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Wächter des Elfenhains (German Edition)

Wächter des Elfenhains (German Edition)

Titel: Wächter des Elfenhains (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gavénis
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Tür.“
    Obwohl sie versuchte, ihre Stimme verächtlich klingen zu lassen, spürte Andion doch das Zittern darin. Beschämt senkte er den Blick. Offenbar waren Neanden und Gairevel nicht die Einzigen, die am liebsten vor ihm geflohen wären. Seine Hände verkrampften sich in der Decke, die sie über ihn gebreitet hatten, und trotz seiner verbissenen Gegenwehr drohten ihm Tränen in die Augen zu steigen. „Es ... es tut mir leid. Ich wollte niemandem meinen Kummer aufdrängen.“
    „Aber das hast du nicht!“ Maifell berührte ihn sachte an der Wange und drehte seinen Kopf, bis er sie wieder ansah. „Wir sind Elfen. Es liegt in unserer Natur, die Nöte eines anderen zu spüren. Gerade dies ist die Quelle unseres Mitgefühls! Und ohne Mitgefühl könnte es niemals eine Heilung geben.“
    Andion presste verbittert die Lippen zusammen. Er dachte an Rilcarons Abscheu, an die Kälte in seinem Blick, als er ihm befohlen hatte, sich von den übrigen Elfen fernzuhalten, und an Neandens Hass, der so heiß und unversöhnlich in ihm brannte. Mitgefühl war das Letzte, was er von ihnen zu erwarten hatte – und der Rest der verlogenen Bande war nicht viel besser! Eher wären sie nackt in eine Grube voller Nattern gesprungen, als sich dazu herabzulassen, ein freundliches Wort an ihn zu richten.
    Maifell schien die Gedanken aus seinem Gesicht zu lesen. Sie sah ihn noch immer an, und ihre strahlend schönen Augen hielten dem stummen Vorwurf und dem Zweifel in seinem Blick mühelos stand. „Wie gesagt – ich bin ein Elf. Und ich habe aus freien Stücken entschieden, dir zu helfen.“
    „Dann hast du mein Leben gerettet. Ich danke dir.“
    „Das musst du nicht. Ich konnte nicht viel tun. Im Grunde habe ich lediglich an der Tür gestanden und hin und wieder mit meiner Laterne in die Dunkelheit geleuchtet, aber den Weg zurück bist du allein gegangen. Hättest du dich nicht mit aller Kraft an dein Leben geklammert, wäre ich niemals in der Lage gewesen, dich aus deiner Bewusstlosigkeit zu befreien. Du siehst also, der Dank gebührt ganz allein dir.“ Das Blau ihrer Augen verdunkelte sich, und ein Schauer lief über ihre schlanke Gestalt. „Ogaire hat es wirklich ernst gemeint. Wäre dein Wille nicht so stark gewesen ...“
    Sie stockte, strich wieder mit der Hand über seinen Arm, fast als suche sie selbst Trost in der Berührung. Andion betrachtete sie stumm, und erneut wurde ihm der Hals eng. Wie hätte er sterben können? So viele waren tot, weil sie an ihn geglaubt hatten; weil sie darauf vertraut hatten, dass er nicht einfach aufgab, sich nicht feige aus seiner Verantwortung stahl. Also würde er kämpfen – für sie.
    Er räusperte sich, wollte etwas sagen, um Maifell und sich selbst von ihren düsteren Gedanken abzulenken, als jäher Schreck ihn durchfuhr. Unvermittelt begann sein Herz zu rasen, und kalter Schweiß brach ihm aus.
    „Hat Ogaire ... hat er mir Lebenskraft entzogen?“
    Maifell nickte, und das strahlende Blau ihrer Augen verdunkelte sich noch mehr, wirkte nun beinahe schwarz. „Ja, das hat er. Sehr viel sogar. Das war der eigentliche Grund, warum es dir so schlecht ging. Der körperliche Angriff allein wäre vermutlich gar nicht so schlimm gewesen, aber das hat ihm nicht gereicht. Hättest du es nicht geschafft, ihm zu entkommen ...“
    Seine Furcht wurde zu eisigem Entsetzen. „Seid ihr sicher, dass Ogaire mir nicht gefolgt ist?“, fragte er hastig.
    Maifell runzelte die Stirn. „Ja, natürlich. Der Zauberbann, der Ogaire am Betreten des Hains hindert, ist nach wie vor intakt, und er wurde nicht angetastet. Außerdem hätten wir es gespürt, wenn noch jemand in den Hain gekommen wäre. Aber dem war nicht so. Du warst allein.“
    Doch das beruhigte Andion nicht. Ogaire war verschlagen. Er könnte sie alle getäuscht haben, so wie vor 90 Jahren. Er musste sich Gewissheit verschaffen.
    Eindringlich blickte er Maifell an, bemühte sich verzweifelt, das Zittern in seiner Stimme unter Kontrolle zu bekommen. „Kannst du mir einen Gefallen tun?“
    „Gewiss.“
    Sie fragte nicht welchen. Andion musterte sie argwöhnisch, spürte aber nichts weiter als ihre bedingungslose Bereitschaft, ihm zu helfen. Ihre Offenheit beschämte ihn, ließ seine Schultern unter der Last seiner Schuld noch tiefer herabsinken.
    „Ich möchte einen Illusionszauber benutzen. Könntest du versuchen, ihn zu brechen?“
    „Warum?“
    Andion spürte, wie sein Herz noch schneller gegen seine Rippen wummerte. Es grenzte ohnehin an

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