrifft, benötigst du ohnehin keine Waffe.«
»Ich weiß nicht, ob Verhandlungen überhaupt noch einen Sinn haben, wenn einer der Verhandlungspartner ein Lügner ist«, entgegnete ich empört. »Ich glaube jedenfalls, daß es keine verformten Menschen gibt, jedenfalls keine lebenden. Einen der Toten habe ich gesehen – in der verlassenen Station! Er hatte versucht, sich gegen eine Deformierung seines Körpers zu wehren und wurde von Ihren Leuten umgebracht, Agkora!«
»Das ist einer der Gründe, warum ich euch Erdmenschen bedaure, Berry. Sie mischen Lüge und Wahrheit so lange, bis sie selbst nicht mehr eins vom anderen unterscheiden können.«
»Nennen Sie mich bitte nicht mehr Berry, sondern Grand. Und duzen Sie mich nicht mehr«, sagte ich steif. »Vielleicht wissen Sie, welche Bedeutung diese feinen Unterschiede bei uns Erdmenschen haben.«
»Ich weiß«, erwiderte Agkora leise, und aus seiner »Stimme« klang Resignation heraus. »Ihr habt euch sehr zu euren Ungunsten verändert, seit ihr auf der Erde lebt. Eure Entwicklung stagniert, ihr lügt und zwingt andere zum Lügen, und ihr nehmt bereits einen Verdacht zum Anlaß, den anderen eure Verachtung spüren zu lassen. Ihr seid zu bedauern, denn euer Mißtrauen treibt euch an den Rand des Wahnsinns, und zum Schluß werdet ihr euch selbst vernichten, wenn niemand kommt, der euch
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